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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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Hauses. Es klang, als ob mich jemand anflehen würde, die Balkontür zu öffnen und ihn reinzulassen.
    Aber es war nicht Lia, die mich rief, es war nur der Wind, und vor dem hatte ich keine Angst. Ich schloss die Augen und schlief ein.
    Kurz vor Tagesanbruch wachte ich auf, als wäre ich so programmiert worden. Der Himmel war immer noch dunkel, aber im Osten zog sich ein perlgrauer Streifen am Horizont entlang. Instinktiv wusste ich, dass Lia nicht mehr in Cliff House war. Irgendwann im Laufe der Nacht war sie in ihren physischen Körper zurückgekehrt, an welchem Ort auch immer der sich befinden mochte.
    Dieses Mal schaute ich mich nicht nach dem schlafenden Körper von Laurie Stratton um. Ich stieg einfach auf und ging. Das war jetzt so leicht, dass ich mich fragte, wie ich es je schwierig finden konnte. Und auch die Zweifel an meiner Fähigkeit, die Richtung zu finden, legten sich sofort. Meine Richtung schien vorgegeben zu sein. Sofort bewegte ich mich mit einer so ungeheuren Geschwindigkeit, dass jedes Gefühl für Entfernung verloren ging. Irgendwo vor mir war Lia, eine erdgebundene Lia in einem greifbaren Körper … und ich würde zu ihr gelangen.
    Ich habe Angst um dich, Laurie! Das ist gefährlich!
    Plötzlich schrillte Helens Stimme in meinen Ohren, sie kreischte nahezu panisch.
    Die Erinnerung durchbohrte mich wie ein Pfeil, ich zögerte. Nur einen Moment lang hatte ich das Gefühl, mich zurückzuhalten. Es war wirklich nur ein einziger Moment, aber das reichte schon aus, um mich abzulenken.
    Der Ort, an den ich kam, war dunkel und still … und Lia war nicht da. Es war Nacht. Der Himmel über mir war weit und klar und voller Sterne. Ich nahm die Bergkette in der Ferne wahr, die sich von allen Seiten schützend um mich wölbte wie der Rand einer Schüssel. Ich befand mich in dem Tal in der Mitte dieser Schüssel. Genau vor mir lag ein Haus, niedrig, mit flachem Dach, und dahinter war ein Garten. Auf der Auffahrt parkte ein Wohnmobil und in dem Stall rechts davon hatten bis vor Kurzem noch zwei Pferde gestanden.
    Woher ich das wusste? Keine Ahnung. Ich wusste es einfach, so wie ich wusste, dass Lia einmal hierher gehört und mit den Leuten zusammengelebt hatte, die hier wohnten. Während der Sommerferien hatte sie auf Reisen die Nächte in diesem Wohnmobil verbracht. Und sie hatte eins der Pferde geritten.
    Sie hatte in diesem Haus gewohnt, als ob es ihr eigenes gewesen wäre.
    Die Wände boten keinen Widerstand, als ich eintrat. Ich ging ganz leicht durch sie hindurch, als ob sie aus Luft wären, und befand mich in einem geräumigen Wohnzimmer. Ein wirklich schönes Zimmer, bequem und dabei noch schön eingerichtet. Die schweren handgeschnitzten Möbel waren aus dunklem Holz, mit Polstern in Rost- und Goldtönen. Es gab einen großen, runden Tisch, einen Flachbild fernseher und ein antikes Klavier. Dahinter hing ein Navajo - Teppich als Wandbehang über einem breiten Bücherschran k. Die dicken Vorhänge vor dem großen Fenster zum Garten waren zugezogen, damit die Kälte der Nachtluft nicht ins Haus drang.
    Der Raum war nicht beleuchtet, trotzdem sah ich alles so deutlich wie bei Tageslicht. Ich konnte die Titel der Bücher auf den Regalen lesen und das komplizierte Muster im Webteppich erkennen. Auf dem Fernsehtisch lagen ein paar Briefe, die offensichtlich verschickt werden sollten, die Adressen auf den Umschlägen waren ganz deutlich zu erkennen. Auf dem Klavier stand das gerahmte Foto eines lächelnden blonden Mädchens mit einer Zahnspange. Sie trug eine Reithose und ihr Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebunden.
    Ich bewegte mich weiter ins Haus hinein. Es gab drei Schlafzimmer. Im größten schliefen ein Mann und eine Frau. Sie lagen dicht beieinander auf einem Doppelbett, das Kinn der Frau ruhte auf der Schulter des Mannes. Der Radiowecker auf dem Nachttisch zeigte 5 Uhr 30 an. Als ich in Cliff House wach geworden war, war es schon später gewesen. Im Winter ging die Sonne erst kurz vor sieben auf. Einen Moment verwirrte mich das, dann wurde mir klar, dass ich so weit nach Westen gereist sein musste, dass ich zwei Zeitzonen durchquert hatte.
    Die Frau gab ein kleines stöhnendes Geräusch von sich. Dann rief sie plötzlich verschreckt: »Kathy!«
    Ihr Körper zuckte heftig, und der Mann wurde wach, drehte sich um und legte den Arm um sie.
    Â»Kathy!«, rief die Frau

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