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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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malen.«
    Â»Ihr wärt beinahe nach Arizona gezogen?« Ich war total überrascht. »Das habt ihr mir nie erzählt.«
    Â»War auch nicht Arizona«, sagte Mom. »New Mexico. Ist schon lange her, vor deiner Zeit. In unseren Hungertagen. Wir kamen auf die Idee, das wir uns eine Höhle bauen könnten oder so und da von Bohnen und Chilis leben, während wir darauf warteten, dass die Welt unser Talent erkannte.«
    Â»Sie hatten Hungertage?«, fragte Helen ungläubig. Ich vermute, sie dachte, Cliff House habe immer uns gehört.
    Â»Alle kreativen Menschen durchleben mal magere Zeiten«, sagte Dad. »Als Shelly und ich frisch verheiratet waren, wohnten wir in einem Atelier in Greenwich Village und ernährten uns von Erdnussbutter. Das hat uns zu den Köchen gemacht, die wir heute sind. Als meine Frau dann schließlich groß rauskam, konnten wir uns was Besseres leisten, aber da waren wir zu alt und konnten den Umgang mit dem Backofen schon nicht mehr lernen.«
    Â»Als ich groß rauskam!« rief Mom und bewarf ihn quer über den Tisch mit einem Hühnerknochen. »Als dein Buch ›Auf dem Weg zu den Sternen‹ zur Fernsehserie wurde, änderte sich unser Leben. Brittany Mahrer bekam die Hauptrolle …«
    Â»Das war ungefähr zu der Zeit, als deine Arbeiten Anerkennung fanden.« Dad grinste, er freute sich offensichtlich für beide. »Es schien alles auf einen Schlag zu passieren, Helen, das war wie mit der Ketchupflasche. Man schüttelt und schüttelt und es sieht ganz so aus, als würde nie was kommen, und dann … blubb … ist alles da. Endlich kam Geld rein, und wir wussten sofort, was wir damit machen wollten. Wir hatten einen Traum: wir wollten auf einer Insel leben. Fern von allen Störungen zusammen sein, arbeiten, unsere Kinder aufwachsen lassen.«
    Â»Damals war es nur ein Kind«, warf Mom ein.
    Â»Stimmt. Das war Laurie, und wir dachten, mehr Kinder würden wir nicht haben. Und dann, aus heiterem Himmel, wehte jemand vom Saturn heran …«
    Â»Ach, Dad, lass das doch.« Neal wurde rot. Er hatte es noch nie leiden können, Gesprächsthema zu sein.
    Dad zerzauste ihm das feine blonde Haar. »Es war ein guter Wind, der dich und Megan zu uns geweht hat.«
    Nach dem Essen setzten wir uns ins Wohnzimmer und pokerten, das war nämlich das liebste Kartenspiel meiner Mutter. Ich hab nie begriffen, warum, denn sie pokert richtig schlecht. Helen erwies sich als noch miserablere Spielerin, man brauchte sie nur anzuschauen, schon wusste man genau, was sie auf der Hand hatte. Die Kleinen fanden das zum Totlachen, sie hatten einen Kicheranfall nach dem anderen. Neal fiel schließlich vom Stuhl und seine Poker-Chips flogen im hohen Bogen durch die Gegend.
    Â»So wild geht es hier nicht immer zu«, erklärte ich Helen, als wir uns bettfertig machten.
    Â»Ich hab es genossen«, versicherte sie mir. »Ich bin Einzelkind und bei uns zu Hause ist es manchmal ganz schön langweilig. Du hast Glück, Geschwister zu haben.« Sie zögerte und sagte dann nachdenklich: »Sie sehen dir überhaupt nicht ähnlich. Sie sind beide so blond.«
    Â»Wie Dad und Mom«, sagte ich. »Ist schon komisch mit der Vererbung, oder?«
    Dad hatte die Luftmatratze mit einem Haufen Decken und Kissen zurechtgelegt. Trotzdem sah das nicht allzu bequem aus, deshalb beschloss ich, Helen mein Bett zu überlassen und mich mit der Luftmatratze zu begnügen. Erst wollte sie nicht annehmen, aber dann ließ sie sich ohne große Gegenwehr drauf ein. Nach der langen Radtour waren wir so geschafft, dass uns jeder Schlafplatz recht war.
    Als wir im Bett lagen und das Licht ausgemacht hatten, wechselten wir noch ein paar hingemurmelte Sätze. Helen machte eine Bemerkung über das Rauschen der Brandung … »Klingt so, als würde die Wellen direkt durch die Haustür kommen.« Ich lachte und sagte: »Ich bin so daran gewöhnt, das höre ich gar nicht mehr.« Sobald ich das ausgesprochen hatte, hörte ich es aber … das Rauschen, das Krachen und das leise saugende Geräusch, mit dem die Wellen die Felsen überspülten und sich wieder zurückzogen.
    Irgendwo hatte ich mal eine Beschreibung der Ewigkeit gelesen:
    Zu einem riesengroßen Berg kommt alle tausend Jahre ein kleiner Vogel und wetzt seinen Schnabel. Wenn eines Tages der ganze Berg verschwunden ist, weil das Vöglein ihn bis

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