Komm zurueck, Como
bevorstand. Das Wasser kochte. Die elektrische Teekanne schaltete sich mit einem Klick aus. Als ich den Tee in meine Tasse einschenkte, hatte ich das Gefühl, jemand hätte mir eine kalte Hand in den Nacken gelegt. Ich hatte eine Vorahnung. Mir wurde bewusst, dass ich die Tür zum Arbeitszimmer nicht geschlossen hatte. Und ich wusste, das war nicht gut.
» Como«, rief ich mit meiner fröhlichsten Stimme. Kindische Hoffnung erfüllte mich für einen Moment. Wenn ich ihn so lieb wie möglich rief, würde er zu mir kommen, und alles wäre gut. » Como, wo steckst du?«, gurrte ich. » Komm schon, mein Junge.« Ein kräftiger Schlag eines Werkzeugs auf die Badewanne hallte durchs Haus. Jemand fluchte, jemand lachte. Die Stimme im Radio schimpfte, allerdings über die Einwanderungspolitik. » Como! Como? Hier, Como. CO-mo.« Mit schwindender Hoffnung kehrte ich durch die offene Tür zurück ins Arbeitszimmer. Ich sah unter dem Küchen- und Esszimmertisch nach und ging weiter ins Wohnzimmer. Ein Hauch kalter Winterluft drang von draußen durch die fehlende Haustür und die nicht ganz geschlossene Schiebetür herein. Das war Comos Fluchtweg.
Ich öffnete die Schiebetür noch ein Stück weiter und trat hinaus, um selbst nachzusehen. Genau wie bei seinem ersten Ausbruch, kurz nachdem wir ihn bekommen hatten, lungerte Como auf dem Bürgersteig herum. Diesmal vermittelten seine Haltung und sein Ausdruck etwas Zögerndes, Wehmütiges, das zu sagen schien, dass er die Schwierigkeiten bedauere, die er uns gleich bereiten werde, aber keine andere Wahl habe. Wir hatten für Lärm und Chaos gesorgt und fremde Männer ins Haus geholt. Was blieb ihm anderes übrig, als zu fliehen?
» Ist das Ihr Hund?«, rief Julio, der jüngste Arbeiter, vom Müllcontainer aus, in den er die Überreste unseres Badezimmers quetschte. » Ich ihn holen für Sie.« Mit einem weißen Maleroverall bekleidet, kauerte er auf dem Müllberg und sah aus wie die Bauarbeiterversion eines Engels. Einen Augenblick dachte ich, er könnte uns mit einem kräftigen Sprung aus der Patsche helfen und Como schnappen. Vielleicht hätte es geklappt. Doch ich versuchte, rational zu denken, und kalkulierte Comos Geschwindigkeit und sein Misstrauen Männern gegenüber ein. Also würde ich es selbst tun müssen.
» Nein! Nicht!«, rief ich zurück. Julio warf mir einen seltsamen Blick zu. Es mochte an der plötzlichen Dringlichkeit in meiner Stimme gelegen haben, die seinen Kopf ein zweites Mal in meine Richtung schnellen ließ. Eher wahrscheinlich war, dass es an dem lag, was ich anhatte, während ich versuchte, die Situation von der vorderen Veranda aus in den Griff zu bekommen– einen dunkelblauen Bademantel und, so weit er sehen konnte, weiter nichts.
» Sind Sie sicher, amigo? Ich bin ziemlich gut mit Hunden.«
» Nein!«, wiederholte ich und ging barfuß die Stufen hinunter, musste aber auf die Holzsplitter, Linoleumabfälle, Nägel und Schrauben achten. Como hatte sich noch immer nicht sehr weit entfernt. Er beobachtete die Szene vom Baum vor Pams und Cheryls Haus aus.
» Como, was meinst du? Gehen wir wieder rein? Da drin warten ein paar leckere Sachen auf dich.« Ich war mir dessen nicht ganz bewusst, doch ich musste versucht haben, den witzigen Ton der Arbeiter nachzuahmen, damit der Hund sich als Teil der Szene fühlte. Es funktionierte nicht. Seine Ohren schnellten fragend, aber nur kurz nach oben, bevor er sich umdrehte und weiter zur Straßenecke trottete.
Vor gut einem Jahr hatten wir diese Szene schon einmal erlebt. Er ging Richtung Westen, genau wie damals, als uns der Samariter mit seinem Energieriegel gerettet hatte. Der Hund sah mich kommen, überquerte die Tenth Avenue und legte noch einen Zahn zu. Er mochte sich auf eine Neuinszenierung versteifen, doch ich verließ mich nicht auf eine Wiederholung der göttlichen Fügung. Das Gefühl, das ich im Haus gehabt hatte, meldete sich wieder, und zum zweiten Mal überlegte ich, Julios Angebot anzunehmen. Doch als ich zurückblickte, ging er bereits die Stufen zum Haus hinauf, um unser Badezimmer zu traktieren. Ich war auf mich allein gestellt.
Entschlossen, Como die Tour zu vermasseln und unsere alte Jagd zu beenden, bevor sie angefangen hatte, überquerte ich die Lawton Street und rannte los, um ihn auf der anderen Straßenseite zu überholen. Ich hatte die Hoffnung, irgendwann wieder die Seite wechseln und ihn überrumpeln zu können. Und wenn das nicht funktionierte, wäre ich zumindest in der Lage,
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