Komm, trau dich
Aber wir sind doch Freunde."
„Stimmt."
„Freunde in der Bedeutung von Kumpel, Kamerad, Vertrauter."
„Das habe ich durchaus bedacht."
Er setzte sich etwas gerader „Ach?"
Sie nickte. Eine Locke machte sich selbstständig und berührte ihre Schläfe. Fast hätte er die Hand ausgestreckt und sie zurückgeschoben.
Aber plötzlich schien eine Geste, der er noch vor wenigen Minuten keinen weiteren Gedanken geschenkt hätte, voller sexueller Untertöne zu sein. Was sollte er bloß tun?
„Trevor, ich mag dich mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt. Ich kenne dich. Ich kenne deine Gewohnheiten und deine Eigenheiten. Ich fühle mich in deiner Gegenwart wohl."
„Vielleicht fühlen wir uns deshalb so wohl, weil wir nicht zusammen schlafen. Vielleicht würde Sex nur alles verderben."
„Ja, es besteht natürlich die Möglichkeit, aber ich glaube es eigentlich nicht."
„Warum nicht?"
„Weil wir mit offenen Augen in diese Sache hineingehen würden. Es ist ja nicht so, dass wir unsere Gefühle ändern müssten. Ich liebe dich, und ich weiß, du liebst mich. Keiner von uns möchte das verderben.
Ich will nicht heiraten, du auch nicht, da machen wir uns nichts vor.
Schau dir Katy und Ben an. Die waren zuerst auch Freunde."
„Sie haben nach drei Wochen geheiratet."
„Okay, kein gutes Beispiel."
„Ich weiß nicht, Lee." Er schüttelte den Kopf. „Das Ganze scheint mir doch zum Scheitern verurteilt zu sein."
„Ich sehe das nicht so. Entweder es gefällt uns, dann machen wir weiter und werden einiges von unserer aufgestauten Energie los. Oder aber es gefällt uns nicht, und wir reichen uns die Hände und leben weiter wie bisher. Was ist daran so riskant?"
„Es gibt da eine Kleinigkeit, die du vergisst. Intimität. Sie hat schon viele Beziehungen verändert."
„Mit uns ist das anders", erwiderte Lee selbstsicher. „Wir sind schon miteinander intim."
„Nein, sind wir nicht."
„Dusch ich jeden Sonntagmorgen in deinem Haus, ja oder nein?"
„Ja, aber ich wasche dir nicht den Rücken. Außerdem meinte ich diese Art von Intimität ja gar nicht."
„Ach so, du meinst emotionale Intimität."
„Genau. Die Art von Intimität, die wehtut. Du erinnerst dich."
Ein Schatten flog über ihr Gesicht, aber sie hob entschlossen das Kinn. „Ich denke nicht, dass das wichtig ist."
„Nein?"
„Nein. Ich liebe dich, aber ich bin nicht in dich verliebt. Sex wird daran nichts ändern."
„Wie kannst du dir da so sicher sein?"
„Trevor, lass mich dich etwas fragen. Warst du mit jeder Frau, mit der du geschlafen hast, auch gefühlsmäßig verbunden?"
„Na klar."
„Lügner."
„Ich?" rief er beleidigt
„Ich weiß doch, dass das nicht stimmt. Erinnerst du dich an Sandy soundso? Aus Teaneck? Du hast sie nicht einmal richtig gemocht.
Und dann war da die Blondine mit den dicken Augenbrauen. Du hast selbst gesagt, dass es zwischen euch nur Sex war."
„Zugegeben. Aber das waren Ausnahmen", wandte er ein.
„Dann werde ich eben auch eine sein."
„Die anderen waren aber nicht meine beste Freundin."
„Dann werde ich eben die große Ausnahme sein. Wir könnten alles haben und die besten Freunde und Bettgenossen sein. Es ist das Einfachste der Welt. Es wird nur dann schief gehen, wenn wir uns nicht die Wahrheit sagen. Aber wir haben uns ja nie belogen."
Er griff nach der Kaffeetasse. „Ich weiß nicht. Ich bin glücklich, so wie es jetzt ist."
„Ich bin ja auch nicht unglücklich. Ich nehme an, ich bin in letzter Zeit nur ein bisschen ..."
„Scharf?"
Sie lachte. „Das auch, aber nicht nur das. Ich fühle mich nicht einsam, wirklich nicht. Mein Leben bringt mir Spaß. Es ist eher wie mit dem Affenbaby und der Lumpenpuppe."
„Ach so. Ich hab mich schon gefragt, wann du das erwähnen würdest", bemerkte er sarkastisch.
Lee seufzte ungeduldig. „Der Dokumentarfilm vom National Geographie über das Affenbaby, das keine Mutter hat und sich deswegen gefühlsmäßig an die Stoffpuppe gebunden hat. Weißt du das denn nicht mehr?"
„Ich erinnere mich an den Dokumentarfilm, ich sehe nur nicht den Zusammenhang."
„Ich möchte mich gefühlsmäßig binden, aber lieber an einen Freund als an ein Stück Stoff."
„Du kannst dir vorstellen, wie sehr es mich freut, dass du mich einem Handtuch vorziehen würdest."
„Ach, hör auf. Du weißt, was ich meine."
„Ich soll eine Art Ersatzliebhaber sein."
„Genau." Sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, das mit dem Grübchen in der Wange. „Wirst du
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