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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Gast … Gast des Krankenhauses, und dem sollten Sie in Ihrem Benehmen Rechnung tragen. Statt dessen belieben Sie, sich als Sprengsatz zu betätigen. Sie ignorieren alle Regeln und Anweisungen. Ihr Medizinstudenten von heute habt den rechten Maßstab verloren. Das Krankenhaus ist nicht nur für euer Wohl da, und es schuldet euch keine Ausbildung.«
    »Wieso? Die Lehre ist eine der Hauptaufgaben dieses Hauses.«
    »Die Lehre vielleicht. Aber das bedeutet beileibe nicht nur die Ausbildung von Studenten. Das bezieht sich auf die gesamte hiesige Medizinwelt.«
    »Genau. Und dabei soll eine Symbiose entstehen, von der alle profitieren, Studenten und Professoren. Und das Krankenhaus existiert weder zum Wohle der Medizinstudenten noch der Professoren, sondern angeblich in erster Linie für die Patienten.«
    »Also, ich kann Harris’ Reaktionen Ihnen gegenüber völlig verstehen, Miss Wheeler: Sie lassen es an Respekt fehlen, sowohl für Personen als auch für Institutionen. Aber das ist typisch für die Jugend von heute. Die glaubt, allein die Tatsache ihrer Existenz berechtige zu allem Luxus, den die Gesellschaft zu bieten hat, die Ausbildung inbegriffen.«
    »Ausbildung ist mehr als ein Luxus: eine Verantwortung, die die Gesellschaft sich selbst gegenüber trägt.«
    »Mag sein, daß die Gesellschaft sich selbst gegenüber Verantwortung trägt, aber auf keinen Fall schuldet sie diese einzelnen Studenten oder der Jugend, nur weil sie jung ist. Ausbildung und Erziehung sind teuer, und die Hauptlast bleibt an den Werktätigen hängen. Die Studenten selbst bringen nur einen kleinen Teil dessen auf, was sie kosten. Und sie kosten die Gesellschaft nicht nur eine enorme Summe, Miss Wheeler, sie sind gleichzeitig im wirtschaftlichen Sinne völlig unproduktiv. Mithin verdoppeln sich die Kosten gegenüber der Gesellschaft. Dazu kommt, daß Sie eine Frau sind. Demnach wird auch Ihre künftige Produktivität, gemessen an der Stundenzahl, nicht …«
    Susan war aufgesprungen. »Ach, verschonen Sie mich doch damit! Der Mist kommt einem ja zu den Ohren raus!«
    »Bleiben Sie sitzen, verdammt noch mal!« schrie McLeary, außer sich vor Wut. Auch er war aufgestanden.
    Susan bemühte sich, in dem vor Zorn bebenden Gesicht zu lesen. Sie dachte daran, was Bellows über ihre Sexualität gesagt hatte, als er nach einer Erklärung für Harris’ Benehmen suchte. Aber das konnte bei der Vorstellung, die McLeary gab, kaum eine Rolle spielen. Zum zweitenmal wurde sie im Memorial mit einem, gelinde gesagt, höchst unangemessenen Benehmen konfrontiert. Der Mann vor ihr atmete schnell und in kurzen, heftigen Stößen. Offensichtlich hatte sie ihn herausgefordert. Aber wie? Und wodurch? Susan hatte keine Ahnung. Sie überlegte, ob sie ihn einfach stehenlassen sollte. Eine Mischung aus Neugier und Respekt vor seiner Unberechenbarkeit bewog sie jedoch zum Bleiben. Sie setzte sich und beobachtete ihr Gegenüber scharf. Der Mann wußte jetzt augenscheinlich nicht, was er tun sollte. Er setzte sich ebenfalls und spielte nervös mit einem Aschenbecher. Es hätte sie nicht weiter erstaunt, wäre er in Tränen ausgebrochen.
    Sie hörte, wie draußen die Tür aufging. Aus dem Vorzimmer kamen Stimmen. Dann öffnete sich hinter ihr die Tür. Ohne Voranmeldung und ohne zu klopfen trat ein Mann ein, dem die Energie aus allen Knopflöchern zu dringen schien. In dem gut geschnittenen blauen Anzug sah er wie ein Geschäftsmann aus. Der weiße Taschentuchzipfel über der linken Brusttasche erinnerte Susan an Starks Manier. Das Haar war sorgfältig frisiert und links gescheitelt. Der Mann vermittelte Autorität und das Gefühl, spielend mit jeder Schwierigkeit fertig zu werden.
    »Vielen Dank für Ihren Anruf, Donald«, sagte Oren. Dann würdigte er Susan eines herablassenden Blicks. »Das also ist die berüchtigte Susan Wheeler, nicht wahr? Miss Wheeler, Sie haben in diesem Krankenhaus große Aufregung verursacht. Ist Ihnen das bewußt?«
    »Nein, das ist mir keineswegs bewußt.«
    Oren stand, die Arme vor der Brust verschränkt, an McLearys Schreibtisch gelehnt. »Nur aus Neugier, Miss Wheeler, möchte ich Ihnen eine recht simple Frage stellen. Was ist, Ihrer Ansicht nach, der Hauptzweck dieser Institution hier?«
    »Die Versorgung von Kranken.«
    »Ausgezeichnet. Wenigstens in diesem Punkt scheinen wir einer Meinung zu sein. Aber ich muß Ihre Antwort nicht unwesentlich spezifizieren. Unsere Aufgabe ist die Versorgung der Kranken unserer Stadt und dieser Gegend.

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