Komm schon
wurde hier definitiv auf eine harte Probe gestellt. Von den coolen Anmachsprüchen, die ihm sonst stets über die Lippen kamen, fiel ihm jetzt partout keiner ein. Er wollte lieber gar nicht erst darüber nachdenken, weshalb sie eine solche Wirkung auf ihn ausübte - denn dann musste er sich womöglich eingestehen, dass sie ihm allmählich zu viel bedeutete. Dabei wollte er sich ihr gefühlsmäßig auf keinen Fall ausliefern.
Er hatte sich geschworen, nie wieder einem Menschen dieselbe emotionale Angriffsfläche zu bieten wie damals seinem leiblichen Vater. Sophie war eindeutig im Begriff, sich einen Weg in sein Herz zu bahnen - ein guter Grund, die Sache mit ihr auf eine kurze Affäre zu beschränken, ehe sie wegen ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten das Weite suchte.
»Können wir gehen?«, wollte sie wissen, während sie sich einen Sarong um die Hüften schlang.
»Wenn du mich in diesem Aufzug mitnimmst.«
Sie musterte ihn wohlwollend. Er war auch in Shorts und T-Shirt eine richtige Augenweide. »Mit den Rentnern kannst du allemal mithalten«, sagte sie und hoffte inständig, dass sie mit ihrem kleinen Scherz ihre Unsicherheit und Nervosität kaschieren konnte.
Trotz des Sarongs fühlte sie sich in ihrem Bikini ziemlich nackt.
Er trat näher, sodass sie seine überwältigende Körperwärme spürte und sein Rasierwasser roch. »Die Frage ist eher, ob ich mit dir mithalten kann.« Sein warmer, minzfrischer Atem streifte ihre Wange.
Sophie nahm all ihren Mut zusammen. »Das werden wir ja sehen.«
Er riss die Augen auf. »Ich hoffe nur, du weißt, worauf du dich da einlässt, Süße.«
Sie schluckte schwer, hielt seinem Blick jedoch mit eiserner Entschlossenheit stand. »Oh, ja, das tue ich.« Wenn sich Sophie Jordan nämlich erst einmal zu etwas durchgerungen hatte, dann stand sie zu ihrer Entscheidung und blickte nicht zurück.
Da hatte sie sich seit Jahren zu einem Mann hingezogen gefühlt, den sie für einen Schürzenjäger, ja, einen Playboy gehalten hatte, einen eingebildeten Profisportler und Rebellen. Doch in den vergangenen paar Stunden hatte sie erfahren, dass er von seinem richtigen Vater ignoriert worden war und den Schmerz überlebt hatte. Dass er nicht nur eine Tochter hatte, sondern auch ein Herz.
Schon bei der Ankunft am Flughafen war ihr klar gewesen, dass sie ihn gut genug kannte, um sich eine Affäre mit ihm zu gestatten. Sie wusste natürlich, dass sie bis zur Halskrause in Schwierigkeiten steckte, aber das war ihr egal, trotz ihrer sonstigen Vorsicht.
All das rief sie sich noch einmal in Erinnerung, als sie nun Hand in Hand zum Pool spazierten. Ihr war klar, was geschehen würde, sobald sie zu ihrem Haus zurückkehrten. Doch von der verzehrenden Leidenschaft einmal ganz abgesehen verband sie auch der Wunsch, endlich seinen Vater zu Gesicht zu bekommen.
Es war ein ausgesprochen milder Abend. Limboklänge wehten ihnen schon von Weitem entgegen und erinnerten Sophie an ihre Kindheit, an die zahllosen Geburtstagspartys, die Onkel Yank und Lola für sie organisiert hatten.
Der Weg zum Gemeinschaftspool war mit Fackeln gesäumt, und die Feier war bereits in vollem Gange: Aus den Boxen dröhnte »Limbo Rock« von Chubby Checker, zahlreiche ältere Herren mit Glatze oder grauem Haar hopsten im Takt um den Pool herum. An willigen Tanzpartnerinnen schien es ihnen nicht zu mangeln. Ein paar ganz Wagemutige schlängelten sich unter der Limbostange hindurch.
»Es wundert mich nicht, dass Daria und Konsorten sogar Spiele vorbereitet haben.« Sophie lachte.
»Das klingt ja fast so, als würde dir das alles Spaß machen.«
Sie wandte sich ihm zu. »Überrascht dich das etwa?«
Er hob eine Augenbraue. »Na, klar. Ich hatte angenommen, du wärst...«
»Zu verklemmt, um mal einen draufzumachen und mich zu amüsieren?« Sie wusste genau, was er von ihr hielt - kein Wunder eigentlich, bei ihrem Benehmen.
»Ich würde dich nur zu gern einmal so richtig außer Rand und Band erleben.« Er blinzelte und ging weiter.
Außer Rand und Band, das kam bei ihr so gut wie nie vor. Sie sah an sich herunter und musste zugeben, dass sie nichts mehr mit der Sophie gemein hatte, die heute Morgen neben ihm im Flugzeug gesessen hatte. Das konnte sie sich auch nicht leisten, wenn sie ihre Zeit mit Riley genießen wollte. Andererseits war die Tatsache, dass sie sogar bereit war, für ihn über ihren Schatten zu springen, nur ein Grund mehr, sich davor zu fürchten, was zwischen ihnen noch geschehen
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