Komm zurueck, Como
ausweichend, konnte Como mir mit Leichtigkeit entkommen. Als er durchs Wohnzimmer trabte, warf er mir zum Abschied einen Blick über die Schulter zu und lief zur Treppe.
Diesmal gab ich mich geschlagen. Ich unternahm keinen Versuch mehr, ihn zu suchen oder ihm wieder nach unten hinterherzurennen, sondern ließ mich aufs Bett fallen und versuchte, ein paar Minuten über nichts nachzudenken, was mit Hunden zu tun hatte. Ich hatte einen Abgabetermin für einen Artikel, und die Zeit, um mit Como durchs Haus zu jagen, war begrenzt. Bis Sally nach Hause kam, könnte er es vielleicht » halten«, wie wir uns immer ausdrückten, als wir Phoebe von der Windel entwöhnten. Ich reimte mir in Gedanken den Anfang für meinen Artikel zusammen, als ich das leise Klingeln der Hunde- und Steuermarke hörte. Ganz langsam hob ich den Kopf. Como beobachtete mich von der Schlafzimmertür aus. Ich war am Zug. Der wollte allerdings gut überlegt sein.
Lange Zeit tat ich nichts, zwang mich, so ruhig zu bleiben wie möglich. Es funktionierte. Ich hörte, wie Como über den Teppich kroch, um meine träge Masse zu inspizieren. Er schlich immer näher heran wie ein Wolf zu einem zu Fall gebrachten Reh. Zum ersten Mal traute er sich auf meine Seite des Bettes. Schlaf zu simulieren, dachte ich, könnte ihn in Sicherheit wiegen. Ich stieß einen leisen Seufzer aus, als gähnte ich, drehte mich ganz langsam auf die Seite und drückte mein Gesicht noch einmal seufzend ins Kissen. Seit Jahren hatte ich dieses Vortäuschen des Schlafens nicht mehr geprobt, doch ich hatte meine Kindheitstechniken gleich wieder parat. Como kam weiter auf mich zu. Ich öffnete ein Auge, um den Fortschritt zu überprüfen. Das veranlasste ihn dann anzuhalten. Ich schloss das Auge wieder. Er kroch weiter. Näher. Näher. Näher. Als ich dachte, er wäre nah genug, sprang ich auf, schnappte mit der rechten Hand nach seinem Halsband und umfasste mit der linken sein Hinterteil.
Ich hatte ihn, wie ich Sally und Phoebe später erzählen würde. Er zappelte wie ein Fisch an der Angel, bog den Rücken durch und peitschte in drei Richtungen gleichzeitig. Er biss mich nicht und gab keinen Ton von sich, was sich als seine Geheimwaffe herausstellte. Das und sein drahtiger, starker Körper unter seinem Fell, wie mir gleich beim ersten Mal im Besucherraum des Tierheims aufgefallen war. Dieser Hund hatte etwas nervtötend Untypisches für einen Hund– seine Lautlosigkeit, die Weigerung, seine hervorragenden Zähne einzusetzen, seine Art, wie ein Fisch zu kämpfen, die meine Arme in Pfosten und bis zum Zerreißen gespannte Seile verwandelt hatte. Ich hätte ihn ein oder zwei Mal zur Beruhigung mit seinem Namen ansprechen können, doch ganz gleich, ob ich es tun würde oder nicht, ich wusste, dass ich ihn loslassen musste. Ihn mir so zu schnappen fühlte sich wie eine Vergewaltigung an, wie ein Betrug an einem anderen starken Wesen. Unsere Blicke trafen sich für eine Sekunde. Mit einem letzten sich windenden Zucken befreite sich Como– und weg war er. Wohin, wollte ich nicht herausfinden.
Stattdessen fand er mich eine halbe Stunde später. Ich machte im Badezimmer eine Pause von dem Artikel, den ich im Arbeitszimmer schrieb. Bequem an einer Stelle sitzend, an der einem manchmal gute Ideen zufliegen, hatte ich gerade das Problem einer Überleitung in meinem Artikel gelöst, als Como die Badezimmertür aufstieß und eintrat. Eine Zeit lang blickten wir uns nur an. Ich hatte es aufgegeben, ihn fangen zu wollen, was er zu wissen schien. Vielleicht spürte er auch, dass ich im Moment keine Gefahr für ihn darstellte– mit meinen heruntergelassenen Hosen. Alles in allem herrschte ein fairer Waffenstillstand. Ich streckte meine Hand aus. Er kam zu mir und schnüffelte daran. Ich wartete eine Weile, bis ich ihm meinen Vorschlag unterbreitete.
» Möchtest du vielleicht spazieren gehen?«
Diesmal bot er keinen Widerstand, als ich meine Finger unter sein Halsband schob. Der schwierige Teil kam, als ich versuchte mein Versprechen umzusetzen. Ich hob den Hund hoch und klemmte ihn unter meinen rechten Arm, dann bemühte ich mich, den Rest mit der linken Hand zu erledigen und mich wieder anzuziehen. Ein großer Teil des Toilettenpapiers wurde dabei abgewickelt. Gürtel lassen sich, wie ich herausfand, nur schwer mit einer Hand schließen, wenn unter dem anderen Arm ein Hund zappelt. Doch ich lernte, dass sich mit der linken Hand weit mehr erledigen lässt, als ich gedacht hätte, sollte ich
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