Komm zurueck, Como
sehen«, bat ich die Ärztin und drückte ein nasses Papierhandtuch auf meinen Daumen, um nicht noch mehr rote Flecken zu hinterlassen.
» Bitte«, sagte sie streng und deutete auf das Wartezimmer, » lassen Sie uns unsere Arbeit machen. Wir geben Ihnen Bescheid, sobald wir was wissen.«
Diesmal gehorchte ich und ließ mich auf ein Sofa neben dem Fenster sinken. Es gab keine Möglichkeit, Sally zu erreichen, die in der Schule war, und Phoebe würde ich auf keinen Fall in der Schule anrufen und durcheinanderbringen. Wie schon den ganzen Vormittag, drehten sich meine Gedanken immer noch im Kreis, ohne zu einem Ziel zu kommen. Die Tür neben mir wurde geöffnet, und eine Frau mit einer großen, grauen Katze kam herein. Das Telefon klingelte. Der Springbrunnen gurgelte. Eine der beiden Frauen, die bei meiner Ankunft im Wartezimmer gewesen waren, kam aus dem Behandlungszimmer, um ihre Rechnung zu bezahlen. Ein Mann betrat die Praxis, um ein Aloe-vera-Shampoo für seinen Spitz zu kaufen.
Das normale, gesunde Leben von Haustierbesitzern pulsierte um mich herum, während ich reglos und mit versteinertem Blick herumsaß, ohne mir bewusst zu sein, dass ich der Katzendame mir gegenüber meine Unterhose zeigte. Als ich es endlich bemerkte, stand ich auf, band mir den Bademantel zu und setzte mich wieder. Als wäre ich von mir selbst losgelöst, war ich mir kein einziges Mal bewusst geworden, wie ich herumlief. Ich sah nur Como– unter dem Baum vor Pams und Cheryls Haus; vor mir die Straße hinunterflitzend; reglos mitten auf der Kirkham Street liegend, den Blick seiner braunen Augen zum Himmel gerichtet.
» Mr Winn?« Es war Ärztin Nummer zwei, die mich zu sich winkte. Ich folgte ihr in einen kleinen Raum, der mir auf meiner Streiftour nicht aufgefallen war. Sie klemmte eine Röntgenaufnahme vor den Leuchtschirm. Ich hatte das Gefühl, als würde gleich ein Kinofilm beginnen, einer, vor dem ich Angst hatte, den ich aber unbedingt sehen musste. » Hier sehen Sie, dass Comos Becken an drei oder vier Stellen gebrochen ist«, erklärte Nummer zwei. Ihre Hand glitt über das geisterhaft braune Bild, auf dem sie mit dem Finger die entsprechenden Stellen andeutete. Ich trat näher an den Bildschirm. Was schlanke, aber kräftige Knochen sein sollten, sah eher wie durcheinanderliegende Mikado-Stäbchen aus.
» Was bedeutet das?«, fragte ich. » Wird er sterben? Wird er je wieder gehen können?«
Die Ärztin stand nicht auf glückseligmachendes Geschwätz. » Ich weiß nicht«, antwortete sie. » Ehrlich nicht. Er schwebt nicht in unmittelbarer Gefahr, soweit wir wissen, aber er wird operiert werden müssen. Das allerdings können wir hier nicht tun.« Sie nannte und empfahl wärmstens eine Tierklinik am anderen Ende der Stadt, die auf komplizierte Operationen spezialisiert war. Ich sollte mir die Möglichkeiten und Aussichten durch den Kopf gehen lassen. » Und die Sache mit den Kosten«, fügte sie hinzu. » Das ist natürlich eine persönliche Entscheidung.« Die Wahl, vor die sie uns stellte, bestand darin, Como ganz einzuschläfern statt nur für die OP schlafen zu legen.
Ich dankte ihr und fragte, ob ich ihn sehen könne. Sie schaltete den Bildschirm aus und führte mich zurück durch das Labyrinth. Als mich der Hund von der anderen Seite des Raums aus sah, hob er den Kopf. Sie hatten ihn in einen kleinen, mit einer Decke ausgelegten Käfig gesteckt, der mit einer kleinen Infrarotlampe beheizt wurde. Er lag auf dem Bauch und hing an mehreren Schläuchen. Er sah überraschend gut aus. Ich berührte seine kühle Schnauze und sagte ihm, es tue mir leid und er solle nicht sterben. Dann drehte ich mich um und ließ ihn allein. Erst später fiel mir auf, dass er in einen Käfig gesperrt war und zum ersten Mal nicht versuchte abzuhauen.
Die nächste Stunde verbrachte ich in der Praxis und rief so oft zu Hause an, bis Sally schließlich antwortete. Ich erzählte ihr, was passiert war und wo ich steckte, und bat sie herzukommen. In weniger als fünf Minuten war sie da. Sobald sie eintrat, wusste ich, dass sie die Sache in die Hand nehmen würde. Sie war hübsch angezogen. Sie war bei der Arbeit gewesen, draußen in der realen Welt, statt wie ich barfuß und halb nackt umherzutorkeln und überall Blut zu verschmieren. Sie strich mein Haar glatt und zog vorn meinen Bademantel ordentlich zu.
» Welche Ärztin ist es?«, fragte sie mich. » Wie heißt sie?«
» Es gibt zwei davon«, antwortete ich. » Die Namen weiß ich nicht. Sie
Weitere Kostenlose Bücher