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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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wichtig, dass ihr euch bewusst macht, wie schwer er, äh, beschädigt ist. Ihm fehlen nur noch wenige Jahre bis zum vollen Rentenanspruch, deshalb meinen die Anwälte, äh – wir meinen, unter diesen Umständen, ähem …« Er brach ab und sah sich um. »Hat euch schon jemand Bescheid gesagt?«
    »Sergeant Doakes war soeben hier«, sagte Deborah.
    »Oh«, machte Matthews. »Nun, dann …« Er zuckte die Achseln. »Prima. Gut, in Ordnung. Dann fahren Sie doch in Ihrer Besprechung fort. Gibt es schon etwas zu berichten?«
    »Bis jetzt keine echten Fortschritte, Captain«, erwiderte Deborah.
    »Nun, ich bin sicher, Sie haben die Sache in trockenen Tüchern, ehe die Presse – ich meine, in angemessener Zeit.«
    »Ja, Sir«, sagte sie.
    »Nun gut«, wiederholte er. Er sah sich noch einmal um, straffte die Schultern und ging.
    »Köpfe treiben nicht an der Oberfläche«, bemerkte jemand, und leises Lachen lief durch den Raum.
    »Jesus«, schnaubte Deborah. »Könnten wir uns bitte konzentrieren? Es geht hier um zwei Leichen.«
    Und weitere werden folgen,
dachte ich, und der Dunkle Passagier erschauderte leicht, als versuchte er tapfer, nicht davonzulaufen, aber das war alles, und ich dachte nicht weiter darüber nach.

[home]
    9
    I ch träume nicht. Ich meine, ich bin sicher, dass während meines normalen Schlafs an irgendeinem Punkt Bilder und Fragmente irgendwelchen Unsinns durch mein Unterbewusstsein treiben. Mir wurde versichert, das ginge jedem so. Aber falls ich Träume haben sollte, scheine ich mich nie daran zu erinnern, und das, so wurde mir ebenfalls versichert, passiert niemandem. Deshalb nehme ich an, dass ich nicht träume.
    Vor diesem Hintergrund war es ein gewisser Schock, als ich mich spät in dieser Nacht geborgen in Ritas Armen wiederfand, wo ich irgendetwas schrie, das ich nicht richtig verstand, einzig das Echo meiner eigenen erstickten Stimme drang aus der baumwollenen Dunkelheit zu mir. Ritas kühle Hand lag auf meiner Stirn, und ihre Stimme murmelte: »Alles ist gut, Liebling. Ich werde dich nie verlassen.«
    »Ich danke dir von ganzem Herzen«, krächzte ich. Ich räusperte mich und setzte mich auf.
    »Du hast schlecht geträumt«, sagte sie.
    »Wirklich? Worum ging es?« Ich konnte mich an nichts erinnern, außer an meine Schreie und das undeutliche Gefühl von Gefahr, die immer näher rückte, und ich war ganz allein.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Rita. »Du hast geschrien: ›Komm zurück! Lass mich nicht allein!‹« Sie räusperte sich. »Dexter – ich weiß, dass du wegen der Hochzeit unter Stress stehst …«
    »Nicht im Geringsten«, versicherte ich.
    »Aber ich will, dass du weißt, dass ich dich nie verlassen werde.« Sie griff wieder nach meiner Hand. »Für mich ist es für immer, großer Mann. Ich halte dich fest.« Sie rutschte herüber und schmiegte ihren Kopf an meine Schulter. »Mach dir keine Gedanken. Ich werde dich nie verlassen, Dexter.«
    Auch wenn mir jede Erfahrung mit Träumen fehlte, war ich doch sehr sicher, dass mein Unterbewusstsein sich keine großartigen Gedanken darüber machte, ob Rita mich verließ. Ich meine, mir war nie eingefallen, dass sie das tun könnte, was allerdings keinen Vertrauensbeweis meinerseits darstellt. Es war mir eben einfach nicht eingefallen. Ehrlich, ich hatte nicht die geringste Ahnung, warum sie überhaupt an mir festhalten wollte, deshalb war mir irgendein hypothetisches Verlassenwerden ebenso schleierhaft.
    Nein, das war mein Unterbewusstsein. Wenn es aus Angst vor dem Verlassenwerden aufschrie, wusste ich genau, wessen Verlust es fürchtete: den des Dunklen Passagiers. Mein Busenfreund, mein ständiger Gefährte auf meiner Reise durch die Sorgen und scharfen Freuden des Lebens. Das war die Angst hinter dem Traum: Das Ding zu verlieren, das mein Leben lang so sehr Teil von mir gewesen war, mich eigentlich ausmachte.
    Als es an der Universität in Deckung kroch, hatte mich das eindeutig schwer erschüttert, heftiger, als mir zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen war. Das plötzliche und wahrhaft gruselige Wiedererscheinen von fünfundsechzig Prozent von Sergeant Doakes hatte das Gefühl von Gefahr verstärkt, und der Rest war einfach. Mein Unterbewusstsein war auf den Plan getreten und hatte den passenden Traum geliefert. Völlig klar – Anfängerkurs Psychologie, ein Fall wie aus dem Lehrbuch, nichts, worüber man sich Gedanken machen müsste.
    Warum tat ich es dann?
    Weil der Passagier nie zuvor zurückgewichen war und ich immer

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