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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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unpersönlich.« Er sah Susan wieder an. »Erzählen Sie mir doch, was Sie über Ihre frühere Zimmergenossin sagen wollten. Es würde mich interessieren.«
    »Nehmen Sie mich auf den Arm?«
    »Keineswegs, wirklich nicht!«
    »Ach, wissen Sie, das ist gar nicht so wichtig. Sie war eben einfach toll. Studierte Jura. Damit hat sie sich ihre intellektuelle Bestätigung geholt, ohne daß sie ihre Weiblichkeit aufgeben mußte.«
    »Ich hab’ keine Ahnung, wie es um Ihren Intellekt bestellt ist, aber daß Sie eine Frau sind, daran kann ja nun wirklich niemand zweifeln. Sie sind die wandelnde Antithese zum Begriff Neutrum.«
    Susan fühlte sich zu einem Disput darüber angereizt, daß Berman Weiblichkeit mit äußerer Erscheinung gleichsetzte. War das nicht nur ein Teil, ein kleiner Teil des Ganzen? Aber Susan hielt sich zurück. Schließlich war Berman auf dem Weg in den OP und sollte wohl besser von Streitgesprächen verschont bleiben.
    »Ich kann ja nichts für meine Gefühle«, sagte sie statt dessen. »Neutrum ist dafür nun mal die beste Beschreibung. Ursprünglich erschien mir die Medizin aus mehreren Gründen ideal, unter anderem auch in der Erwartung, daß sie mir die gewünschte gesellschaftliche Position verschaffen würde. Ich wollte nicht unter Heiratsdruck geraten. Na ja.« Susan seufzte. »Meine Position scheine ich zu haben, und noch ein gutes Stück dazu. Genaugenommen fühle ich mich fast von der normalen Gesellschaft verstoßen.«
    »Das sollte man schleunigst kurieren, und die Infusion würde ich Ihnen gern anlegen«, sagte Berman und freute sich über seinen Vergleich. »Vorausgesetzt natürlich, daß Sie Architekten als Mitglieder der normalen Gesellschaft ansehen. Manche würden Ihnen da entschieden widersprechen, kann ich Ihnen sagen. Aber wissen Sie …« Berman kratzte sich den Schädel und legte sich seine Verbalstrategie zurecht. »In diesem lächerlichen Nachthemd kann man sich sowieso nicht vernünftig unterhalten, und dann das unpersönliche Milieu. Ich würde unser interessantes Gespräch gern fortsetzen. Mir ist klar, daß Sie dauernd derart unsittliche Anträge bekommen, und es tut mir schrecklich leid, Ihre privaten Lasten noch zu vergrößern, aber könnten wir nicht zusammen Kaffee trinken oder sonst was? Ich meine, sobald das verdammte Knie hier verarztet ist?« Berman hielt das rechte Bein hoch. »Hab’ das blöde Ding schon vor Jahren verkorkst, beim Football, natürlich. Seitdem war das Knie meine Achillesferse, sozusagen.«
    »Und deswegen die Operation heute?« erkundigte sich Susan, während sie überlegte, wie sie auf das Angebot reagieren sollte. Sie wußte, derlei entsprach unter keinen Umständen der Berufsetikette. Auf der anderen Seite übte Berman eine gewisse Anziehung auf sie aus.
    »Genau. Meniskusresektion, oder so was«, sagte er.
    Es klopfte an der Tür, und bevor Susan antworten konnte, war Sarah Sterns im Zimmer. Susan zuckte schuldbewußt zusammen und machte sich am Infusionsstöpsel zu schaffen. Zugleich wurde ihr das Lächerliche ihrer Reaktion bewußt, und sie ärgerte sich, daß sie sich vom System so unterdrücken ließ.
    »Doch nicht noch ’ne Nadel!« rief Berman.
    »Doch, noch ’ne Nadel. Operationsvorbereitung. Marsch, auf die Seite, mein Lieber«, sagte Miss Sterns. Susan wurde in die Ecke gedrängt, als die Schwester das Tablett auf den Nachttisch stellte.
    Berman blickte Susan verlegen an und ließ sich auf die rechte Seite rollen. Miss Sterns entblößte seine linke Gesäßhälfte und packte ins Fleisch. Schon saß die Nadel im Muskelgewebe, und die Sache war ausgestanden.
    »Lassen Sie’s nur gut sein mit dem Tropf«, sagte Miss Sterns im Hinausgehen. »Ich stell’ ihn dann gleich ein.« Schon war sie aus der Tür.
    »Also, ich muß auch gehen«, sagte Susan schnell.
    »Bleibt’s bei unserem Rendezvous?« Berman bemühte sich, seine linke Seite nicht zu belasten.
    »Ich weiß nicht recht, Sean. Muß ich nicht auch an den professionellen Aspekt denken?«
    »Professionellen Aspekt?« Berman war ehrlich überrascht. »Was ist denn mit Ihnen los? Stehen Sie hier unter Gehirnwäsche?«
    »Schon möglich«, meinte Susan. Sie sah auf die Uhr, dann auf ihren Patienten, faßte schließlich den Entschluß. »Also gut, abgemacht. Aber erstmal müssen Sie wieder hüpfen können. Gegen die Anklage unprofessionellen Verhaltens kann ich mich innerlich wappnen. Aber nicht gegen das Gefühl, einen armen Krüppel auszunutzen. Bevor Sie entlassen werden, komme

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