Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
Beate.
Katrine hörte Tippen und notierte sich im Geiste noch eine Gemeinsamkeit. Sie waren konstant online.
»Der, ja«, sagte Beate. »Den habe ich ein paarmal gesehen.«
Damit war klar, dass Beate Lønn ein Bild von ihm vor Augen hatte. Beate Lønns Gyrus fusiformis , der Teil des Gehirns, der Gesichter wiedererkannte, war besonders ausgeprägt. Sie hatte dort die Gesichter aller Menschen gespeichert und vergaß nie eins. Sie war sogar Studienobjekt der Hirnforschung gewesen, und seitdem wusste man, dass sie eine von weltweit nur knapp über dreißig Personen war, die diese Eigenschaft besaßen.
»Er ist sowohl in Verbindung mit dem Mord im Maridalen als auch am Tryvann verhört worden«, sagte Katrine.
»Ja, ich erinnere mich vage daran«, sagte Beate. »Wenn ich mich nicht irre, hatte er aber für beide Tatzeitpunkte ein Alibi.«
»Eine Mitbewohnerin in seiner WG hat ausgesagt, dass er an diesem Abend mit ihr zusammen war. Was ich mich frage, ist, ob ihr vielleicht seine DNA bestimmt habt?«
»Wenn er ein Alibi hatte, ist das unwahrscheinlich. Damals war die DNA -Analyse ja noch eine aufwendige und teure Sache, das haben wir allenfalls bei Hauptverdächtigen gemacht, und dann auch nur, wenn wir keine anderen Beweise hatten.«
»Ich weiß, aber seit ihr eure eigene DNA -Analyseabteilung in der Rechtsmedizin bekommen habt, habt ihr doch die DNA von alten, ungelösten Fällen analysiert, oder?«
»Schon, aber weder im Maridalen noch beim Tryvann-Fall gab es biologische Spuren. Und wenn ich mich nicht irre, hat Valentin Gjertsen seine Strafe ja bekommen.«
»Ach ja?«
»Ja, er wurde doch ermordet.«
»Ich wusste, dass er tot ist, aber …«
»Doch, doch. Im Knast in Ila. Man hat ihn in seiner Zelle gefunden. Mit zertrümmertem Schädel, der sah aus wie Hackfleisch. Die Insassen mögen da keine Kinderschänder. Der Schuldige wurde nie gefasst. Es ist aber nicht sicher, ob die wirklich mit Nachdruck nach einem Täter gesucht haben.«
Stille.
»Tut mir leid, dass ich dir nicht helfen konnte«, sagte Beate. »Ich bin gerade auf dem Gemeinschaftsfeld gelandet und kann nur noch auf mein Glück hoffen …«
»Na dann. Hoffen wir, dass es sich wendet«, sagte Katrine.
»Was?«
»Unser Glück.«
»Genau.«
»Nur noch eine letzte Sache«, sagte Katrine. »Ich würde mich gerne mal mit Irja Jacobsen unterhalten, das ist die, die Valentin sein Alibi gegeben hat. Sie gilt als vermisst. Aber ich habe mal ein bisschen genauer recherchiert.«
»Ja?«
»Keine Adressänderung, keine Steuereinzahlung, keine Sozialhilfezahlung, keine Kreditkartenkäufe. Keine Reisen und keine Handynutzung. Bei so wenigen Aktivitäten gehören die Personen in der Regel in eine von zwei Kategorien. Die größere davon ist die der Toten. Aber dann habe ich etwas gefunden. Eine Registrierung in der Lottodatenbank. Ein einfacher Einsatz. Zwanzig Kronen.«
»Sie hat Lotto gespielt?«
»Tja, hoffen wir, dass unser Glück sich wendet. Auf jeden Fall heißt das wohl, dass sie zu der anderen Kategorie gehört.«
»Und das ist welche?«
»Leute, die sich aktiv verstecken.«
»Und ich soll dir helfen, sie zu finden?«
»Ich habe ihre letzte bekannte Adresse in Oslo und die Adresse des Kiosks, an dem sie den Lottoschein ausgefüllt hat. Und ich weiß, dass sie Drogen genommen hat.«
»Okay«, sagte Beate. »Ich hör mich mal bei unseren Informanten um.«
»Danke.«
»Okay.«
Pause.
»Sonst noch was?«
»Nein. Doch. Was hältst du von Singin’ in the Rain ?«
»Ich mag keine Musicals. Warum?«
»Es ist ganz schön schwer, Gleichgesinnte zu finden, meinst du nicht auch?«
Beate lachte leise. »Stimmt. Lass uns irgendwann mal drüber reden.«
Sie legten auf.
Anton saß mit verschränkten Armen da, wartete und lauschte der Stille. Dann ging sein Blick über den Korridor.
Mona war gerade drinnen bei dem Patienten und würde gleich wieder herauskommen und ihm ihr verschmitztes Lächeln zuwerfen. Vielleicht legte sie ihm auch wieder ihre Hand auf die Schulter und streichelte ihm durch die Haare. Manchmal küssten sie sich auch kurz, und er spürte die Spitze ihrer immer nach Pfefferminz schmeckenden Zunge, bevor sie wieder ging und er ihren schwingenden Hüften nachblickte. Vielleicht machte sie das gar nicht bewusst, aber der Gedanke, dass sie für ihn, Anton Mittet, bei jedem Schritt ihre Pomuskeln anspannte, gefiel ihm. Ja, er hatte viel, wofür er dankbar sein sollte.
Er sah auf die Uhr. Bald kam die Ablösung. Er wollte
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