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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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brachte. Cody und Astor waren natürlich aufgeregt, obgleich es ihnen ausgezeichnet gelang, den Anschein zu erwecken, als wären sie nicht im Geringsten beeindruckt. Und nach den Umarmungen und den Tränen, mit denen Rita sie überschüttete, und dem allgemeinen schönen Gefühl beim Rest von uns, die Sache gut gemacht zu haben, ging das Leben weiter.
    Einfach so: Das Leben ging weiter. Nichts Neues trat ein, ich hatte nach wie vor keine Lösung für mein Innenleben, und eine neue Richtung tat sich ebenfalls nicht auf. Es war einfach die Fortsetzung eines aggressiv gewöhnlichen Daseins, die mich mehr aufrieb, als selbst der größte körperliche Schmerz auf Erden es vermocht hätte. Vielleicht hatte der alte Mann recht gehabt – ich war eine Anomalie. Doch nicht einmal das war ich noch.
    Ich war vollkommen mutlos. Nicht nur leer, sondern irgendwie
beendet
, als wäre, was immer auch meine Aufgabe in dieser Welt gewesen war, nun erfüllt, und meine leere Hülle müsste nun von den Erinnerungen leben.
    Ich ersehnte noch immer eine Antwort auf die persönliche Abwesenheit, die mich quälte, und hatte sie nicht erhalten. Mittlerweile schien es wahrscheinlich, dass dies so bleiben würde. In meiner Benommenheit konnte ich keinen Schmerz empfinden, der tief genug reichte, um den Passagier nach Hause zu holen. Wir waren in Sicherheit, die bösen Buben tot oder verschwunden, doch irgendwie schien das nichts mit
mir
zu tun zu haben. Sollte das selbstsüchtig klingen, kann ich nur einwenden, dass ich nie behauptet habe, etwas anderes als vollkommen egozentrisch zu sein – wenigstens, wenn niemand zusah. Nun musste ich selbstverständlich lernen, meine Rolle wahrhaft zu
leben
, und diese Erkenntnis erfüllte mich mit einem distanzierten, überdrüssigen Ekel, den ich nicht abschütteln konnte.
    Das Gefühl dauerte auch die nächsten Tage an, doch schließlich verschwand es im Hintergrund, und ich begann mein neues, unvermeidliches Los zu akzeptieren. Dexter, der Knecht. Ich würde die gebeugte Haltung lernen, mich in Grau gewanden, und allüberall würden Kinder mir gemeine Streiche spielen, weil ich so traurig und trostlos war. Und endlich, im hohen Alter, würde ich einfach unbemerkt umfallen und dem Wind gestatten, meinen Staub in den Straßen zu verwehen.
    Das Leben ging weiter. Tage verschmolzen zu Wochen. Vince Masuoka stürzte sich in einen Wirbel hektischer Aktivität, fand einen neuen, bezahlbaren Caterer, brachte mich zu den Anproben für meinen Frack und schleppte mich, als der Hochzeitstag schließlich gekommen war, rechtzeitig in die überwucherte Kirche in Coconut Grove.
    Ich stand am Altar, lauschte der Orgelmusik und wartete mit meiner neu gewonnenen, dumpfen Geduld darauf, dass Rita über den Gang und in permanente Unfreiheit mit mir tänzelte. Ein sehr hübsches Bild, wäre ich nur fähig gewesen, es zu genießen. Die Kirche war voller gut angezogener Menschen – ich hatte nie gewusst, dass Rita so viele Freunde hatte! Vielleicht sollte auch ich versuchen, mir eine Sammlung zuzulegen, damit sie mir in meinem neuen, sinnlosen Leben beistehen konnten. Der Altar war von Blumen übersät, und neben mir stand der vor Nervosität schwitzende Vince, der alle paar Sekunden krampfhaft die Hände an den Hosenbeinen abwischte.
    Dann ließ die Orgel ein lautes Schmettern ertönen, und alles erhob sich und drehte sich um. Und dort kamen sie: Astor in ihrem wunderschönen weißen Kleid führte sie an, das Haar in Ringellöckchen gedreht, einen gewaltigen Blumenkorb in den Händen. Als Nächster Cody in seinem winzigen Frack, die Haare an den Kopf geklebt, trug er das kleine Samtkissen mit den Ringen.
    Als Letzte erschien Rita. Als ich sie und die Kinder betrachtete, schien in ihren Personen die ganze eintönige Pein meines zukünftigen Lebens auf mich zuzumarschieren, ein Leben voller Elternabende und Fahrräder, Hypotheken und Nachbarschaftstreffen und Pfadfindern, Fußball und neuen Schuhen und Zahnklammern. Es war ein vollkommen lebloses, farbloses Dasein aus zweiter Hand, und diese Aussicht verursachte mir kaum zu ertragende Qualen, so grell, dass sie mich förmlich blendeten. Ausgesuchte Agonie überrollte mich, eine nie gekannte Folter, so bitter, dass ich die Augen schloss …
    Und dann spürte ich eine seltsame Regung in meinem Inneren, eine Art aufbrandender Erfüllung, ein Gefühl, dass die Dinge genau so waren, wie sie sein sollten, jetzt und immerdar, in alle Ewigkeit; und was hier zusammengebracht

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