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Komm zurueck, Como

Titel: Komm zurueck, Como Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Winn
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erschöpft oder hungrig war. Oder vielleicht ging es ihm wie mir, und ihm waren die Ideen ausgegangen. Jedenfalls kam Como wie ein gut trainiertes Zirkustier, das auf einen Befehl reagierte, auf mich zu. Als er so nah war, dass ich ihn hätte packen können, sprang der Samariter mit einem Satz auf die Einfahrt, woraufhin Como direkt in meine Arme rannte und ich ihm das Stück Energieriegel ins Maul schob.
    Einen Moment lang konnte ich es nicht glauben. Ich hielt den Hund an meine Brust gedrückt, spürte seinen vor Anstrengung zitternden Körper und seine weich gepolsterten Pfoten, doch der unwirkliche Film lief noch weiter. » O m ein Gott, danke, danke, ganz herzlichen Dank«, faselte ich. » Ich hätte ihn nie gekriegt. Dieser Hund ist echt durchgeknallt. Danke, vielen Dank.«
    Er spielte seine Rolle des schweigsamen Helden weiter und zuckte nur mit den Schultern. Dann bedeutete er mir, wieder einzusteigen. » Wo wohnen Sie?«, fragte er und schnallte sich an. Als ich ihm die Adresse genannt hatte, wendete er und fuhr Comos Fluchtweg zurück. Anscheinend faselte ich noch weiter, erinnere mich aber nur, dass ich ihm eine Belohnung geben oder eine Schachtel Energieriegel kaufen wollte. Er lehnte ab und schaltete die Scheibenwischer ein. Ich hatte nicht bemerkt, dass dicke Tropfen vom Himmel fielen.
    Der Samariter hielt vor dem Haus. Ich dankte ihm noch einmal und war schon auf halbem Wege zum Haus, als mir einfiel, dass ich ihn nicht nach seinem Namen gefragt hatte. Er war Asiate, trug eine braune, kurze Hose und ein dunkles T-Shirt und hatte kaum mehr als ein paar Worte gesprochen. Er fuhr wie ein Zauberer. Er hatte Como für uns gerettet. Er war fort, und ich habe ihn seitdem nicht wiedergesehen.
    Die offene Tür begrüßte uns. Meine Schlüssel baumelten noch vom Schloss herab, wo ich sie hatte stecken lassen, als ich Como nachgerannt war. Mein Kopf war viel zu voll und gleichzeitig viel zu leer, um auf weitere Überraschungen oder Schicksalsschläge, ob gute, schlechte oder neutrale, reagieren zu können. Ich ging um den Kleiderhaufen und die Einkaufstasche herum in den Flur, trug Como in unser Schlafzimmer und schloss die Tür hinter mir. Unten räumte ich nur noch die Milch in den Kühlschrank. Mit den Schlüsseln in der Hand verließ ich das Haus in einen Sommerregen, der wie Nadelstiche auf meiner Haut piekste. Ich wusste nicht, wohin ich ging oder warum. Ich wusste nur, dass ich fliehen musste.

Neun
    Der Beginn
der Kapitulation
    A us reiner Gewohnheit fuhr ich zur Chevron-Tankstelle in der Irving Street. Meine Vormittage beginnen oft hier mit dem ersten selbst gezapften Becher Diätcola. Die Mitarbeiter sind immer fröhlich, lächeln ununterbrochen, unterhalten sich mit mir und lassen mich ab und zu meinen Becher kostenlos auftanken. Diesmal sagte niemand ein Wort, als ich hineinstürmte, den Colaschaum überlaufen ließ und in meiner Tasche nach einem Dollar und etwas Kleingeld kramte.
    » Kein Problem, Mann«, meinte der Kassierer mit hochgehaltenen Händen, als ich die passenden Münzen nicht finden konnte. » Ein Dollar reicht.« Er blickte über meine Schulter. Niemand stand hinter mir. Ich verstand seinen Blick als Hinweis, dass ich mich wie ein Idiot benahm, und ging wieder hinaus, wo ich an meinem Strohhalm sog und den Verkehr auf der Nineteenth Avenue betrachtete. Da es mir gutzutun schien, mich selbst aufzutanken, wollte ich den Wagen nicht zu kurz kommen lassen, fuhr an eine Zapfsäule und öffnete den Tank, der noch drei viertel voll war. Ich überlegte, wie weit ich fahren könnte, wenn ich der Nineteenth Avenue durch den Park zur Golden Gate Bridge folgen und durch Marin County und dem Weg weiter nach Sacramento, Red Bluff, Redding und zur Grenze von Oregon folgen würde. Es regnete nicht mehr, und es war ein toller Tag zum Fahren. Bis zum späten Nachmittag könnte ich den Staat verlassen haben und unauffindbar sein.
    Selbst der Gedanke daran bereitete mir ansatzweise ein schlechtes Gewissen. Am Vormittag war das Thema Fortlaufen bereits zur Genüge abgehandelt worden. Ich stieg in den Wagen und fuhr ins Zentrum zu Sallys Schule. Wir mussten reden, wir beide, und zwar sofort. Wir mussten herausfinden, wie wir mit einem Hund zusammenleben sollten, der es nicht im gleichen Haus mit mir aushielt.
    Sallys Kollegen sahen noch beunruhigter aus als die Leute an der Tankstelle. Ich lasse mich fast nie in der Schule blicken, es sei denn, ich hole sie zum Mittagessen oder ins Kino ab. Beides kommt nur

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