Komm zurueck, Como
spielte Verkehrspolizist oder Richter, bevor mich der erschreckte, wütende, verzweifelte Teil überwältigen konnte.
Como, den Kopf auf den Boden gepresst und ein Auge wie ein Fisch, ohne zu blinzeln, starr geradeaus gerichtet, bewegte sich nicht. Doch er lebte noch, atmete so schnell, dass seine Flanken zitterten. Ich legte meine Hand darauf. Bei der Berührung sprang er auf und biss so schnell und so oft zu– in mein Schienbein, meinen Bademantel, meinen rechten Arm, meine rechte Hand–, dass ich keinen Schmerz spürte. Wenn ich etwas spürte, dann einen Anflug von Dankbarkeit und Erleichterung. Zumindest waren seine ihn schützenden Reflexe noch in Ordnung. Das war etwas, woran ich mich klammern konnte.
Ich muss noch mehr gesagt und getan haben, während ich neben ihm auf der Straße kniete. Weitere Zuschauer kamen und boten ihre Hilfe an, fragten mich, ob mit mir alles in Ordnung war, drückten leise ihr Mitgefühl aus, sagten, sie hätten alles mit angesehen. Doch viel bekam ich davon nicht mit. Ich wusste nur, dass Como noch atmete. Und dass er jetzt ebenfalls blutete, an seltsamen Stellen wie am Hals und der Schulter und einer Stelle neben seinem Schwanz. Ich wollte keine Zeit verlieren, hatte keine Zeit, zu überlegen, ob ein Tier im Schockzustand bewegt werden durfte oder nicht. Ich schob beide Hände unter ihn und hob ihn hoch. Er ließ es geschehen und wurde schlaff.
» Haben Sie ein Auto?«, fragte ich das erste Gesicht, das ich sah, eine Frau, die sich neben mir über den Hund gebeugt hatte. Sie nickte und führte mich auf die Beifahrerseite ihres Geländewagens. Erst als sie sich hinters Steuer setzte, kapierte ich: Sie war die Fahrerin. Wir saßen in dem Wagen, der Como angefahren hatte. Der Hund lag reglos auf meinen nackten Beinen. Er fühlte sich sehr warm an.
» Es tut mir so leid. Ich habe ihn nicht gesehen. Er ist direkt auf die Straße gerannt.«
Ich konnte sie nicht ansehen. » Der Tierarzt an der Ninth Avenue«, sagte ich nur. » Gleich wenn man vom Lincoln Way kommt.« Sie startete den Motor und fuhr los, während sie sich immer noch entschuldigte. » Es ist schon gut«, unterbrach ich sie ausdruckslos. Ich wollte, dass während der kurzen Fahrt zum Tierarzt Schweigen herrschte. Bis ich eine andere, junge Stimme im Wagen hörte.
» Wo ist der Wauwau? Was ist mit ihm?«
» Er ist hier vorn. Er liegt auf dem Schoß von dem Mann.«
» Warum?«
» Weil er mit ihm zum Hundedoktor gehen muss.«
» Warum?«
Wir bogen auf die Lincoln ab. Como hatte sich immer noch nicht gerührt, und das Kind auf dem Rücksitz wollte alles wissen, was passiert war und als Nächstes passieren würde. Wir waren nur noch einen Straßenblock vom Tierarzt entfernt. Schließlich blickte ich zu der Frau, die Como angefahren hatte und alles tat, was in ihrer Macht stand, um ihm und mir zu helfen. Sie litt unter der Situation. Ihr Gesicht war zusammengezogen und verschlossen, schweigend beugte sie sich übers Lenkrad, drängte die Autos vor ihr, schneller zu fahren. Wieder war ich es gewesen, der ihr das angetan hatte. Doch ich war zu verängstigt, zu besorgt, zu sehr mit Schuldgefühlen belastet, um ihr gegenüber dieses Eingeständnis zu machen.
» Hier«, sagte ich, als wir auf die Ninth Avenue abbogen. Sobald sie anhielt, huschte ich mit dem Hund auf dem Arm hinaus. Ich hatte mich nicht angeschnallt gehabt, ich dankte ihr nicht und fragte nicht nach ihrem Namen. Der kleine Junge auf dem Rücksitz stellte schon die nächste Frage, doch ich knallte nur die Tür zu.
Mit der Hüfte stieß ich die Tür zur Tierarztpraxis auf, während ich versuchte, Como vor mir so ruhig zu halten wie möglich. » Er wurde gerade von einem Auto angefahren«, rief ich in der Erwartung, dass die Frau am Empfang sofort aufsprang. Sie blieb sitzen.
» Ist Ihr Hund bei uns Patient?«, fragte sie. » Wie heißt er?«
» Ja. Aber was soll das? Er wurde von einem Wagen angefahren.«
Alle Augen waren auf mich gerichtet, einschließlich der zweier Kunden, die in Zeitschriften blätterten und deren Hunde lammfromm unter den Stühlen lagen. Ich hasste sie beide, weil sie vor mir dran waren, weil ihre Hunde gesund waren, weil sie von ihren Zeitschriften aufsahen und mich in aller Seelenruhe begutachteten. Eine Tierärztin in weißem Kittel erschien im Wartezimmer und führte mich am Empfang vorbei. Die Frau dahinter blieb, den Kopf über ihre Unterlagen gesenkt, sitzen.
» Hier entlang«, sagte die Ärztin. » Legen wir ihn hier auf den
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