Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
anscheinend tief betroffen, der kleinere, Dr. Goodman, zitterte. Der andere, Dr. Spallek, biß wütend die Zähne zusammen, atmete hörbar durch die Nase und sah aus wie jemand, der dem nächsten, der ihm in die Quere kommt, an die Kehle will.
    »Es muß dafür doch irgendeine Erklärung geben!« raunzte der ergrimmte Spallek. Er riß sich die Gesichtsmaske, die ihm noch um den Hals hing, ab und warf sie auf den Boden. »Das ist doch wohl nicht zuviel verlangt«, zischte er. Dann drehte er sich abrupt um und ging. Dabei kollidierte er mit Bellows, der den Zusammenstoß mit Mühe so ausbalancieren konnte, daß die Spritze und das weitere Zubehör auf dem Tablett blieben. Ohne ein Wort der Entschuldigung stürmte Spallek durch den Saal und trat die Flügeltür auf.
    Bellows ging geradewegs an die linke Bettkante und stellte das Tablett ab. Susan folgte möglichst unauffällig und musterte die Gesichter der Umstehenden. Der farbige Arzt richtete sich auf und blickte dem davoneilenden Spallek nach. Die Erscheinung des Negers beeindruckte Susan. Auf dem Schild am Rockaufschlag stand: Dr. Robert Harris. Er war groß, weit über einen Meter achtzig, trug das dunkle Haar in dezentem Afro-Look. Die makellos glatte, gelbbraune Haut glänzte, der Gesichtsausdruck verriet eine seltsame Mischung von kulturellern Schliff und mühsam bezähmtem vulkanischen Temperament. Seine Bewegungen waren im Gegensatz dazu ruhig, beherrscht, geradezu gewollt langsam. Bevor er die Aufmerksamkeit wieder auf das Atemgerät richtete, streifte sein Blick Susan. Nichts verriet, daß er ihre Erscheinung wahrgenommen hatte.
    »Was haben Sie zur OP-Vorbereitung genommen, Norman?« fragte Dr. Harris. Er sprach jedes Wort mit großer Sorgfalt aus.
    »Innovar.« Goodmans Stimme war unnatürlich hoch und brüchig.
    Susan ging ans Fußende, wo Spallek gestanden hatte. Sie betrachtete Goodman, der aussah, als käme er aus der Heißmangel. Das Gesicht war bleich, sein Haar klebte von Schweiß. Im Profil sah Susan die ausgeprägte Nase. Die tiefliegenden Augen starrten gebannt auf den Patienten. Nicht einmal die Lider bewegten sich.
    Susan folgte seinem Blick. Sie sah das Handgelenk, an dem sich Bellows in Vorbereitung der Blutentnahme zu schaffen machte. Dann signalisierte irgend etwas in ihrem Gehirn ein Wiedererkennen, ihre Augen suchten hastig das Gesicht: Der Patient war Berman!
    Sie sah die gesunde Bräune noch vor sich, wie er da in Zimmer 503 gelegen und sie ihn kennengelernt hatte, vor kaum anderthalb Stunden. Jetzt war Bermans Gesicht von einem staubigen Grau überzogen. Über seinen Backenknochen spannte sich die Haut. Aus dem linken Mundwinkel hing eine Atemröhre, verkrustetes Blut klebte an der Unterlippe. Seine Augen waren fast geschlossen, das rechte Bein war von einem riesigen Gipsverband umhüllt.
    »Ihm ist doch nichts passiert?« brach es aus Susan hervor. Sie sah Harris an, dann Goodman. »Was ist los?« Susan sprach, ohne nachzudenken. Sie spürte, irgend etwas stimmte nicht. Bellows, überrascht von ihrem Ausbruch, sah von seiner Arbeit hoch. Harris richtete sich langsam auf und blickte Susan an. Goodman bewegte sich nicht.
    »Sein Zustand ist geradezu perfekt«, sagte Harris. Seine Aussprache verriet, daß er irgendwann einmal in Oxford studiert haben mußte. »Blutdruck, Puls, Temperatur: alles ganz normal. Nur leider gefiel ihm der Narkoseschlaf offenbar so gut, daß er sich entschloß, nicht wieder aufzuwachen.«
    »Nein, nicht noch so ein Fall!« entfuhr es Bellows, offenbar in großer Sorge, ein weiteres Problem à la Greenly aufgebürdet zu bekommen. »Wie sieht das EEG aus?«
    »Wir werden Ihnen den Befund als erstem präsentieren.« In Harris’ Stimme lag eine Spur von Sarkasmus. »Es ist in Auftrag gegeben.«
    Susan verstand zuerst nicht; das Entsetzen lähmte ihre Denkfähigkeit. Doch allmählich ging ihr auf, wovon die Rede war. »Soll das heißen, mit dem EEG, meine ich, daß es mit ihm so steht wie mit der Patientin unten in der Intensivstation?« Ihr Blick flog von Berman zu Harris, dann zu Bellows.
    »Um welche Patientin handelt es sich da?« fragte Harris und nahm die Anästhesie-Aufzeichnungen vor.
    »Sie wissen doch«, sagte Bellows, »vor acht Tagen, die Dreiundzwanzigjährige. Komplikation bei der Ausschabung.«
    »Ach so. Na, hoffentlich nicht«, meinte Harris. »Aber es fängt an, sehr danach auszusehen.«
    »Welche Narkose wurde angewandt?« Bellows hob Bermans rechtes Augenlid an und sah auf die stark erweiterte

Weitere Kostenlose Bücher