Komm mit auf die Insel unserer Liebe
sie heiraten, und sie hingegen brachte nicht einmal den Mut auf, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie würden das Problem schon lösen, hatte er gemeint, aber da täuschte er sich. Für manche Probleme gab es einfach keine Lösung.
Jace saß auf glühenden Kohlen. Wenn diese alberne Fotositzung doch nur endlich fertig wäre! Immer wieder blickte er ungeduldig zum Foyer hinüber, doch von Eleanor war nichts zu sehen. Wo zum Teufel steckte sie? Seit er ihr seine Liebe gestanden und ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte, schien sie völlig durch den Wind zu sein. Eigentlich hatte Jace erwartet, dass sie vor Freude einen Luftsprung machen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Eleanor hatte regelrecht schockiert gewirkt, und Jace wusste nicht, warum.
Als der Fotograf die Gruppe noch einmal neu positionieren wollte, riss Jace der Geduldsfaden. Er musste zu Eleanor, und zwar sofort! Er löste sich ungeduldig von den anderen und lief davon.
„Jace, was machst du denn, wo willst du hin?“, rief Alicia ihm noch nach, doch er hörte sie schon gar nicht mehr.
Etwas stimmte nicht, das spürte er ganz genau. Sein Herz klopfte wie verrückt, und er verfluchte sich dafür, dass er Eleanor aus den Augen gelassen hatte. Verdammt, warum hatte er nicht besser auf sie aufgepasst?
Ich muss weg von hier, und zwar so schnell wie möglich, dachte Eleanor verzweifelt. Wenn sie hierblieb, würde Jace sie noch einmal fragen, ob sie seine Frau werden wollte, und dann wäre sie gezwungen, ihm die Wahrheit zu sagen. Aber das konnte sie einfach nicht, sie brachte es nicht fertig, seine Träume zu zerstören. Warum war sie nur mit auf diese Insel gekommen? Sie hätte doch wissen müssen, wohin das alles führen würde!
Aber wie sollte sie von dieser Insel kommen? Per Flugzeug ging es nicht, also brauchte sie ein Boot. Und dafür gab es nur eine einzige Möglichkeit: der Ziegenbauer! Eleanor rannte in ihr Zimmer, zog sich hastig um, steckte Geld und Ausweis ein und schlich sich dann durch die Hintertür aus dem Haus. In der Dunkelheit konnte sie den Weg zum Bauernhaus kaum erkennen. Mehrmals stolperte sie und fiel beinahe hin, bis sie nach etwa zehn Minuten atemlos dort ankam.
Eleanor holte tief Luft, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und klopfte an die Tür. Gleich darauf öffnete ein etwa sechzig Jahre alter Mann mit grauem Haar und wettergegerbtem Gesicht. Er hielt eine große Tasse in der Hand und sah Eleanor verwundert an.
„ Yassas … parakalo … “, begann sie aufgeregt, doch mehr fiel ihr leider nicht ein.
„Ich spreche Englisch“, sagte da der Mann zu ihrer Erleichterung.
„Oh, Gott sei Dank! Können Sie mich … in Ihrem Boot nach Naxos bringen?“
Der Mann zog überrascht die Brauen hoch. „Jetzt gleich?“
„Ja bitte, wenn es irgendwie möglich ist.“ Sie zog ein paar Geldscheine aus der Hosentasche und hielt sie ihm entgegen. „Bitte, es ist sehr, sehr wichtig!“
Irgendetwas musste ihn überzeugt haben, entweder die Entschlossenheit in Eleanors Blick oder die Verzweiflung, die aus ihrer Stimme klang. Er steckte die Scheine ein und nickte. „Ich zieh nur meine Schuhe an. Mit dem Boot brauchen wir ungefähr zwanzig Minuten.“
Schon wenig später standen sie am Strand. Als Eleanor jedoch das kleine, ziemlich lädierte Ruderboot sah, das angetaut vor ihr im Sand lag, stieg leichte Panik in ihr auf. „Ist das das einzige Boot, das Sie haben?“, fragte sie nervös.
„Es gibt noch ein Motorboot, aber das gehört Mr Zervas, und ich müsste ihn erst fragen.“ Der Mann musterte sie prüfend, und Eleanor fragte sich, was er jetzt wohl von ihr denken mochte. Schließlich war es alles andere als normal, wenn jemand so spät abends mit dem Ruderboot nach Naxos wollte.
„Nein, nein, das ist nicht nötig“, versicherte sie schnell. Bloß weg von hier, egal wie!
„Eleanor! Was zum Teufel tust du da?“
Sie wirbelte herum und sah Jace auf sich zukommen. Er schien außer sich vor Wut zu sein. „Jace, ich …“
Doch weiter kam sie nicht, denn er redete schon auf den Ziegenbauern ein, woraufhin der nur die Schultern zuckte und zurück zu seinem Haus ging.
„So, und jetzt zu dir“, wandte Jace sich wieder an Eleanor. „Was soll das Ganze? Willst du dich klammheimlich aus dem Staub machen, nur um dich an mir zu rächen?“
„Um mich zu rächen?“, wiederholte sie verständnislos. „Wie kommst du nur auf …“
„Damit ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man verlassen wird?“, fuhr er wütend fort.
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