Komisch - die Liebe
gefällst mir sehr …« Sie flüstert es. Sehr leise.
Direkt in mein Ohr.
Dann will sie sich wieder setzen. Ich halte sie auf und umfasse ihre Taille.
»Komm her. Ich muss dir auch etwas sagen …«
Sie kommt wieder zu mir. Ihr Duft steigt mir in die Nase, durch die Luftröhre, die Bronchien, unter Umgehung der Lungen direkt
in mein Herz.
Sie hält ihre Nobelpreis-Ohren dicht vor meine Lippen.
Ich fahre ihr sanft mit der Zunge über das Ohr. Dann wandere ich zu ihrem Gesicht und küsse sie. Ein kleiner, aber drängender
Kuss. Ihre Lippen öffnen sich langsam. Wir küssen uns, dann entzieht sie sich.
»Komm … das ist mir peinlich.«
Sie sieht sich verlegen um. Setzt sich. Trinkt. Lächelt mich an.
»Unverschämter Lügner!«
Ich nicke und lächele listig zurück.
Wir sind wie Homer und Marge Simpson.
Das Abendessen nimmt fröhlich seinen Lauf mit kurzen Ausschweifungen des gegenseitigen Umwerbens.
Wir lachen, doch eine unterschwellige Spannung liegt in der Luft. Wie zwischen zwei erwachsenen Tieren, die sich während der
Balz gegenseitig beschnüffeln.
Endlich kommt die Rechnung.
Wir sind auf meinem Roller. Wir sind im Aufzug. Wir sind im Bett.
Wir sind eins. Einer begierig nach dem anderen.
Wir sind der Satz des Pythagoras. H 2 O. Die kalte Fusion, Liebe 2 .
Wir sind tibetanische Mantras im Wind. Leonardo da Vinci. Gold, Weihrauch und Myrrhe. Shiva und Shakti. Die sieben Noten.
Wir sind die Musik.
»Ich liebe es, mit dir zu schlafen.«
Ausgestreckt liegen wir nebeneinander, unsere Füße suchen und finden sich.
Clelias Füße stehen ihren Händen in nichts nach. Schön und schlank. Feingliedrig und harmonisch. Meine können da nicht mithalten.
Lange Jahre auf dem Bolzplatz haben sie ruiniert.
Ich stehe auf. Sie hält mich am Arm zurück.
»Wo gehst du hin?«
»Wein holen und Zigaretten. Möchtest du nicht?«
»Bleib hier …« Sie gibt den Arm nicht frei.
Ich lasse mich zurücksinken. Umarme sie fest. Sie umarmt mich noch fester.
Wir lieben uns noch einmal, ein ganzes Leben lang.
»Warum gehst du?« Ich sehe ihr beim Anziehen zu.
»Ich bin es gewohnt, allein zu schlafen. Entschuldige. Es hat nichts mit dir zu tun. Wirklich nicht …«
Ich lächele ihr zu. »Ich versteh schon.«
Aber das stimmt nicht.
I ch habe nicht gern allein geschlafen. Es war ein komisches Gefühl. Neu.
Eine ganz neue Erfahrung.
Was ist nur los?
Ich fühle mich einsam. Ohne sie fühle ich mich einsam. Es ist komisch, denn ich gehöre zu dem Teil der Menschheit, der Körper
und Gefühl bestens voneinander trennen kann. Der das Gefühl normalerweise im Kopf auslebt, losgelöst von allem, was unterhalb
des Kopfes liegt. Jetzt aber geht es mir körperlich schlecht.
Ich bin glücklich, dass ich Clelia getroffen habe, doch es ist, als erlebte ich dieses Glück unter falschen Vorzeichen. Als
erlitte ich es.
Darauf bin ich nicht eingestellt. Ich will nicht Beute sein. Ich bin es gewohnt, Jäger zu sein. Dominant. Jetzt aber ist es
anders.
Wenn sie nicht da ist, habe ich Magenschmerzen. Und selbst wenn sie da ist, fehlt sie mir.
Was passiert nur mit mir? Es ist, als fände ich nur in ihren Armen Frieden.
Ob ich mich vielleicht in ein Cello verwandeln möchte? Hmm, nein, zu kafkaesk …
Ich stehe auf, und der normale Tagestrott beginnt.
Duschen.
Motorino.
Buchhandlung.
Ich bin schlecht gelaunt, habe keine Lust auf Kundengespräche.
Noch weniger Lust habe ich, mich über
Strafrechtliche
Verantwortung bei Körperschaften und Rechtspersonen
oder über die
Rechtsordnung Einkommensteuer
zu unterhalten, und schon gar nicht über
Agrargesetzgebung
.
Kirchenrecht
? Um Himmels willen …
Zum Glück spielen sie im Radio
Laissez-moi tranquille
von Serge Gainsbourg.
Ich arbeite stumm.
Mittags gehe ich zu Gianni.
Er setzt mich zu einer jungen Frau an den Tisch, die ich schon oft bei ihm gesehen habe. Sie hat eine nette Art, ist nicht
schön, aber irgendwie anziehend. Ich weiß, dass sie Architektin ist und Luisa heißt. Wir unterhalten uns ein wenig. Eigentlich
redet hauptsächlich sie. Ich übernehme immer gerne die Rolle des interessierten Zuhörers. Was ich auch wirklich bin.
Luisa ist sympathisch. Ihre knapp vierzig Lebensjahre sieht man ihr nicht an. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie mich
nett findet. Sie sagt, ich sei ihr schon öfter aufgefallen, weil ich mich immer etwas abseits halte.
Sie flirtet dezent, aber offensichtlich. Ich spiele mit und flirte zurück. Aber bei mir
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