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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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mir das hier geschenkt.«
    Â»Was ist das?« Ich stützte mich auf einen Ellenbogen, damit ich besser sehen konnte.
    Â»Ein Fetisch, ein Gegenstand, dem man magische Kräfte zuschreibt«, sagte Helen. »Es ist ein Adler, Raubtier der Lüfte. Als Luis erfuhr, dass wir mit dem Flugzeug nach Osten reisen würden, hat er ihn für mich geschnitzt. Türkis ist der Glücksstein der Navajo. Ein Adler aus Türkis schützt den Träger vor bösen Himmelsgeistern.«
    Â»Muss schwer für dich gewesen sein, wegzuziehen«, sagte ich.
    Â»Ja, das war es. Aber es war besser so, das weiß ich. Er bedeutete mir immer mehr – und es hätte nie was draus werden können. Als ich klein war, hat es Spaß gemacht, im Reservat zu leben. Die Unterschiede spielten da keine so große Rolle. Später – na, weißt du noch, als wir das erste Mal zusammen Mittag gegessen haben? Da sagte ich doch, dass es überall Cliquen gibt.«
    Â»Ich erinnere mich.«
    Â»Und es ist noch schlimmer, wenn es diese Cliquen nur wegen der kulturellen Unterschiede gibt. Die Mauer ist nicht zu durchbrechen. Man kommt nicht durch.«
    Â»Hattest du denn keine Freundinnen?«
    Â»Keine, mit denen ich wirklich reden konnte.«
    Â»Hatte ich auch nie«, sagte ich, und erst jetzt ging mir das richtig auf. Darlene, Mary Beth und Natalie waren nur an der Oberfläche meine Freundinnen. Sie hatten mir erlaubt, an ihrer Welt teilzuhaben, weil ich mit Gordon zusammen war. Aber wenn Gordon irgendwann fand, dass er genug hatte von mir, dann wäre ich wieder außen vor.
    Â»Nat war schon hinter Gordon her, als er noch nicht mit mir zusammen war«, erzählte ich Helen. »Erst vor ein paar Wochen hat sie eine Party gegeben. Ich war krank und konnte nicht hin, und in dem Augenblick, in dem ich ihr den Rücken zugedreht habe …« Und da saß ich und breitete die ganze Geschichte vor Helen aus. Nat und Gordon am Strand, die »paar Küsse«, die Gordon gestanden hatte – und dann, weil das Ganze natürlich darauf hinauslief und mich in diesen Tagen so sehr beschäftigte, erzählte ich ihr von dem Mädchen, das die beiden für mich gehalten hatten.
    Â»Aber das war ich nicht«, sagte ich. »Ich lag die ganze Zeit zu Hause im Bett.«
    Â»Und du hast keine Astralreise gemacht?«, fragte Helen.
    Â»Was?« Ich war total verwirrt.
    Â»Du weißt schon … wenn der Geist aus dem Körper hinausgeschickt wird? Luis’ Vater konnte das.« Sie machte eine Pause. »Aber wenn du das gemacht hättest, dann hättest du es gewusst. So was muss man üben.«
    Â»Ich hab keine Ahnung, wovon du da redest«, sagte ich. »Was hat Luis’ Vater gemacht?«
    Â»So genau weiß ich das nicht«, sagte Helen. »Luis hat nicht viel darüber geredet. Für ihn war das eine Selbstverständlichkeit. Die Medizinmänner können so was tun, wann immer sie wollen, glaube ich, und einige andere sind auch dazu in der Lage. So wie Luis das beschrieben hat, muss man sich mit dem Willen aus seinem Körper herausziehen. Dazu ist wahnsinnige Konzentration nötig.«
    Â»Ich kapier das immer noch nicht«, sagte ich.
    Â»Na, du muss dir das so vorstellen: Es ist wie beim Sterben, wenn die Seele den Körper verlässt. Sie erhebt sich und geht fort. Nur bist du beim Astralreisen nicht tot. Die Seele oder der Geist oder wie man das auch nennen soll – der Teil, der dir deine Identität gibt – geht woandershin, nur für kurze Zeit, dann kommt er wieder.«
    Â»Wo geht er hin?«
    Â»Wo immer du hinwillst. Die Entfernung spielt keine Rolle. Luis hat mir erzählt, dass sein Vater irgendwo weit weg auf Jagd war, als sein kleiner Bruder geboren wurde. Das Baby kam einen Monat zu früh. Als seine Mutter in den Wehen lag, hatte sie aufgeschaut und ihren Mann am Fußende des Bettes stehen sehen. Er lächelte auf sie herab.«
    Â»Das ist Wunschdenken«, sagte ich. »Sie muss sich so gewünscht haben, dass er da ist, da hat sie ihn sich an ihre Seite geträumt. Daran ist nichts Ungewöhnliches.«
    Â»So war das nicht«, beharrte Helen. »Als Luis’ Vater zwei Tage später nach Hause kam, wusste er schon über alles Bescheid, wann das Baby geboren war, dass es ein Junge war, alles. Er war da gewesen!«
    Â»Das kann doch nicht sein«, sagte ich. »Es muss eine andere Erklärung geben.«
    Â»Ich

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