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Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Titel: Komm mit mir, liebes Hausgespenst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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direkt... unheimlich“, stotterte Karl.
    „Ach, Unsinn!“ behauptete Monika.
    Sie hatte die Worte noch nicht voll ausgesprochen, als sie fühlte, wie ihre Füße sich vom Boden hoben. Samt Korb flog sie bis zur Decke der Kabine hinauf.
    „Das ist... das ist nicht möglich!“ schrie der Steward.
    Monika hatte nicht ein bißchen Angst, sie wußte nur nicht, wie sie den Vorgang erklären sollte. „Es muß sich... ein Gas in dem Korb gebildet haben!“ rief sie herunter. „Wie in einem Ballon, verstehen Sie?“ Sie schwebte unter der Decke hin und her.
    Der Steward packte sie an den Füßen, um sie herabzuziehen.
    „Vorsicht, ich lasse los!“ rief Monika.

    Gleich darauf purzelten sie beide übereinander auf den Fußboden. Der Korb schwebte weiter an der Decke.
    Monika und der Steward sahen sich an.
    „Ich glaube“, sagte Monika nach einem Moment der Sprachlosigkeit, „es wird doch besser sein, wenn Sie erst die Betten in den anderen Kabinen machen.“
    Der Steward rappelte sich auf. „Ich werde Hilfe holen!“
    „Tun Sie das nicht!“ Auch Monika war wieder auf die Füße gekommen. „Es ist mein Korb, und ich werde schon allein mit ihm fertig.“
    „Aber ich kann dich doch nicht in dieser Situation...“
    „Doch, Sie können!“ Monika setzte ihre finsterste Miene auf und versuchte, ihre grünen Augen unheimlich funkeln zu lassen. „Und wehe, Sie verraten einer Menschenseele ein Wort von dem, was Sie hier erlebt haben! Ein einziges Sterbenswort... und Sie werden es bereuen!“
    „Ich sage nichts! Zu niemandem!“
    „Das ist nett von Ihnen, Karl! Wer würde Ihnen auch glauben?“

Na dann, viel Spaß!

    Als Monika allein war — natürlich nicht wirklich allein, denn Amadeus schwebte immer noch im Korb unter der Kabinendecke — , schloß sie vorsichtshalber die Tür von innen ab.
    „Genug, Amadeus!“ sagte sie sehr leise, aber scharf. „Komm runter!“
    Der Korb senkte sich um keinen Zentimeter.
    „Na schön“, sagte Monika, „jetzt weiß ich wenigstens, daß du noch da bist. Das ist auch etwas wert.“
    Sie dachte nach. Vielleicht hatte Amadeus keine Möglichkeit, sich zu äußern, wenn er in dem mit frommen Sprüchen verkleisterten Korb saß?
    „Willst du mit mir reden?“
    Der Korb kippte vor und zurück, als wollte er „ja“ sagen.
    „Ich werde dich rauslassen“, versprach Monika.
    Sie hatte es kaum ausgesprochen, da sank der Korb herab und setzte sich lautlos auf das Sofa. Nacheinander machte Monika alle vier Verschlüsse auf und hob den Deckel.
    Amadeus kletterte heraus. Er war viel kleiner als gewöhnlich, aber ganz richtig proportioniert und genauso gekleidet wie immer. Monika betrachtete den winzigen Amadeus im winzigen hellblauen Seidenfrack, winzigen Rüschenhemd, winzigen weißen Strümpfen und winzigen schwarzen Schuhen mit Silberschnallen voller Staunen.
    „Wieso bist du denn auf einmal so klein?“

    „Sonst hätte ich doch keinen Platz in dieser... bannette epouventable!“
    Monika verstand. „Du hättest keinen Platz in deinem Korb? Das leuchtet mir ein. Aber wäre es nicht bequemer für dich, du bliebest unsichtbar?“
    „Es ist Geisterstunde“, verkündete er mit dumpfer Stimme.
    „I woher denn! Es ist gerade erst sechs vorbei!“
    „Nach meiner Rechnung ist es Geisterstunde.“ Während er sprach, wuchs Amadeus zusehends, bis er die Größe eines zwölfjährigen Jungen erreicht hatte.
    „Jetzt geht mir ein Seifensieder auf!“ rief Monika. „Du richtest dich nach der Uhrzeit in Deutschland... Hier aber, auf den Bahamas, gehen die Uhren anders.“
    „Das können sie nicht.“
    „Sie müssen es sogar.“ Sie hielt ihm ihre Armbanduhr vor die Nase. „Sieh selber!“
    Amadeus ließ sich so leicht nicht überzeugen. „Du hast sie verstellt“, sagte er.
    „Sicher habe ich das. Ich muß mich doch nach der Uhrzeit richten, die hier auf dem Schiff ist!“
    „Ich werde alle Uhren verstellen!“ drohte Amadeus.
    „Das sähe dir ähnlich. Aber es würde dir gar nichts nutzen. Guck doch mal aus dem Bullauge „Aus dem... was?“
    „Aus dem Fenster! So ein rundes Fenster auf einem Schiff heißt Bullauge. Was siehst du da?“
    Amadeus bewegte sich zum Fenster. „Weiß nicht, was das ist.“
    „Ein Kai, das ist ein Landeplatz im Hafen, an dem Schiffe anlegen. Aber das meine ich gar nicht. Merkst du denn nicht, daß draußen noch heller Tag ist? Wie kann es dann Mitternacht sein?
    „Weil ich es weiß“, sagte Amadeus hartnäckig.
    „Du bist falsch orientiert!“

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