Komische Voegel
aber Schachblumen ( Fritillaria meleagris ), denn das ist doch die allerschönste unter den Frühlingsblumen, die zarteste auch, obwohl sie es sogar im dunkelsten Winkel des Gartens aushält, wo sie wie eine weiße Lilie an einem Moorsee aufleuchten kann oder wie das Fenster eines einsamen Hauses in der Tundra.
Eine Sekunde als Schaf
Dienstag, 4. April 2006
Heute abend war ich mit einem Fotografen in Waterland unterwegs, als am Straßenrand plötzlich ein Border Collie auftauchte und sich vors Auto warf. Zu seinem (und unserem) Glück warf er sich noch rechtzeitig wieder zurück. Seltsamerweise bewegte er sich genau so, wie Border Collies es tun, wenn sie Schafe beschleichen und scheuchen. Fast wie ein Gepard.
Da ich meine körperdysmorphe Störung offenbar inzwischen abgeschüttelt habe, hatte ich eine halbe Stunde lang auf und an einer Brücke das routinierte Fotomodell spielen können. Als Modell muß man leicht blasiert dreinschauen, glaube ich. Und es machte mir sogar Spaß, nur daß ich ein bißchen fror, kein Wunder, wenn man seinen Wintermantel im Zorn zerrissen hat und gern im Pullover posieren möchte, obwohl es vier Grad kühl ist. Großartige Wolkenformationen zogen vorüber, die Ufer mit dem gemähten Röhricht waren braun. Als wir schon fünf Minuten posierten und fotografierten, sahen wir plötzlich ein Boot mit einem Jungen unter der Brücke, das wohl die ganze Zeit dort gelegen hatte. Ein Boot mit Außenbordmotor, und der Junge saß einfach nur da. Nach einer Viertelstunde fuhr er weg.
Erst später, nach dem verrückten Hund, fragte ich: »Was hat der Junge da wohl gemacht?« Der Fotograf hatte auch keine Ahnung. Während wir einen Moment schwiegen, überlegte ich: Ob uns der Hund für Schafe gehalten hat? Oder so getan hat, als wären wir welche, um mit uns zu üben? Weil der Bauer, dem er gehört, keine Schafe hält?
Trikotwerbung
Samstag, 15. April 2006
Am Donnerstag vormittag fuhr ich über den Autobahnkreisel bei Joure, konnte aber nirgendwo die Werbeschafe erspähen. Wir entdeckten sie dann auf einer Weide an der Abfahrt Sneek, die wir nicht nahmen. Ansonsten sah ich normale Schafe am anderen Ende ihrer Koppel, was mich zu der Erkenntnis brachte, daß es nicht damit getan ist, seine Schafe zu Werbeschafen zu machen: Man muß sie auch so dressieren, daß sie immer direkt neben der Autobahn grasen. Der Bürgermeister der Gemeinde Skarsterlân hat sie verboten, die Schafe mit Trikotwerbung. Nicht wegen potentieller Verkehrsgefährdung, sondern weil für die A7 nun einmal ein Werbeverbot gilt. Sehr mitfühlend, dieser Bürgermeister.
Zufällig hatte ich morgens noch einen Artikel über die Werbeschafe gelesen: »In den Niederlanden haben zwölf Herden einen Trikotwerbevertrag.« Saukomisch, die Sache so darzustellen, als wäre kein Mensch daran beteiligt, als wäre der Vertrag vom geschäftsführenden Lease-a-Sheep -Schaf unterzeichnet worden. So ein geschäftsführendes Schaf hinkt nicht (hat es auch nie getan), bringt jedes Jahr mindestens Zwillinge, besser noch Drillinge zur Welt und hat selbstverständlich von allen Schafen die schönste Handschrift. Auch Böcke kommen in Frage, werden aber nicht bevorzugt.
Demnächst liegen sie alle auf diesen kuscheligen großen Kissen, die man im Baumarkt bekommt – eigentlich für Hunde gedacht, aber das macht nichts, auch Schafe haben darauf mehr als genug Platz.
Also gut, noch mal Schafe (weil Ostern ist)
Sonntag, 16. April 2006
Ja, Schafe. Ein Kapitel für sich. Niemand macht sich je Gedanken über Schafe, außer dem Bauern, der irgendwann im März mitten in der Nacht bei einem Mutterschaf das dritte Lamm holen muß. Die Deckchen der Werbeschafe sind übrigens ganz in Ordnung: Sie sind atmungsaktiv, zu hundert Prozent aus Baumwolle und schützen auch noch vor lästigen Zecken und anderem Ungeziefer. Keine Tierquälerei also. Nur für ein Lamm muß es seltsam sein, ein Mutterschaf, das monatelang nicht wie ein Schaf aussieht. Entsteht nicht in dem Lämmergehirn ein völlig verzerrtes Weltbild? Wofür hält das Lamm ein Werbemutterschaf? Für ein Wartehäuschen? Ein behindertes Schaf? Ein Albinoschaf? Ein schwer verkäufliches Schaf? Oder einfach für einen mißglückten Werbeträger? Ich frage mich auch, was nach dem Scheren wird. Haben die Deckchen Riemen mit ganz vielen Löchern, damit sie enger geschnallt werden können? Zum Schluß, um alle Diskussionen zu beenden, ein Ausspruch von Bauer Groen aus Enkhuizen: »Tiere sind auf der Welt,
Weitere Kostenlose Bücher