Komische Voegel
2006
Ein neuer Zwischenstand, anläßlich eines Kommentars zu meinem Mauersegler-Posting: 1. Hoorn (Donnerstag, 27. April); 2. Wieringerwaard (Montag, 1. Mai); 3. Leeuwarden (Dienstag, 2. Mai). Amsterdam ist also nicht mehr unter den ersten drei. Meldungen über weitere – am liebsten frühere – Sichtungen sind willkommen. Im Augenblick sieht es merkwürdigerweise so aus, als hätten sie Brückenköpfe am IJsselmeer gebildet, seine Südwestecke aber zunächst gemieden.
Andere Tiernachrichten der letzten Zeit: Pferde sind eifersüchtig, hat man jetzt herausgefunden (Quelle: De Volkskrant ). Außerdem gibt es unter Pferden Freundschaften (also auch Feindschaften). Es ist deshalb nicht ratsam, nur ein Pferd zu besitzen, denn das leidet dann unter Einsamkeit und entwickelt schnell ein gestörtes Sozialverhalten.
Die Schafe vom Verkehrskreisel bei Joure haben den Kampf verloren. Der Bürgermeister hatte ihnen mit Geldbußen gedroht, und nach ein paar Tagen haben sie resigniert und Kittel mit der Aufschrift Danke, Bürgermeister! angezogen. Sie dankten ihm dafür, daß er mit seinem Verbot noch zusätzlich (und kostenlos) Reklame für hotels.nl gemacht hat, das war die ursprüngliche Aufschrift auf den Kitteln. Im Grunde haben sie den Kampf also gewonnen; Gäste des Motels Joure beschweren sich über nächtliches Freudengeblök.
Ein fiktives Schaf ist gar kein Schaf
Sonntag, 7. Mai 2006
Wenn man über Schafe schreibt, wird offenbar automatisch angenommen, daß man viel von ihnen versteht. Das ist aber nicht so. Am Freitag bekam ich bei einer Lesung in Groningen mehrmals zu hören, Schafe seien »entsetzlich dumm«. Ich widersprach. Wir übernehmen diese Ansicht, ohne nachzudenken, was unter anderem an Wörtern wie Schafskopf liegt. Herdenverhalten gibt es schließlich auch bei uns; für mich sind Schafe einfach sehr soziale Tiere, die gern beisammen sind. Nach der Lesung erzählte mir ein freundlicher Mann, er habe »fünfzehn auf sechs« (damit meinte er natürlich fünfzehn Lämmer von sechs Mutterschafen). Ich gratulierte ihm, aber als er dann von Lämmerraub sprach, muß ich ein ziemlich belemmertes Gesicht gemacht haben. Ich dachte, ihm würden Lämmer von der Weide gestohlen. Nein: Ein hochträchtiges Schaf leckt das neugeborene Lamm eines anderen Mutterschafs ab, die Mutter verstößt es, und das trächtige Schaf hat schon vor dem Ablammen ein Lamm.
Was ich meine, ist: Wenn man ein Buch über das »Bauernleben« schreibt, ist man deshalb noch lange kein Bauer. Henning Mankell ist kein sadistischer Mörder, Thomas Rosenboom
kein verrückter Geigenbauer und Arthur Japin kein afrikanischer Prinz.
Die kritische Bemerkung, in Waterland gebe es keine Nebelkrähen, konnte ich noch mit »Das war ein Irrgast« parieren, aber als sich beim Umtrunk ein Mann verwundert darüber zeigte, daß ich bis vor zwei Monaten noch nie eine Schwanzmeise gesehen hatte, fiel mir nichts ein außer: »Es ist nun mal so.« Eigentlich sollte man in solchen Fällen eine
Gegenfrage stellen. Zum Beispiel: »Und wie oft haben Sie schon einen Mandschurenkranich gesehen?«
Regelchaos und dünne Lämmchen
Sonntag, 14. Mai 2006
Um etwa 12:59 heute mittag wurde mir vom Schaffner die Weiterfahrt verweigert, in Purmerend (wo sonst). Ich kaufe nie eine Karte für mein Fahrrad: Wenn ich Glück habe, fährt es kostenlos mit, wenn ich Pech habe, bezahle ich sechs Euro, ohne Aufschlag, weil ich sagen kann, ich hätte das Rad für Gepäck gehalten. Dachte ich. Der Schaffner sagte: »Das macht dann einundvierzig Euro.«
»Von wegen«, erwiderte ich. »Ich bin doch nicht blöd.«
Ich saß neben meinem Rad im Einstiegsbereich, und da wir gerade in Purmerend hielten, trat er auf den Bahnsteig hinaus und fragte: »Bezahlen Sie?«
»Nein«, sagte ich.
»Dann steigen Sie jetzt aus.«
Ich blieb sitzen, und die Weiterfahrt verzögerte sich. Nach einiger Zeit stieg ich dann doch aus, weil der Schaffner drohende Fragen stellte, zum Beispiel: »Haben Sie Ihren Ausweis dabei?« Habe ich nie, ich mache nicht mit bei dieser lächerlichen Ausweispflicht, aber ich kniff vor dem Knipser.
Kochend vor Wut stand ich nun mitten in Purmerend, wo ich gar nicht hinwollte. Fünf Minuten später kam der Nahverkehrszug nach Hoorn, und dort wollte ich hin. Auf meine Frage erfuhr ich vom Schaffner dieses Zuges, daß neuerdings auch dann ein erhöhter Fahrpreis fällig sei, wenn
man keine Fahrradkarte vorweisen könne. »Steig ein«, sagte er, »nach Hoorn nehm ich dein
Weitere Kostenlose Bücher