Komm zurueck, Como
in das Glas neben ihrem Bett blickte und sich fragte, ob sie stattdessen je einen Hund bekommen würde.
Nibbler, der letzte Fisch, den Phoebe bekam, lebte am längsten– etwas mehr als ein Jahr. Unsere Tochter erwies sich als gute Pflegerin. Sie fütterte Nibbler, wechselte sein Wasser und sorgte dafür, dass unsere Nachbarn, Pam und Cheryl, sich um ihn kümmerten, wenn wir fort waren. Sie schrieb lange, ausführliche Anweisungen und trug das Glas selbst zu ihnen hinüber, als sie alt genug dazu war. In dieser Zeit schrieb sie als Schulaufgabe auch ein Gedicht mit dem Titel » Mein Wunsch«. Es begann so:
Läuft ein Hund an mir vorbei,
schließ ich die Augen und
wünsche mir, ich hätt keinen Fisch,
sondern ’nen Hund.
All die vorbeilaufenden Hunde, fuhr sie ein paar Zeilen weiter unten fort:
sehen aus, als gingen sie zu einer Party.
Ach wäre ich doch auch eingeladen!
Das Gedicht endete mit einem resignierten Seufzer angesichts ihrer sozialen Verantwortung:
Doch wenn ich die Kinder in den armen Ländern seh,
Tut mir mit meinem Wunsch das Herz ganz weh.
» Hast du das hier gesehen?«, fragte ich Sally. Sie nickte. » Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihr gleich morgen einen Hund kaufen oder ihr den Friedensnobelpreis verleihen sollten«, meinte ich.
Sally hatte eine bessere Idee. » Holen wir ihr einen Vogel. Ich habe ein bisschen nachgelesen. Unzertrennliche sollen echt lieb sein und viel Persönlichkeit entwickeln. Sie setzen sich auf den Finger, klettern den Arm hinauf und knabbern am Ohr. Das würde ihr gefallen. Und hübsch sind sie auch noch.«
Weil dieser Vorschlag wie aus dem Nichts kam und ich versuche, Sallys Instinkt und ihren Recherchen zu vertrauen, stimmte ich ohne Vorbehalte zu. Wir erzählten Phoebe, die zehn Jahre alt war, beim Abendessen davon. Als Fünftklässlerin hatte sie gelernt, ihre Gefühle zu verbergen, während sie uns perfekt durchschaute. Ich dachte, sie wäre glücklich wegen der Idee mit dem Vogel, doch sie musste sie durchschaut haben: Der Traum von einem Hund rückte durch ein anderes Tier wieder in weite Ferne. » Das hört sich prima an«, sagte sie und versenkte ihre Gabel in ihre Spaghetti carbonara. Sie hatte ihren Geschmackssinn für Nudeln ebenso wie ihre Fähigkeit im Umgang mit uns verfeinert.
Wir mussten uns noch ein paar Wochen gedulden, bis der Laden, den Sally auserwählt hatte, die nächste Lieferung bekam. Wir unternahmen mehrere Fahrten quer durch die Stadt und verbrachten lange Zeit damit, mit den Fingern auf verschiedene sehr grüne Vögel zu zeigen, die für mich alle gleich aussahen und alle die gleichen durchdringenden Schreie ausstießen. Phoebe entschied sich schließlich für einen, der wie die Reste in einem Chinarestaurant in eine kleine, weiße Schachtel gesteckt wurde. Zu Hause ließen wir ihn in einem geräumigen Käfig frei, den wir im Esszimmer aufgestellt hatten. Unser neues Familienmitglied hüpfte eine Zeit lang von einer Holzstange zur nächsten, pickte kurz an seinem Wetzstein und setzte sich auf die Schaukel. Nach einem weiteren kurzen Erkundungsgang wickelte er seine Krallen um zwei Gitterstäbe und blickte uns mit einem seiner weiß umränderten Augen an. Plötzlich begann er, hektisch auf und ab zu ruckeln.
» Sieht aus, als würde er Liegestützen machen«, sagte Phoebe, die ein paar Schritte Abstand zum Käfig hielt. Für mich hatten seine Bewegungen etwas viel Anschaulicheres. Ich überlegte, ob dies die Art war, in der Unzertrennliche Sex miteinander hatten.
Sally streckte einen Finger aus, um den Kopf des Vogels zu streicheln. Zunächst hielt er still, bis er plötzlich auf die andere Seite floh. Wir beobachteten ihn noch eine Weile. Die Art, wie er umherhüpfte, kräftig mit den Flügeln schlug, sich mit seinem krummen Schnabel nach oben zog oder plötzlich erstarrte, hatte etwas Faszinierendes und gleichzeitig etwas Beängstigendes. Wir legten ein Handtuch über den Käfig und gingen nach oben ins Bett.
Am nächsten Tag hatte Phoebe einen Namen für ihn: » Kewi«, erklärte sie.
» Wie die Frucht«, stellte ich fest. » Das ist gut. Die sind beide richtig grün.«
» Nein«, widersprach sie entschieden. » Man schreibt den Namen mit einem e. K-e-w-i.«
Phoebe schien gleich von Anfang an zu merken, dass dieser Vogel etwas Besonderes war. Statt auf einen Finger zu hüpfen oder auch nur auf ein Stöckchen, das man ihm hinhielt, floh er in die entgegengesetzte Richtung, wenn sich ihm jemand näherte. Sally, die viel
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