Komm, dunkle Nacht
wandte sich ihr wieder zu.
»Nun rede. Langsam und deutlich. Wer ist tot?«
Plötzlich hatte sie das Gefühl, sich nicht länger aufrecht halten zu können. Sie lehnte sich gegen den Kotflügel des Wagens.
»Chavez. Und Smith. Er ist im Wagen. Ich dachte, er wäre es, der mir folgte. Er sagte, nur er allein sei mir von der Ranch aus gefolgt, aber da muss noch …«
»Schsch … Augenblick mal …« Er ging um den Wagen
herum, zog ein Taschentuch, öffnete damit vorsichtig die Fahrertür und sah hinein. »Mein Gott.« Er schlug die Tür zu und kam wieder zu ihr. »Und Chavez?«
»Im Wald. Hinter einem Haufen Steine. Meine Schuld. Ich habe ihn allein in den Wald geschickt.«
»Zeig mir, wo.«
»Ich weiß nicht, ob ich die Stelle finde.« Sie rieb sich die Schläfe. »Aber Monty kann es.« Der arme Monty, es würde ihm schwer fallen, zu dem toten Chavez zurückzukehren. Sie hatte ihm einen Lebenden versprochen und stattdessen hatte er nur einen weiteren Toten gefunden.
»Wenn es ungefährlich für ihn ist. Ich werde nicht zulassen, dass irgendein Irrer auf meinen Hund schießt.«
»Er ist nicht irre. Und wenn er die Polizisten sieht, wird er so schnell wie möglich verduften.«
»Woher willst du das wissen? Du glaubst, es ist Rudzak, stimmt’s?«
»Du etwa nicht?«
Sie wusste nicht, was sie glauben sollte. Das Denken fiel ihr schwer. Doch anscheinend bedurfte die Frage ohnehin keiner Antwort, denn Logan ging von ihr weg auf die Streifenwagen zu, die soeben auf den Parkplatz gefahren waren.
Monty blieb zehn Schritte vor dem Steinhaufen stehen und weigerte sich weiterzugehen. Sie zwang ihn nicht dazu. Auch sie hatte keine Neigung, das blutbefleckte Messer noch einmal zu sehen.
Sie wies die Richtung mit ihrer Taschenlampe. »Da ist er.«
Logan und die vier Beamten gingen näher heran und leuchteten dabei vor jedem Schritt den Boden zu ihren Füßen ab.
Sie wusste, dass sie bemüht waren, keine wertvollen Spuren zu zerstören, aber die letzten paar Meter schienen eine Ewigkeit zu dauern.
Bitte. Werdet endlich fertig und lasst uns nach Hause gehen.
Sie wandte den Blick ab, doch sie hörte das Murmeln ihrer Stimmen, als die Männer sich neben Chavez auf den Boden knieten.
»Sarah.« Logan kam zu ihr zurück. »Lieutenant Carmichael will mit dir sprechen.«
»Was soll ich …«
»Komm einfach mit, okay?«
»Nein, es ist nicht okay.« Dennoch ging sie auf den Steinhaufen zu. »Bleib da, Monty.«
»Tritt auf die Steine, damit du nicht …«
»Ich weiß.« Sie stand neben der Leiche des Ermordeten und sah Lieutenant Carmichael in die Augen. »Sie wollten mich sprechen?«
»Wir dürfen die Leiche nicht umdrehen, aber der Kopf ist auf die Seite gedreht.« Er wies sie an, neben ihm in die Hocke zu gehen. »Sehen Sie sich das Gesicht an.«
Sie wollte ihn nicht ansehen. Sie tat es trotzdem. Augen und Mund waren geöffnet. Der Tod musste ganz plötzlich und überraschend gekommen sein und …
Sie erstarrte. »Es ist nicht Chavez.«
»Sind Sie sicher?«
»Natürlich bin ich sicher.« Sie starrte benommen in die Züge des toten Mannes. »Es ist nicht Chavez.«
»Danke.« Er gab Logan ein Zeichen und half ihr auf die Füße.
»Sie können mit ihr zur Raststätte zurückkehren. Aber fahren Sie nicht weg, bevor wir sie nicht vernommen haben.«
»Komm, Sarah.« Logan drängte sie sanft hügelaufwärts, wo Monty auf sie wartete.
»Es ist nicht Chavez. Ich dachte, ich hätte ihn geradewegs seinem Mörder in die Hände geliefert, aber es ist nicht Chavez.«
Logan war still. Zu still.
»Was ist?«
»Es war Chavez, Sarah.«
»Nein.«
»Diese Polizisten kannten ihn, sie haben jeden Tag mit ihm zusammengearbeitet, es war Chavez.« Seine Hand drückte ihren Ellenbogen. »Und er ist schon lange tot. Die Totenstarre hat schon eingesetzt.«
Sie starrte ihn verwirrt an. »Ich habe den ganzen Nachmittag mit ihm verbracht. Er war …« Sie holte tief Luft, als ihr plötzlich ein Verdacht kam. »Rudzak?«
»Wie sah er aus?«
»Groß, etwas über Vierzig. Feine Züge, graue Augen, weißes Haar.« Sie sah ihn an.
»Rudzak?«
Er nickte.
»Aber ich … ich mochte ihn.«
»Jeder mag Rudzak. Er hat ein phänomenales Talent, sich beliebt zu machen. Wahrscheinlich hat auch Chavez ihn gemocht. Der Lieutenant meint, dass Chavez gezwungen wurde, Helen Peabody anzurufen und dich anzufordern, bevor er umgebracht wurde. In der Einsatzzentrale ist er seit heute Morgen zehn Uhr nicht mehr gesehen worden.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher