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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sich für Krankenhausbauten und wissen nicht mal, wie Stockwerkspläne aussehen? Du lieber Gott … Hier, das sind sie: Keller, Erdgeschoß, erster Stock.« Endlich zog er ein Feuerzeug aus der Tasche und zündete die Zigarette an.
    »Wie entziffert man diese Abkürzungen?«
    »Ach, du meine Güte, was denn noch? Hier unten in der Ecke, da steht’s doch. Sehen Sie nicht? OP heißt Operationssaal, S (Haupt) bedeutet Hauptstation, Comp.-Zent. steht für Computerzentrale, und so weiter.« Der Mann schien mit seiner Geduld am Ende.
    »Und der Kopierapparat?«
    »Da drüben, sagte ich doch. An der Wand ist ein Münzwechsler. Wenn Sie fertig sind, legen Sie die Pläne nur in den Korb, da auf dem Tresen.«
    Sorgfältig kopierte Susan die Grundrisse. Mit einem Filzstift trug sie auf ihren Kopien die Bedeutung der Räume ein. Dann machte sie sich auf den Weg zum Memorial.
     
    Susan kam durch den Haupteingang herein. Trotz der frühen Vormittagsstunde war die Haupthalle bereits von der täglichen Menschenflut überschwemmt. Jeder Stuhl war besetzt, ebenso alles, was nur entfernt an einen Sitzplatz erinnern konnte. Alle Altersstufen waren vertreten. Es waren keine Kranken oder Verletzten, die in der Klinik oder der Notambulanz versorgt werden mußten. Es handelte sich um Angehörige, die darauf warteten, einen Patienten in Empfang zu nehmen und nach Hause zu bringen. Oder es waren selbst Patienten, die man entlassen oder nach ambulanter Behandlung weggeschickt hatte und die nun darauf warteten, daß jemand sie abholte. Es herrschte eine ausgesprochene Wartestimmung: kaum Unterhaltung, kein Lächeln weit und breit. Nichts verband diese Leute als ihre ängstliche Ehrfurcht vor dem Krankenhausbetrieb und seinen Geheimnissen.
    Susan mußte sich mühsam einen Weg zur großen Anzeigetafel bahnen, um zu erfahren, daß die Neurologische Abteilung in Beard 11 lag. Sie schlängelte sich zu den Beard-Liften durch und gesellte sich zu den Wartenden. Die Person neben ihr drehte sich plötzlich um, und Susan fuhr zurück, konnte ihr Entsetzen kaum verbergen. Die Augen des Mannes – oder war es eine Frau? – lagen wie glitzernde Seen zwischen dunkel angeschwollenen Blutergüssen und weißem Mull. Die Nase war unnatürlich vergrößert, wirkte wie aufgeblasen; aus den Nasenlöchern ragten Drähte, die mit Heftpflaster an den Wangen befestigt waren – das Gesicht eines Monsters! Susan versuchte, den Blick auf der Stockwerkanzeige zu halten. Im Krankenhaus mußte man auch auf visuelle Überraschungen gefaßt sein.
     
    Dr. Donald McLeary gehörte zum Stab der jüngeren Neurologen und hatte wegen des allgemeinen Raummangels kein Büro im elften Stock abbekommen. Susan mußte eine Treppe höher gehen, bis sie die Tür mit der Aufschrift »Dr. Donald M. McLeary« fand. Sie quetschte sich in das winzige Vorzimmer. Die Tür ging nicht ganz auf, weil ein Aktenschrank im Wege stand. Der Schreibtisch, nicht einmal außergewöhnlich groß, wirkte erdrückend. Eine alternde Sekretärin sah auf. Sie trug übertriebenes Make-up, Rouge und falsche Wimpern. Das gebleichte Haar war in kurze, dicke Locken gelegt. Ihr enger rosa Hosenanzug spannte sich über unnatürlichen Wölbungen.
    »Entschuldigung, ist Dr. McLeary da?«
    »Ja, aber er hat zu tun.« Die Sekretärin ärgerte sich über die Störung. »Haben Sie einen Termin?«
    »Nein, ich hab’ keinen, wollte ihn nur ganz schnell etwas fragen. Ich bin Medizinstudentin und hospitiere hier im Memorial.«
    »Ich werde mal nachsehen, was der Doktor meint.«
    Die Sekretärin stand auf und musterte Susan von Kopf bis Fuß. Die schlanke Figur der Besucherin verärgerte sie offensichtlich noch mehr, und sie verschwand ohne ein weiteres Wort durch eine Tür rechts von Susan, die ihre Abwesenheit benutzte, um sich schnell im Vorzimmer umzusehen, ob sie irgendwo eine Spur der Krankenblätter entdecken konnte.
    Aber da erschien die Sekretärin bereits wieder. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, spannte einen Bogen in die Maschine und begann zu tippen. Nach einigen Zeilen sah sie hoch. »Sie können reingehen.«
    Ehe Susan antworten konnte, tippte sie schon wieder. Susan belegte sie im stillen mit den erlesensten Bezeichnungen und öffnete die Tür zum Allerheiligsten.
    Auf den ersten Blick schien McLearys Büro ebenso wüst wie das von Dr. Nelson. Zeitschriften und Papiere türmten sich in unzähligen Stapeln zu schwindelnder Höhe auf. Dr. McLeary, ein dünner Mann mit einer kräftigen Nase und eingekerbten

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