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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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realistische Ader und bezweifelte, ob sie sich jemals Ärztin nennen und es auch selbst noch glauben könnte.
    »Nein«, sagte sie schließlich und wandte den Blick der .21er Nadel zu. Jetzt war sie von ihrem Eingeständnis fast selbst enttäuscht, und sicherlich würde ihre Antwort Bermans Ängste nur noch vergrößern. »Ich bin nur Medizinstudentin«, fügte sie hinzu.
    Bermans Hände hielten jetzt still. »Sie brauchen deswegen nicht gleich in die Defensive zu gehen«, meinte er ernsthaft. »Sie sehen einfach nicht wie eine angehende Ärztin aus.«
    Seine unschuldige Bemerkung traf eine wunde Stelle in Susans Innerstem. Ihr bis dato unterentwickelter Berufsstolz machte sie übermißtrauisch gegen Äußerungen wie diese, die von Berman als verdecktes Kompliment gemeint war.
    »Wie heißen Sie?« forschte der Ahnungslose weiter. Er schützte mit der Hand die Augen vor dem grellen Deckenlicht und bedeutete Susan, sie solle sich ein Stück nach links drehen, damit er ihr Namensschild lesen könne. »Susan Wheeler … Dr. Susan Wheeler. Hört sich echt an.«
    Susan stellte fest, daß Berman keineswegs darauf aus war, ihre ärztliche Berufung anzuzweifeln. Aber sie antwortete ihm nicht. Irgend etwas an ihm kam ihr, wenn auch vage, so doch auf angenehme Weise vertraut vor. Vergeblich versuchte sie, das Gefühl zu lokalisieren. Bestimmt hatte es mit seiner charmant autoritären Art zu tun.
    Um sich zu konzentrieren, aber auch aus dem Gefühl heraus, wieder Oberhand gewinnen zu müssen, stürzte sich Susan in die Riten der Infusionsvorbereitung. So professionell wie möglich legte sie Berman die Aderpresse um das linke Handgelenk und zog den Schlauch fest. Sie riß Verpackungen auf und beförderte die Hohlnadel sowie den Alkoholtupfer ans Tageslicht. Aufmerksam verfolgte Berman diese Verrichtungen.
    »Ich sag’ Ihnen gleich, daß ich Nadeln nicht besonders liebe.« Er versuchte, seine Stimme unbekümmert erscheinen zu lassen. Sein Blick wanderte zwischen der eigenen Hand und Susan hin und her.
    Sie spürte seine wachsenden Bedenken und überlegte, was er wohl sagen würde, wenn er wüßte, daß er das Opfer ihrer ersten Infusion sein sollte. Durchdrehen würde er, keine Frage. Susan wußte: Im umgekehrten Fall hätte sie selbst bestimmt so reagiert.
    Der Schlauch um Bermans Handgelenk hatte inzwischen seine Wirkung getan, und die Venen standen heraus wie Gartenschläuche. Susan atmete tief ein und hielt die Luft an. Berman tat das gleiche. Susan betupfte die Stelle mit Alkohol und versuchte, die Nadel in Bermans Handrücken zu stechen. Aber der Versuch mißglückte.
    »Aua!« rief Berman und krallte die freie Hand in das Bettlaken. Seine übertriebene Reaktion entsprang dem Selbsterhaltungstrieb. Susan aber sah sich um den letzten Nerv gebracht. Sie widerstand der Absicht, die Nadel im zweiten Anlauf einfach in die Hand zu rammen.
    »Jedenfalls machen Sie’s genau wie ein Arzt, wenn Ihnen das ein Trost ist«, sagte Berman und sah auf seinen Handrücken, der unter dem Druck des Gummischlauchs allmählich blau anlief.
    »Mr. Berman, Sie müssen schon etwas kooperativer sein«, sagte Susan, die ihre Kräfte für den nächsten Anlauf sammelte und für den Fall des Fehlschlags die Verantwortung aufteilen wollte.
    »Kooperativ soll ich sein, sagt sie«, stöhnte Berman und verdrehte die Augen zur Decke. »Dabei liege ich hier still und brav wie ein Opferlamm.«
    Susan legte seine linke Hand flach auf die Bettdecke. Mit der eigenen Linken schob sie die Haut der Nadel entgegen. Und diesmal drang die Spitze zwar ein, blieb aber gleich darauf stecken.
    »Ich gebe auf!« Berman warf die letzte Humorreserve in die Schlacht.
    Susan konzentrierte sich jetzt ganz auf die Nadelspitze. Zuerst schob die Spitze die Vene vor sich her. Susan drückte von der anderen Seite, und nun schob die Vene die Nadel vor sich her. Schließlich schob und stach sie gleichzeitig, und zwar mit energischem Druck. Sie fühlte den kleinen Ruck, als die Nadel in die Vene eindrang. Sofort floß Blut zurück und in die Plastikröhre. Schnell schloß Susan den Infusionsschlauch an. Sie öffnete den Stöpsel und nahm das Gummiarmband ab. Die Infusion tropfte gleichmäßig. Beide Parteien waren höchst erleichtert.
    Susan konnte sich sogar einer euphorischen Anwandlung nicht ganz erwehren. Zum erstenmal hatte sie eine medizinische Dienstleistung verrichtet. Ein kleiner Dienst, zugegeben, nichts Bedeutenderes als eine simple Infusion, aber immerhin zum Nutzen eines

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