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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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gearbeitet hatte, die er nur als die OGA bezeichnete, aber ich wusste nach wie vor nicht, wofür diese Abkürzung stand.
    Gehorsam drehte er sich zu mir um. »Ich habe an vielen Stellen Freunde und Quellen«, erklärte er. »Eine Sache wie diese könnte irgendwo eine Art Spur hinterlassen haben, und ich könnte herumtelefonieren und mehr darüber herausfinden.«
    »Du meinst einen Anruf bei deinen Kumpeln von der OGA ?«, fragte ich.
    Er lächelte. »Etwas in der Art.«
    »Um Himmels willen, Dexter«, sagte Deborah. » OGA steht einfach für Other Government Agency, eine andere Regierungstruppe. Es gibt keine solche Organisation, es ist ein Insiderwitz.«
    »Schön, endlich auch Bescheid zu wissen«, meinte ich. »Und du hast noch immer Zugang zu deren Akten?«
    Er zuckte die Achseln. »Technisch gesehen bin ich zur Rekonvaleszenz freigestellt.«
    »Freigestellt von was?«, fragte ich.
    Mechanisch lächelte er mich an. »Das willst du nicht wissen. Die Sache ist die, man hat noch nicht endgültig entschieden, ob ich überhaupt noch scheißgut genug bin.« Er betrachtete die Gabel, die in seiner Stahlhand klemmte, drehte den Arm, um zu beobachten, wie sie sich bewegte. »Scheiße«, sagte er.
    Und weil ich spürte, dass uns einer dieser unbehaglichen Momente bevorstand, tat ich, was ich konnte, um die Dinge wieder auf eine gesellige Basis zu stellen. »Habt ihr nichts im Brennofen gefunden?«, fragte ich. »Irgendwelchen Schmuck oder so?«
    »Was meinst du damit?«, fragte sie.
    »Den Brennofen«, wiederholte ich. »In dem die Leichen verbrannt wurden.«
    »Hast du nicht zugehört? Wir konnten nicht feststellen, wo die Leichen verbrannt worden sind.«
    »Oh«, sagte ich. »Ich hatte angenommen, es wäre direkt dort auf dem Campus passiert, in der Keramikwerkstatt.«
    Beim Anblick ihrer plötzlich gefrorenen Miene wurde mir bewusst, dass sie entweder unter massiven Verdauungsbeschwerden litt oder nichts von der Keramikwerkstatt gewusst hatte. »Sie liegt ungefähr eine halbe Meile von dem See entfernt, an dem die Leichen gefunden wurden«, sagte ich. »Du weißt schon, der Brennofen. Wo Tonwaren gebrannt werden.«
    Deborah starrte mich noch einen Moment an und sprang dann vom Tisch auf. Ich hielt das für eine wunderbar kreative und dramatische Art, ein Gespräch zu beenden, und es dauerte einen Moment, ehe ich etwas anderes tun konnte, als ihr hinterherzublinzeln.
    »Ich schätze, das hat sie nicht gewusst«, sagte Chutsky.
    »Das war auch mein erster Gedanke«, stimmte ich ihm zu. »Sollen wir ihr folgen?«
    Er zuckte die Achseln und spießte sein letztes Stück Steak auf. »Ich bestelle noch einen Flan und Kaffee. Dann werde ich mir ein Taxi nehmen, da ich ja nicht helfen darf.« Er schob ein wenig Reis und Bohnen zusammen und nickte mir zu. »Lauf, es sei denn, du willst zu Fuß zurück zur Arbeit.«
    Tatsächlich hatte ich nicht das geringste Verlangen, zu Fuß zur Arbeit zurückzukehren. Andererseits hatte ich noch einen fast halbvollen Milchshake, den ich auch nicht stehenlassen wollte. Ich stand auf und folgte ihr, aber ich milderte den Schlag, indem ich mir die ungegessene Hälfte von Deborahs Sandwich schnappte, bevor ich hinter ihr her durch die Tür taumelte.
    Schon bald rollten wir durch das Eingangstor des Unicampus. Deborah hing einen Teil der Fahrt am Funkgerät und veranlasste einige Leute, uns an den Brennöfen zu treffen. Den Rest der Fahrt biss sie die Zähne zusammen und murmelte vor sich hin.
    Hinter dem Tor bogen wir links ab und folgten der gewundenen Straße, die zu den Keramikwerkstätten führte. In meinem ersten Jahr hatte ich in einem Versuch, meinen Horizont zu erweitern, dort einen Töpferkurs belegt und festgestellt, dass ich sehr gut in der Herstellung äußerst gleichmäßiger Vasen war, doch nicht besonders erfolgreich in der Schaffung originaler Kunstwerke, zumindest nicht in diesem Medium. Ich schmeichle mir jedoch, dass ich auf meinem Gebiet kreativ sein kann, wie ich erst vor kurzem an Zander unter Beweis gestellt hatte.
    Angel-keine-Verwandtschaft war bereits eingetroffen und durchsuchte sorgfältig und geduldig den ersten Brennofen nach Spuren von praktisch allem. Deborah ging hinüber und kauerte sich neben ihn, ließ mich mit den letzten drei Bissen ihres Sandwichs allein. Ich nahm den ersten Bissen. An der gelben Absperrung begann sich eine Menschenmenge zu sammeln. Vielleicht hofften sie auf den Anblick von etwas, das zu schrecklich war, um es anzuschauen; ich habe nie

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