Komm, ich zeig dir die Liebe
seine Wohnungstür offen stand. Mit dem Rücken zu ihr gewandt, war er gerade dabei, etwas hineinzutragen. Nun schloss er die Tür hinter sich, und sie sah nichts mehr.
Sie hätte zu gern gewusst, was er vorhatte. Doch dann rief sie sich erneut ins Gedächtnis, dass sie das nichts anging, weil sie ja entschieden hatte, sich nicht um Brian Haley zu kümmern.
Leider konnte sie sich jedoch immer noch viel zu gut an die wohlige Hitze erinnern, die sie empfunden hatte, als er sie vor ein paar Tagen berührt hatte.
„Lächerlich”, murmelte sie und kehrte entschlossen zu ihrem Schreibtisch zurück, auf dem sich die Arbeit türmte, der sie schon den ganzen Tag ausgewichen war. Doch kaum hatte sie sich hingesetzt, meinte sie, etwas gehört zu haben.
Sie lauschte, und als das Geräusch wiederkehrte, ging sie zum Fenster und öffnete es. Sie reckte sich nach draußen, um herauszufinden, von wo das zarte Wimmern kam, aber sie sah nichts.
Es dämmerte bereits, und niemand war auf der Straße unterwegs. Kathy vermutete, dass die meisten Leute jetzt beim Abendbrot saßen. Eine leichte Sommerbrise wehte in ihr Zimmer und wirbelte die Papiere auf ihrem Schreibtisch durcheinander. Sie wandte sich um und legte einen kleinen Briefbeschwerer aus Rosenquarz auf die Papiere.
Vielleicht bilde ich mir das zarte Wimmern auch nur ein, dachte Kathy. Es gab hier doch gar kein Baby. In diesem Haus wohnten vier Parteien. Im Erdgeschoss waren die Wohnungen von Mrs. Cassidy und Mrs. Steinberg. Beide waren weit über sechzig, und keine hatte Enkel, die zu Besuch kamen. Denn das hätte sie sicher längst von diesen mitteilsamen Damen erfahren. Oben wohnten nur sie und Brian Haley. Da sie kein Kind hatte und sie sich Brian erst recht nicht mit einem Baby vorstellen konnte, musste sie sich dieses zarte Wimmern also nur eingebildet haben, was vermutlich darauf zurückzuführen war, dass sie unter akutem Koffeinmangel litt.
Deshalb ging sie gleich in die Küche, um sich erst einmal einen Kaffee zu kochen.
„Gönn mir nur ein kleines Päuschen, mein süßes Mäuschen”, bat Brian, während er mit der einen Hand das Baby auf der Hüfte wiegte und mit der anderen den Hörer ans Ohr hielt, in das seine Mutter gerade einen Redeschwall ergoss.
Mary Haley, die zwar erstaunt, aber auch entzückt darüber war, dass sie wieder Großmutter geworden war, fühlte sich bemüßigt, ihren Sohn zunächst einmal in seine Vaterrolle einzuführen.
Maegan schniefte und rieb sich mit ihren kleinen Fäusten die Augen, wobei sie den Kopf so heftig schüttelte, dass die Schmetterlingsspange aus ihrem Haar rutschte und zu Boden segelte.
„Ich hätte dich doch noch länger bei Jack und Donna lassen sollen”, murmelte Brian und fing wieder an, sie hin und her zu schaukeln. Er meinte sich zu erinnern, dass einer seiner Neffen sich immer besonders leicht hatte beruhigen lassen, wenn man ihn so richtig durchgeschaukelt hatte. Er hoffte, dass Maegan da ähnlich veranlagt war.
„Was hast du gesagt?” fragte seine Mutter. „Bei wem hast du sie gelassen? Und wie lange?”
Er rollte genervt mit den Augen. „Bei Freunden, nur für ein paar Stunden.” Er versuchte die Erinnerung an Jacks entsetztes Gesicht zu verdrängen, als der ihn mit einem Baby auf dem Arm gesehen hatte. Doch zum Glück hatte Donna ihren Mann vorerst nicht groß zu Wort kommen lassen, als sie die Panik in seinen, Brians, Augen bemerkt hatte. So stand ihm Jacks Verhör noch bevor.
Brian atmete tief durch. Nur nicht aufregen. Er durfte seine Mutter jetzt nicht verärgern, denn sie war im Moment die einzige Frau, bei der er sicher sein konnte, dass sie ihm helfen würde. Sie war immer eine aufopferungsvolle Großmutter gewesen, und sie liebte Babys.
„Ich musste Einkäufe machen”, erklärte er, „und wollte sie nicht durch die ganzen Läden mitschleppen.”
„Also hast du dem armen Kind heute noch mehr fremde Gesichter zugemutet?” warf ihm seine Mutter vor.
„Es schien ihr nichts auszumachen”, erwiderte er. Tatsächlich hatte er eher den Eindruck gehabt, dass das kleine Mädchen froh war, ihren Vater loszuwerden. Vielleicht passte es Babys nicht, wenn ihr Vater Angst hatte.
„Wie sieht sie denn aus, meine kleine Enkelin?” fragte seine Mutter gespannt.
Als Maegan wieder ihr Mündchen aufmachte, um ausgiebig zu schreien, seufzte Brian.
„Sie hat ziemlich kräftige Stimmbänder” , antwortete er erschöpft.
„Das hört man”, sagte seine Mutter und lachte.
„Hör mal, Ma
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