Koma
Was dagegen?« Mark setzte sich völlig verwirrt kerzengerade auf. »Aber nein, ganz und gar nicht.«
Susan beugte sich hinüber und drückte ihn mit einer Kraft an sich, die ihn überraschte. Instinktiv legte er die Arme um sie; er fühlte ihren schmalen, geschmeidigen Rücken. Vor lauter Verlegenheit klopfte er ihr unter die Schulterblätter, als wollte er sie beruhigen. Sie löste sich von ihm.
»Mark, hoffentlich erwartest du jetzt nicht, daß ich Bäuerchen mache.«
Ein paar Augenblicke lang musterten sie einander im Licht der Flammen. Dann suchten ihre Lippen sich, erst zögernd, zart, dann mit Feuer und Hingabe.
Mittwoch
25. Februar
5 Uhr 45
Als das schrille Läuten des Weckers die Stille zerriß, schien die Luft im Zimmer zu vibrieren. Aus tiefem Schlaf aufgescheucht, setzte sich Susan kerzengerade im Bett auf. Sie bekam einen zusätzlichen Schreck: Ihre Augen wollten nicht aufgehen. Dann merkte sie, daß ihre Augen schon offen waren. Nur konnten sie gegen die tiefe Schwärze im Raum nichts ausrichten. Sekundenlang hatte sie keine Ahnung, wo sie sich befand. Ihr einziger Gedanke galt dem Wecker – sie mußte seinem nervenzerfetzenden Treiben ein Ende bereiten.
Doch ebenso plötzlich, wie es begonnen hatte, hörte das schreckliche Geräusch nach einem metallischen Klicken wieder auf. Im selben Augenblick wurde sich Susan bewußt, daß sie nicht allein war. Die Erinnerung an den vergangenen Abend kehrte zurück und damit die Erkenntnis: Sie war immer noch in Marks Wohnung. Sogleich legte sie sich wieder flach auf den Rücken und zog das Laken hoch, um ihre Blöße zu bedecken.
»Was, zum Teufel, sollte dieser Krach bedeuten?« fragte sie in die Dunkelheit hinein.
»Dieser Krach war ein Wecker. Schätze, du hast noch nie einen gehört«, sagte eine Stimme neben ihr.
»Wecker? Mark, es ist mitten in der Nacht!«
»Von wegen, mitten in der Nacht. Dreiviertel sechs haben wir’s. Zeit, aus den Federn zu kommen.« Mark warf die Decke zurück und setzte die Füße auf den Boden. Er knipste die Bettlampe an und rieb sich die Augen.
»Mark, hast du den Verstand verloren? Dreiviertel sechs! Du lieber Himmel!« Susans Stimme klang gedämpft; sie hatte den Kopf unter dem Kissen vergraben.
»Na und? Schließlich muß ich nach meinen Patienten sehen, mir was zwischen die Zähne schieben und um halb sieben für die Visite bereit sein. Die Operationen fangen Punkt halb acht an.« Mark stand auf und reckte sich. Ohne auf seine Nacktheit und die Kälte Rücksicht zu nehmen, ging er zum Bad.
»Ihr chirurgischen Masochisten spottet jeder Beschreibung«, stieß Susan hervor. »Warum fangt ihr nicht um neun oder zu irgendeiner anderen vernünftigen Zeit an? Warum ausgerechnet um halb acht?«
Mark blieb stehen. »Das ging immer schon um halb acht los.«
»Ein großartiger Grund. Wir fangen um halb acht an, weil wir immer um halb acht angefangen haben. Du lieber Himmel, eine Logik, die für die Medizin typisch ist. Dreiviertel sechs, am Morgen! Scheiße, Mark, warum hast du mir gestern abend nichts davon gesagt? Ich wäre dann lieber ins Studentenheim zurückgegangen.«
Bellows trat wieder ans Bett und sah auf den Lakenhügel hinunter, der Susans Körper darstellte. Ihr Kopf steckte noch unter dem Kissen. »Wenn du deine Hospitantenpflichten ernst nehmen würdest, brauchte man dir nicht erst mühsam den Fahrplan zu erklären. Also los, aufstehen, blondes Gift!«
Bellows packte Laken und Decke an einem Ende und zog mit aller Gewalt. Gleich darauf lag Susan hüllenlos da, ihm und den Elementen schutzlos ausgeliefert. Nur der Kopf blieb unter dem Kissen unsichtbar.
Sie sprang hoch und kreischte: »Das ist mir eine schöne Gastfreundschaft!« Dann langte sie nach einer Wolldecke, verwandelte sich im Nu in einen menschlichen Kokon und ließ sich wieder auf das Laken fallen.
»Kann schon sein, aber heute ist der erste Tag in deinem neuen Leben. Du weißt ja, jetzt bist du eine normale Medizinstudentin.« Mark nahm den Kampf mit Susans neuer Hülle auf.
»Ach, Mann, ich brauche noch einen Tag, nur noch einen. Nun komm schon, Mark, noch einen Tag. Du weißt doch, wie wichtig das für mich ist. Wenn ich heute die Krankenblätter nicht bekomme, und ich glaube ja selbst nicht dran, dann ist Feierabend. Und außerdem – Berman: Hab’ ich den erst gesehen, gebe ich wahrscheinlich sowieso auf. Dann hast du deine normale Medizinstudentin.«
Bellows ließ die Wolldecke los, und Susan fiel zurück, eine Brust
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