Komm wieder zurück: Roman
Reporter beugen sich hinein.
»Nehmen Sie die Kamera aus meinem Gesicht«, sagt Owen. »Bitte.«
Er wendet sich an die Sicherheitsleute. »Hören Sie, ich bin ein Freund. War mal einer. Ich habe hier sogar mal gewohnt«, sagt er, und das letzte Wort bleibt ihm im Hals stecken, was ihn noch weniger überzeugend klingen lässt, als die Idee jetzt erscheint.
Offenbar sind sie unbeeindruckt.
»Haben Sie mal einen Moment Zeit für uns?«, fragt der Reporter, die Kamera fährt über Owens Gesicht.
»Jetzt nicht«, sagt er und wendet sich an die Sicherheitsleute. »Kommen Sie schon! Sie wissen genau, wer ich bin.«
»Warum haben Sie nicht angerufen? Sie haben doch ihre Handynummer, oder?«
Er denkt an all die Kilometer, die er gefressen hat, um hierherzukommen. Er denkt an Tess, die überhaupt nicht ahnt, dass er sie verlassen hat. Er will nicht sagen, dass Annie vermutlich nicht ans Telefon ginge, wenn er sie anriefe. Und wenn doch, hätte sie ihm gesagt, er solle bleiben, wo er war. Sie hätte gesagt, dass sie ihn nicht mehr brauche und er kein Recht habe, hier zu sein, was auch stimmt. Er zittert wieder. Seine Beine sind schwach. Er hat den ganzen Tag nichts gegessen. »Ich warte einfach im Wagen«, sagt er. »Schon gut. Ich warte wie alle anderen.«
»Kennen Sie Calder Walsh?«, schreit der Reporter.
Owen schließt die Tür und startet den Wagen. Er sieht auf die Tankanzeige. Das rote Warnlicht blinkt. Er dreht die Heizung so hoch auf wie möglich und schlüpft in seine Jacke. Dann kramt er ein Päckchen Erdnüsse heraus, das er vor Monaten ins Handschuhfach geworfen hat, und schüttet sie sich in den Mund. Weich und schwabbelig. Sie schmecken nicht mal nach Erdnüssen.
Er schaltet sein Telefon heute zum ersten Mal ein und wählt Annies Festnetznummer. Detour wird zum Telefon hinsehen. Er hat die Angewohnheit, sich aufzusetzen und die Ohren zu kratzen, wenn es klingelt.
Keine Antwort. Er probiert ihr Handy. Das Klingeln wird unterbrochen. Sie scheint abgenommen und sofort wieder aufgelegt zu haben. Er lehnt den Kopf an die Nackenstütze und lässt den Blick über das schwarze Segeltuchverdeck schweifen, wie auf der Suche nach Sternen.
Das Telefon klingelt sofort wieder. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit klappt er es auf. »Annie«, sagt er, plötzlich außer Atem. »Ich bin draußen vor der Tür. Es ist eiskalt. Würdest du mich bitte reinlassen?«
Eine lange Pause.
»Annie?«
»Ich brauche wohl nicht zu fragen, wo du den ganzen Tag gewesen bist. Oder warum dein Telefon ausgeschaltet war.«
»Tess!«
»Würdest du mich bitte
reinlassen
?«
»Bitte!«
»Was ist los? Hast du keinen Schlüssel mehr?«
»Nein. Es gibt ein Tor. Egal. Hör mal«
»Erzähl mir nichts.«
»Warte.«
»Ich kann nicht glauben, dass du mir das antust.«
»Ich habe
nichts
getan.«
»Und Caroline.«
»Ich will nur mit ihr reden, Tess. Und Calder besuchen. Das hat nichts mit dir oder unserem Baby zu tun.«
Ihr Schweigen hält seine Seele in einer Art Fegefeuer gefangen. Endlich muss er für seine Sünden büßen. Ein Nachrichtenteam steht bereit, um zu senden, was noch von ihm übrig ist, wenn er aus dem Wagen steigt.
»Tess?«, sagt er. Sie antwortet nicht. Vielleicht versucht sie, ihm zu glauben. Vielleicht überlegt sie, was sie bei der Scheidung will. Er wird ihr das verdammte Haus überlassen, ohne jeden Zweifel.
»Ich hatte recht«, sagt sie. »Es war Magnus, den ich letztes Jahr interviewt habe.«
»Was?«
»Das ist der mit dem holländischen Architekten, der das Haus gebaut hat, über das ich geschrieben habe. Ich fand den Artikel in meinen Unterlagen. Hast du gewusst, dass Calder mit der Frau von diesem Mann schlief?«
»Da noch nicht. Oder vielleicht doch. Keine Ahnung. Wegen des Timings …«
»Wieso Timing? Warum hast du nie erwähnt, dass Calder auch eine Affäre hatte? So oft, wie du von ihm gesprochen hast, kann ich nicht glauben, dass du so etwas auslassen würdest. Ich hätte dann vielleicht weniger Schuldgefühle gehabt, weil ich mit jemandem fremdgegangen bin, der in einer festen Beziehung war, wenn ich gewusst hätte, dass dein bester Freund das auch macht. Oder hast du es gerade deshalb nicht erwähnt? Weil du wolltest, dass ich ständig Schuldgefühle habe?«
»Warum hätte ich das wollen sollen?«
»Wie viele andere Sachen hast du mir nicht erzählt?«
»Ach komm, Tess.«
»Ich kann mir zumindest einen Grund denken. Den Artikel in deiner Schreibtischschublade. Den mit Annies Foto.«
»Was
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