Komm zurueck, Como
ihn zum Haus zurückzutreiben. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was ich trug– oder vielmehr nicht trug–, als die Menschen an mir vorbei zum Bus und zur Arbeit gingen.
Como schien keine besondere Eile zu haben. Er lief gemütlich schnüffelnd über den Bürgersteig und blieb an einer Backsteinmauer stehen, um kurz sein Bein zu heben. Bevor wir die Eleventh Avenue erreichten, war ich ihm ein ganzes Stück voraus und bereit, über ihn herzufallen. Den Verkehr als Deckung nutzend, schoss ich hinter einem blauen Flughafentransporter hervor. Como sah mich kommen, noch bevor ich den Bürgersteig erreicht hatte, wirbelte herum und rannte in die entgegengesetzte Richtung los.
Plötzlich verlor ich auch das bisschen Illusion, das mir geblieben war. Der Hinterhalt war mein bester Versuch gewesen, der auch beinahe funktioniert hätte. » Como! Como!«, rief ich. » Komm zurück, Como!« Keine Chance. Er rannte bis zur Lawton Ecke Tenth Street, wo er nach links abbog und den Hügel hinab Richtung Kirkham Street lief, statt nach Hause weiterzulaufen und sich vielleicht von Julio neben dem Müllcontainer auf wundersame Weise schnappen zu lassen. Es war neues Terrain für ihn, ein unvertrautes Stück Land voller Menschen und Autos im Berufsverkehr. Meine Füße platschten auf dem körnigen Asphalt, als ich losrannte. Wenn Como mich und mein Keuchen nicht hörte, dann spürte er sicherlich meine Panik– die ihn natürlich nur noch mehr antrieb. Die Kluft zwischen uns wurde immer größer. Ich rannte schneller. Er drehte sich um. Und rannte noch schneller.
» Como«, flehte ich keuchend. » Komm her.« Ich konnte kaum meine eigene Stimme hören. Sie klang wie im Traum, wenn man versuchte, nach Hilfe zu rufen, aber nur ein heiseres Flüstern über die Lippen kam.
Eine Reihe identischer roter Garagentüren, die ich nie zuvor gesehen hatte, spulten an mir vorbei. Mit grausamer Sicherheit wusste ich, dass ich Como nicht fangen und diese Sache nicht gut enden würde. Während ich meine Hoffnung aufgab und, so schnell ich konnte, auf Füßen weiterrannte, die ich kaum mehr spürte, verblüffte mich die unwirkliche, absurde Szene der vielen roten Tore. Ich sah mich vor diesen Toren, wie mich anständig angezogene Fremde auf der anderen Straßenseite sehen würden– als einen dreiundfünfzigjährigen Mann, der barfuß, ungekämmt und in flatterndem Bademantel einem harmlos aussehenden Hund nachrannte.
Der Moment verging, und mein Hirn schaltete sich wieder ein. Como schoss um die Ecke auf die Kirkham Street und setzte seinen Weg Richtung Westen fort.
» Hilfe!«, schrie ich, als ich ebenfalls um die Ecke bog und an der nächsten Kreuzung Leute auf mich zukamen. Der Hund rannte auf sie zu. » Helfen Sie mir, ihn zu fangen. Er gehört mir.« Wir nahmen ihn von zwei Seiten in die Zange, auf der dritten Seite befand sich eine Häuserreihe, auf der anderen standen parkende Fahrzeuge. Jemand– ein Mann oder eine Frau, so genau sah ich nicht hin– ging auf Como zu, der allerdings zwischen den parkenden Fahrzeugen hindurch auf die Straße floh.
Die Fahrerin des Geländewagens hatte keine Chance, ihn zu sehen. Sie traf ihn mit dem linken Vorderrad. Como jaulte auf, zuckte einmal kräftig und fiel auf die Seite. So schnell war alles vorbei. Er war tot. Ich wusste es. Ich rannte zu ihm, konnte aber den Anblick nicht ertragen. Ich hatte ihn unter dieses Auto getrieben. Er war tot– oder schlimmer noch, er lag im Sterben, weil ich faul und leichtsinnig war und nur diesen dämlichen Telefonanruf im Kopf gehabt hatte. Es war passiert, weil Manny oder welcher gedankenlose Idiot auch immer die Schiebetür nicht wieder verschlossen hatte. Oder weil der Hund wirklich Angst vor mir und ich es in all den Monaten nicht geschafft hatte, dass er Zutrauen zu mir fand. Und er hatte recht, wenn man sah, was ich angerichtet hatte. Ich dachte an Phoebe und Sally– ihre Gesichter, ihre Tränen–, schob aber diesen Gedanken beiseite. Ich musste mich konzentrieren. Ich musste tun, was noch möglich war. Ich durfte nicht durchdrehen oder in Schuldgefühlen und Selbstzerfleischung zergehen.
Como lag nur wenige Zentimeter vom Reifen des Geländewagens entfernt. Irgendwie hatte die Fahrerin es geschafft, ihn nicht vollständig zu überfahren. Oder sie hatte instinktiv den Rückwärtsgang eingelegt und Como zweimal überfahren. Oder er war abgeprallt. Ich versuchte zu verstehen, warum er nicht direkt unter dem Reifen lag. Ein losgelöster Teil in mir
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