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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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Finden schöner Namen. Mit dem Brokkoli sei aber wohl bald Schluß, meinte die Frau. Wir hätten ja schon Herbst, und später würden die Beete alle kahl sein.
    Mir gefiel der Garten sehr. Gemüse kann schön sein, und ich weiß auch, warum ich eine Vorliebe dafür habe: Es wächst in langen, geraden Reihen, Ordnung ergibt sich ganz
von selbst. In dieser Hinsicht paßt Gemüse wunderbar in einen Barockgarten mit seinen strengen geometrischen Formen. Auch in einer ganz gewöhnlichen Rabatte in einem ganz gewöhnlichen Garten kann übrigens eine Artischocke oder eine Cardy wunderschön aussehen, vor allem kombiniert mit Stauden, am besten in Grautönen. Rhabarber ist ebenfalls sehr hübsch und füllend. Karottenlaub finde ich allerdings häßlich, und weder Prinzeßbohnen noch grüne Bohnen können mich entzücken. Es gibt eben auch Gemüse, die man einfach essen und nicht bewundern soll.
    Wieder eine tote Taube
    42. Woche 2010
    Bielefeld Hauptbahnhof. An Gleis 2 fährt der Zug nach Minden ein. Es ist kalt, die erste richtige Kälte, die ich in diesem Herbst erlebe, in der Nacht lag die Temperatur um den Gefrierpunkt. Als der Zug zum Stillstand kommt, glaube ich im ersten Moment, daß es schneit; etwas Weißes wirbelt von der Windschutzscheibe des Triebwagens, und unter dem Scheibenwischer scheint ein Klumpen Schnee zu kleben. Es ist eine Taube. Der Lokführer steckt den Kopf aus dem Seitenfenster. »Der ist tot«, sagt er, und mir wird klar, daß er »Vogel« denkt, denn das ist ein »der«, während »Taube« eine »die« ist. Mein Deutsch macht wirklich riesige Fortschritte. Eben erst passiert, erzählt er, bei Tempo 160. Er steigt nicht aus, um den Vogel von der Scheibe zu entfernen, schaut auf die Bahnsteiguhr, sieht, daß er schon eine Minute Verspätung hat. »Schade«, sage ich, obwohl ich »traurig« sagen wollte, aber dieses Wort fällt mir gerade
nicht ein. Er winkt mir kurz zu, als der Zug sich in Bewegung setzt. Wenig später fährt der Zug nach Hannover ein, auf demselben Gleis. Die Windschutzscheibe ist sauber. Ich suche meinen reservierten Platz. Neben mir sitzt eine sehr kleine Frau. Vor ihr auf dem Boden steht eine Reisetasche mit einem Zwergdackel darin. Sie redet auf den Hund ein, er wird immer aufgeregter, plötzlich drückt sie ihn in die Tasche hinunter und zieht den Reißverschluß zu. Der Hund windet sich und fiept, das Plastik an der Oberseite der Tasche beult sich aus. Die Frau drückt den Hundekopf nach unten, immer wieder. Was für ein dummes, dumpfes Stück. Offenbar begreift sie nicht, daß man ein Tier nicht erst in Aufregung versetzen und dann erwarten kann, daß es sich in so einer Lage ruhig verhält, eingesperrt in eine dunkle, enge Tasche. Sie redet wieder auf den Hund ein: »Was willst du denn?« Ich möchte etwas sagen, mich einmischen, das tue ich gern, wenn ich im Ausland bin, wo es mir leichter fällt als zu Hause. Statt dessen denke ich an den Lokführer, der extra für mich den Kopf aus dem Seitenfenster steckte, der etwas loswerden wollte, weil er sich natürlich fürchterlich über die tote Taube ärgerte. Dieses Scheißvieh!
    Basel
    46. Woche 2010
    In Basel wollte der Herbst kein Herbst sein. Achtzehn Grad, die Sonne schien, eine Art kühler Sommertag. Dabei hatten wir den 13. November, und die Bäume waren kahl. Der »Zolli« von Basel ist ein altmodischer Stadtzoo, eine Bahnstrecke führt quer hindurch, Häuserreihen drängen die Tie
re auf einem langgestreckten Gelände zusammen. Kein einziger Affe war zu sehen, dafür zwei hohe Kräne. Ich hatte mein neues Hobby bei mir, meine Sony Cyber-Shot. Sehr viele Fotos machte ich von den beiden Okapis und eins von einem Nashorn, das ich direkt vor der Nase hatte und trotzdem mit Megazoom noch näher heranholte. Das ist also ein sehr künstlerisches Foto geworden. Und wieder konnten einige Tiere auf meiner Noch-nicht-gesehen-Liste abgehakt werden: der Javaneraffe, der Kleine Kudu, Wildesel, die Graue Gehörnte Heidschnucke, das Zwergzebu und nicht zu vergessen der Brillenkauz. Er ist außergewöhnlich schön, Eulen bevorzugen ja oft Grautöne, der Brillenkauz dagegen Braun und Weiß. Auf vielen meiner Fotos war der Zaun scharf und die Tiere dahinter verschwommen. Das machte ich nicht mit Absicht, die Sony Cyber-Shot machte es für mich. Nach zwei Stunden zeichnete sich deshalb allmählich ein Thema ab: das Wesen des Zoos. Dieses Thema behandelte ich immer wieder auf andere Weise: Ein Flußpferd erwischte ich im Moment des

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