Komm zurueck, Como
Mindestens«, erwiderte ich und schnitt weiter meine Zwiebeln. Wir waren dabei, Fusili mit Marinara-Soße zu kochen, die Leibspeise unserer nudelbegeisterten Tochter. Mir kam der Gedanke, dass wir Roger und Anita sehr ähnlich waren, dem freundlichen Londoner Ehepaar, das im Film ihr Haus von den Dalmatinern erobern lässt. Viel zu ähnlich. Als wir uns bettfertig machten, deutete ich Sally gegenüber meine Befürchtung an.
» Ich weiß nicht«, erwiderte sie. » Phoebe hält uns vielleicht eher für Cruella De Vil.« Das war Anitas dämonische alte Schulfreundin, ein pelzfixiertes Ungeheuer, das sich mit den Hunden anfreundet, in der Hoffnung, sie wegen dem gefleckten Fell töten zu können.
» Wovon redest du?«, fragte ich, wusste aber genau, wovon sie sprach. In puncto Hunde waren wir Phoebes Feinde. Wir waren die bösen Eltern, die ihr keinen eigenen Hund gönnten. Wir konnten so tun, als spräche sie zu Gott und nicht zu uns, wenn sie ihrem Wunsch nach einem kleinen Hund– » eines Tages«– flüsternd Ausdruck verlieh. Wir konnten so tun, als wüssten wir nicht, was es bedeutete, als sie ausgeklügelte Teepartys für ihre Porzellanhunde veranstaltete oder sich nachts an Dakta klammerte. Doch natürlich wussten wir Bescheid. Wir wussten, dass wir diejenigen waren, die zwischen ihr und einem eigenen Hund standen.
» Sie ist noch viel zu jung«, sagte ich, nachdem wir das Licht ausgeschaltet hatten und in den Selbstgerechtigkeitsmodus wechselten, warum wir unserer vierjährigen Tochter keinen Hund schenken konnten. » Sie hat keine Ahnung, was alles damit zusammenhängt. Mit ihm im Regen spazieren zu gehen und ihn zu füttern.«
» Was ist, wenn wir verreisen wollen?«, fragte Sally in die Dunkelheit. » Wer würde mit ihm zu Hause bleiben, wenn etwas passiert?«
Es war wie eine Kirchenliturgie. Schon unzählige Male zuvor hatten wir alle unsere Bedenken in verschiedenen Varianten abgespult. Manchmal brachte Sally das Urlaubsproblem oder die Regenspaziergänge zur Sprache, manchmal tat ich es. Schuldbewusst angesichts dieser unbeantworteten, aber eigentlich leicht lösbaren Probleme, versuchten wir zu schlafen.
Aufgrund des anhaltenden schlechten Gefühls beschlossen Sally und ich, dem Problem zunächst mit einem Fisch zu begegnen. Als Phoebe fünf Jahre alt war, kauften wir ein kleines, kugelförmiges Glas, das wir auf ihr Nachttischchen stellten. Es war so groß, dass immer nur ein Goldfisch hineinpasste. Die ersten beiden Fische starben so rasch, dass sich bald schon niemand mehr daran erinnerte, ob Claro oder Hako zuerst da gewesen war. Phoebe hatte eine geheimnisvolle Gabe, sich Namen für Haustiere auszudenken, und lächelte rätselhaft, als wir sie fragten, woher der Name » Hako« stammte, vergaß aber nie, zweimal am Tag ein paar Futterflocken aufs Wasser zu streuen oder am Wochenende zu helfen, das Goldfischglas zu putzen.
Sally oder ich mussten das Glas nach unten tragen, doch Phoebe fischte die bunten Kieselsteinchen selbst heraus und legte sie in ein Sieb, um sie abzuwaschen. Vor der Spüle in der Küche auf einem Hocker stehend, schrubbte sie die kleine Keramikburg, bevor sie mit der Sorgfalt eines Chirurgen Claro oder Hako aus dem mit Wasser gefüllten Erdnusscremeglas in sein in neuem Glanz erstrahltes Heim setzte.
Selbstverständlich konnten wir Phoebe für das frühe Dahinscheiden ihrer Fische keine Schuld geben. Sie hatte Verantwortung bewiesen und alles richtig gemacht. » So was passiert, Schatz«, tröstete ich sie, als an einem Samstagmorgen einer ihrer Fische mit dem Bauch nach oben auf dem Wasser trieb. Phoebe saß im Schlafanzug auf der Bettkante und spähte nach einer raschen Beerdigung in der Toilette aufmerksam ins Fischglas. Sie wirkte ernst, aber nicht übermäßig aufgebracht. Es war, als könnte sie in eine ferne Zukunft blicken, zu der etwas Weiterentwickeltes als ein Fisch gehörte. Das Fischglas war für sie wie eine Kristallkugel, in der sie Bilder von sich heraufbeschwören konnte, wie sie auf einer großen, grünen Wiese mit einem Welpen umhertollte.
Als Rosie, der nächste Fisch in der Erbfolge, den Löffel abgab, konnten Sally und ich uns nur selbst die Schuld geben. Aus unerfindlichen Gründen überzeugt, dass das Glas eine gründliche Post-Claro-und-Hako-Reinigung benötigte, trugen wir es nach unten. Dort gossen wir eine Kappe voll Bleiche ins Wasser und schrubbten das Glas innen und außen. Anschließend spülten wir es gründlich und ließen das Wasser laut
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