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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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über den Berg.« Das paßte, dachte sie. Und Susan mußte an Dr. Stark denken. Dem gefielen Bellows’ Pronomen offenbar ebenso wenig.

 
Montag
23. Februar
13 Uhr 35
     
    »Manche Tage sind nun mal so.« Bellows hielt Susan die Tür von der Intensivstation auf. »Essen ist Luxus. Nicht mal in Ruhe …« Bellows unterbrach sich. Sie gingen durch den Flur, und beide sahen auf den Boden. Bellows suchte offenbar nach einem Wort, formulierte seinen Satz dann noch einmal. »Manchmal kann man nicht mal in Ruhe seine Notdurft verrichten.«
    »In Ruhe scheißen geh’n, wollten Sie doch sagen, nicht wahr?«
    Bellows sah zu Susan hinüber, die ihn von unten her anlächelte. »Sie brauchen sich nicht anders zu benehmen, nur weil ich dabei bin.«
    Bellows musterte immer noch aufmerksam ihr Gesicht, dem Susan ein möglichst neutrales Aussehen zu geben versuchte. Schweigend gingen sie am Warteraum für die OP-Patienten vorbei.
    »Also, wie ich schon sagte, arteriell nimmt man Blut eigentlich genauso ab wie venöses Blut«, meldete sich Bellows schließlich wieder. Der Themawechsel schien ihm angebracht. Susan setzte ihm zu, das spürte er ganz deutlich, und er wich auf Gebiete aus, wo er wieder Oberwasser bekommen konnte. »Sie lokalisieren und isolieren die Arterie, am Arm, Puls oder Oberschenkel, das ist eigentlich egal. Dazu nehmen Sie Mittel- und Zeigefinger, so …« Bellows hielt die linke Hand hoch, mit ausgestrecktem Mittel- und Zeigefinger, als fischte er eine unsichtbare Arterie aus der Luft. »Wenn Sie die Arterie zwischen den Fingern haben, spüren Sie den Puls. Dann führen Sie die Nadel ein, einfach nach Gefühl. Am besten lassen Sie die Spritze durch den Arteriendruck voll Blut laufen, so vermeiden Sie Luftblasen. Die würden die Werte verzerren.«
    Bellows schob mit der Schulter die Tür zum Aufwachsaal auf, trat rückwärts ein und erläuterte weiter: »Zwei Dinge sind noch wichtig. Sie müssen eine Heparinspritze benutzen, damit das Blut nicht gerinnt, und außerdem müssen Sie die Einstichstelle fünf Minuten lang unter Druck halten. Wenn man das vergißt, kann der Patient ein fürchterliches Hämatom bekommen.«
    Auf den ersten Blick erinnerte der Saal Susan an die Intensivstation. Nur war er heller, lauter, und es herrschte größere Betriebsamkeit. Es gab fünfzehn bis zwanzig Bettplätze, jeder mit vollständigen Versorgungseinrichtungen an der Wand, wie Monitor, Sauerstoffanschlüssen, Druckluftventilen. Die meisten Plätze waren besetzt: In hohen Betten mit aufgestellten Seitengittern lagen die Patienten, jeder mit dicken Bandagen an irgendeinem Körperteil. Wie häßliche, dicke Früchte an laublosen Bäumen hingen die Infusions- und Blutplasmaflaschen von ihren Gestellen.
    Jeden Augenblick kamen neue Patienten an, andere wurden weggebracht; die rollenden Betten führten zu regelrechten Verkehrsstauungen. Das Pflegepersonal unterhielt sich laut und ohne Scheu, hier und da klang sogar Lachen auf. Aber Susan hörte auch Stöhnen, und neben der Schwesternstation schrie ein Baby in seiner Wiege. Um einige Betten waren Ärzte und Schwestern gruppiert, damit beschäftigt, Dutzende von Schläuchen und Röhren zu adjustieren. Da gab es Ärzte, deren Operationskittel Spuren jeder Art menschlicher Ausscheidung, vor allem aber Blutflecken trugen, und andere in makellosen, gebügelten und gestärkten weißen Gewändern. Der Aufwachsaal war ein Mittelpunkt klinischer Emsigkeit, ein Kreuzweg für Patienten, Ärzte, Ergebnisse, Befunde und Fachgespräche.
    Bellows wollte offensichtlich die Sache schnell hinter sich bringen. Er ging sofort an das Zentralpult und bekam auf seine Anfrage ein Tablett mit einer Heparinspritze ausgehändigt. Man zeigte ihm ein Bett linker Hand, gegenüber dem Eingang, durch den sie gekommen waren.
    »Passen Sie auf«, sagte er zu Susan. »Diesmal mach’ ich’s einfach selbst, Sie sehen genau zu, und nächstes Mal sind Sie dann dran.« Susan nickte. Sie näherten sich dem Bett. Den Patienten oder die Patientin konnten sie nicht sehen, mehrere Leute verstellten den Blick. Am Fußende standen zwei Ärzte im Operationsdreß, links zwei Schwestern und auf der anderen Seite ein hochgewachsener Schwarzer, ein Arzt in einem langen weißen Mantel. Letzterer hatte offenbar gerade gesprochen, die anderen sahen ihn aufmerksam an, er selbst regulierte jetzt den Druck des Beatmungsgeräts. Susan spürte sofort, daß die Atmosphäre emotionsgeladen war. Beide Ärzte in den Operationskitteln waren

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