Komm für mich: Erotischer Roman (German Edition)
sanft beleuchteter, einladender Ort, den man durch eine offene und sehr elegante Doppeltür betritt. Ist Daniel bereits da? Wartet er schon auf mich? Er hatte gesagt, er würde versuchen, rechtzeitig da zu sein. Aber laut seiner SMS hat die Fahrt nach London mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet.
Noch haben wir nicht konkret besprochen, was wir heute Abend spielen werden. Im Moment liegen wir irgendwo zwischen Fantasie und Realität, auf einer sich ständig verändernden Grenze. Sind wir Gwendolynne und Daniel? Oder Gwendolynne und Nemesis? Ich bin nicht mal sicher, ob uns das überhaupt noch wirklich interessiert. Wir sind einfach nur zwei Menschen, die in einer vorübergehenden Beziehung ihre Fantasien ausleben. Eine von diesen Personen ist wahrscheinlich recht angetan von der anderen. Und die andere ist verliebt wie ein alberner Trottel. Aber ich werde mir jetzt keine Gedanken darüber machen und uns so den Spaß verderben.
Die Lawns Bar sieht wirklich toll aus. Sie ist warm und geräumig, und die Stimmung ist irgendwie sexy. An den Tischen und an der Bar werden leise Gespräche geführt, und im Hintergrund ist die tiefe Stimme von Sarah Vaughan zu hören. Während ich mich umsehe, wird mir klar, dass das Waverly seinen Ruf scheinbar nicht umsonst hat. Diese Erkenntnis macht mich allerdings ausgesprochen nervös. Schließlich traue ich mich ganz allein als Frau an solch einen berüchtigten Ort. Meine Haut kribbelt, als wären alle Augen nur auf mich gerichtet. Und auch wenn das nicht ganz stimmt, so bemerke ich doch einige Blicke, die in meine Richtung gehen. Von Daniel ist nichts zu sehen. Um meine innere Aufgeregtheit nicht preiszugeben, schlendere ich, so selbstbewusst es geht, zu der langen, indirekt beleuchteten Bar. Dabei weiß ich genau, dass sich Hüfte und Po durch die ungewohnt hohen Schuhe hin- und herwiegen wie bei Marilyn Monroe in Some Like It Hot.
Ich habe Glück, dass ich in diesem gut besuchten Etablissement tatsächlich einen freien Barhocker finde, und lasse mich so elegant wie möglich darauf nieder. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was ich sagen sollte, wenn mich jemand außer Daniel ansprechen würde, und konzentriere mich daher lieber auf die Frage, welches Getränk ich mir bestelle. Etwas Schwaches, um einigermaßen bei Verstand zu bleiben, oder etwas Starkes, um meine Nerven zu beruhigen?
Reiß dich zusammen, Gwen! Da kommt der Barkeeper. Und was für ein Barkeeper! Eine große Gestalt in einem perfekten, dunklen Anzug gleitet auf mich zu. Er sieht nach einem Europäer aus. Ein bisschen gewollt vielleicht, aber trotzdem umwerfend. Sein Haar ist pechschwarz und zu einem strengen Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Er trägt eine Brille mit Goldrand und hat einen hinreißenden Schmollmund. Schon wieder ein scharfer Typ mit Brille. Was ist das nur mit denen?
»Was darf ich Ihnen anbieten?« Sein italienischer Akzent bringt mich ein wenig aus dem Gleichgewicht – auch wenn er eigentlich gar nicht so recht mein Typ ist. Der Kerl ist bei weitem zu glatt und scheint sich ziemlich viel auf sein Aussehen einzubilden. Außerdem ist er nicht Daniel. Trotzdem hat seine Anwesenheit eine gewisse Auswirkung auf meine Hormone. »Vielleicht ein Glas von unserem heutigen Hauswein?«, schlägt er vor, als ich nicht sofort antworte. »Der ist wirklich gut.«
»Ja! Das wäre wundervoll. Danke schön.«
Er geht davon und kehrt mit meinem Wein zurück. Nach einem italienischen Trinkspruch, der irgendwie schmutzig klingt, es aber wahrscheinlich gar nicht ist, zieht er sich wieder zurück.
Am liebsten würde ich das Glas auf einen Zug in mich hineinschütten, begnüge mich dann aber doch mit kleinen Schlucken. Der Wein ist tatsächlich sehr gut. Ein sanfter und doch recht starker Frascati mit einer leichten Apfelnote, dessen feinere Nuancen ich aber in meiner Aufregung kaum schmecken kann.
Wo ist Daniel? Nemesis? Wer auch immer? Ich sehe mich erneut in der Bar um und versuche, nicht auf meinem Barhocker hin- und herzurutschen. Glücklicherweise bin ich es von einigen meiner Arbeitsplätze in der Bibliothek gewohnt, auf so einem Ding zu sitzen, und kriege es daher recht gut hin. Solange mein vermeintlicher Freier noch nicht hier ist, nutze ich die Zeit und denke darüber nach, warum dieser Ort solch einen eindeutigen Ruf hat.
Genau wie im Foyer sieht auch hier in der Bar alles völlig normal aus. Auf den ersten Blick. Doch mir fällt schnell auf, dass ein oder zwei Frauen überhohe High Heels
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