Komm zurück, mein dunkler Bruder
aggressiv an. »Wer, zum Teufel, sind Sie?«, knurrte sie mich an. »Ich will Ihre Marke sehen.«
»Ich bin die Verstärkung«, erklärte ich. »Falls sie von schlechtem Karma angegriffen wird.«
Die Frau schnaubte, aber wenigstens schoss sie nicht auf mich. »Die Polizisten in dieser Stadt«, sagte sie, »
schwimmen
in schlechtem Karma. Ich war auf der FTAA -Demo [1] , ich weiß, wie ihr seid.«
»Vielleicht stimmt das«, sagte Deborah, »aber die andere Seite ist noch schlimmer. Könnten Sie mir also vielleicht einfach ein paar Fragen beantworten?«
Die Frau, die Stirn noch immer gerunzelt, musterte Deborah und zuckte die Achseln. »Ich schätze schon«, gab sie nach. »Aber ich kann nicht erkennen, wie Ihnen das helfen sollte. Und falls Sie zu weit gehen, rufe ich meinen Anwalt.«
»Prima«, meinte Deborah. »Wir suchen nach einem Hinweis auf jemanden, der Kontakt zu einer hiesigen alternativen religiösen Gruppierung hat, die eine Vorliebe für Stiere hegt.«
Einen Augenblick lang dachte ich, die Frau würde gleich lächeln, aber sie riss sich noch rechtzeitig zusammen. »Stiere? Jesus, wer hat nichts für Stiere übrig? Das reicht zurück bis zu den alten Sumerern, Kreta, diese ganzen Wiegen der Zivilisation. Viele Leute haben sie verehrt. Ich meine, auch abgesehen von den riesigen Schwänzen sind sie sehr mächtig.«
Falls die Frau annahm, sie könnte Deborah in Verlegenheit bringen, kannte sie die Polizei von Miami nicht so gut, wie sie glaubte. Meine Schwester zuckte mit keiner Wimper. »Wissen Sie etwas über eine bestimmte Gruppierung, die hier ansässig sein könnte?«, fragte Deborah.
»Keine Ahnung«, sagte die Frau. »Welche Gruppierung?«
»Candomblé?«, schlug ich vor, Vince kurzfristig dankbar dafür, dass er ein Wort beigesteuert hatte. »Palo Mayombe? Oder Wicca?«
»Wegen dem spanischen Kram müssen Sie rüber zu Eleggua an der 8th Street. Darüber weiß ich gar nichts. Wir verkaufen ein paar Sachen an die Wicca-Leute, aber ohne richterlichen Beschluss erzähle ich Ihnen gar nichts darüber. Auf jeden Fall haben die nichts mit Stieren am Hut.« Sie schnaubte. »Die stehen einfach nackt in den Everglades rum und warten darauf, dass ihre Macht erscheint.«
»Gibt es noch andere?«, bohrte Deborah.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich meine, ich kenne die meisten Gruppierungen in der Stadt, und mir fällt nichts ein.« Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht die Druiden, bei denen steht irgendeine Frühlingsfeier an. Sie haben früher Menschen geopfert.«
Deborahs Stirnrunzeln wurden tiefer. »Wann war das?«, fragte sie.
Diesmal lächelte die Frau wirklich, nur ein wenig, mit einem Mundwinkel. »Vor ungefähr zweitausend Jahren. Dafür kommen Sie ein bisschen zu spät, Sherlock.«
»Fällt Ihnen noch etwas ein, das uns weiterhelfen könnte?«, fragte Deborah.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Helfen wobei? Vielleicht läuft dort draußen irgendein armer Psycho rum, der Aleister Crowley gelesen hat und auf einer Rinderfarm lebt. Woher soll ich das wissen?«
Deborah musterte sie einen Moment lang, als versuchte sie zu beurteilen, ob die Frau widerspenstig genug war, um verhaftet zu werden, entschied sich dann aber offensichtlich dagegen. »Vielen Dank für Ihre Zeit«, sagte sie, während sie ihre Visitenkarte auf den Tresen legte. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, das uns weiterhelfen könnte, rufen Sie mich bitte an.«
»Ja, klar«, sagte die Frau, ohne die Karte auch nur eines Blickes zu würdigen. Deborah funkelte sie einen Augenblick länger zornig an und stapfte dann aus der Tür. Die Frau starrte mich an, und ich lächelte.
»Gemüse mag ich wirklich gern«, versicherte ich ihr. Dann machte ich das Peace-Zeichen und folgte meiner Schwester nach draußen.
»Das war eine blöde Idee«, bemerkte Deborah, während wir zum Auto zurückeilten.
»Ach, das würde ich so nicht sagen«, erwiderte ich. Und das war die lautere Wahrheit, ich würde es wirklich nicht sagen. Selbstverständlich war es eine blöde Idee gewesen, doch würde diese Äußerung einen von Debs’ brutalen Armknüffen nach sich ziehen. »Immerhin haben wir einige Möglichkeiten eliminiert.«
»Sicher«, sagte sie mürrisch. »Wir wissen, dass es wahrscheinlich keine Bande nackter Schwuchteln war, es sei denn, sie haben es vor zweitausend Jahren getan.«
Damit hatte sie nicht ganz unrecht, aber ich betrachte es als meine Lebensaufgabe, allen um mich herum zu einer positiven Einstellung zu verhelfen.
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