Komm wieder zurück: Roman
»Und merken Sie sich, wenn Sie mir gegenüber nicht ehrlich sind, kann ich Sie nicht gut verteidigen.«
Ihre untere Zahnreihe ist krumm, kleine verfärbte Pflöcke, die eng zusammenstehen. Das und ihre ganze äußere Erscheinung, zusammen mit der Art und Weise, wie sie ihre Unterlagen immer wieder neu ordnet, vermitteln ihm das Gefühl, dass dies für sie Neuland ist, dass sie in einer anderen Laufbahn gescheitert ist, und jetzt versucht sie es mal in der Justiz.
»Ich bin Ihnen gegenüber ganz ehrlich. Nicht ein einziges Mal habe ich gesagt, dass ich Magnus den Tod wünsche. In Gedanken vielleicht. Klar hab ich daran gedacht. Ja, zum Teufel noch mal, ich dachte, es wäre doch schön, wenn er einfach verschwinden könnte, aber laut hab ich das nie zu jemandem gesagt.«
»Sie haben das Tourette-Syndrom, Mr Walsh. Entschlüpfen Ihnen nicht Dinge gegen Ihren Willen?«
Obwohl das Zimmer ganz weit weg von der Kantine liegt, überzieht der Geruch von verbrannten Kartoffeln die Betonwände und steigt Calder in die Nase. »Jetzt sind Sie auf einmal Ärztin?«
»Ja oder nein?«
»Nein. Zu Ihrer Information, mir entschlüpft nichts. Diese Art Tics habe ich nicht.«
»Aha.«
»Auf welcher Seite stehen Sie?«
Ms Thompson sitzt ihm gegenüber und faltet die Hände auf dem Tisch, als bete sie. »Wir müssen das von allen Seiten betrachten. Die Staatsanwaltschaft denkt, dass Ihre Unfähigkeit, Ihre Tics zu beherrschen, ihr hilft, einen Fall zu zimmern. Sie glaubt, Sie hätten es sich in den Kopf gesetzt, Magnus zu töten, und Sie hätten das rauslassen müssen genau wie einen von Ihren Tics. Sie sagt, Sie hätten zu einem Gärtner, der für Sie arbeitet, gesagt …« Sie bricht ab und blättert in ihren Notizen. »Dieser Gabe Pinckney. Seit wie vielen Jahren arbeitet der für Sie?«
»Seit drei Jahren. Und er hat nach sämtlichen Frauen gelechzt, mit denen ich je aus war.«
»Sie wissen, dass er an jenem Abend einer von den Männern im
Hal’s
war.«
»Das hat man mir erzählt.«
»Er behauptet, Sie dort nie gesehen zu haben.« Sie sieht in ihre Notizen. »Aber er sagt auch, dass er nicht besonders darauf geachtet hat, wer da war.«
»Da haben wir’s.«
»Er hat auch gesagt, dass Sie ihm mal erzählt haben, wer Magnus war, und ich zitiere jetzt: ›Ein gemeines Riesenarschloch, das mal einer aus seinem Elend befreien wird.‹«
»Der Scheißkerl ist nicht nur ein lausiger Gärtner, sondern auch ein dreckiger Lügner.« Calder lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und schüttelt den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Er dreht mir das Wort im Mund herum. Was ich gesagt habe, war, dass Sidsel mir erzählthat, was für ein großer, starker Kerl Magnus war, und sie hat mich vor seiner Wut gewarnt. Sie hatte Angst, was passieren würde, falls er das mit uns beiden herausfände. Sie hatte auch Angst, ihn zu verlassen. Ich glaube, das ist mehr oder weniger, was ich Gabe erzählt habe.«
»War es mehr oder weniger? Was genau haben Sie gesagt?«
»Das war alles. Ich erinnere mich nicht an jedes Wort. Ich weiß nur, dass ich Magnus nie etwas angedroht habe.«
»Ich verstehe.«
»Nein, überhaupt nicht. Sie verstehen das nicht. Meine Familie hat eine lange Geschichte mit den Pinckneys. Wir kennen uns schon unser ganzes Leben.«
»Das heißt …?«
»Ich habe Gabe vor ein paar Jahren eingestellt, als er mich nach Arbeit fragte. Ich hatte den Eindruck, dass er sich geändert hat, nachdem sein Bruder aufs College gegangen war. Sein Bruder hat sich prima gemausert.«
»Welcher Bruder?«
»Joshua. Hören Sie, wir kommen hier vom Thema ab. Ich sage nur, dass ich ihn eingestellt habe, obwohl ich wusste, dass er als Kind richtig fies war. Aber das ist lange her. Er hat eine Familie zu ernähren. Er redet die ganze Zeit davon, dass er seinen Kindern ein besserer Vater sein will, als sein Vater für ihn war. Ich hatte wohl ein bisschen Mitleid mit ihm.«
Ms Thompson notiert sich etwas.
»Aber nachdem ich Gabe eingestellt hatte, fing er an, spitze Bemerkungen über jede Frau fallen zu lassen, mit der ich je ausging, als ob er eifersüchtig wäre. Ich habe ihn die ganzen Jahre nur wegen seiner Frau und den Kindern behalten.«
»Sie glauben, er hat diese Dinge gesagt, weil er auf Sie eifersüchtig war?«
»Wer weiß? Ich kann das nur aus seinem Gesichtsausdruck schließen, als er mich mit Sidsel sah.«
»Er hat Sie mit Sidsel gesehen?«
Calder kaut auf der Innenseite seiner Wange und zwinkert.
»Sie beide haben offen über
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