Komm zurück, mein dunkler Bruder
kann. Aber es schien eine taktisch kluge Bemerkung, und in meinem pubertätsgeschädigten Hirn, das unter einer haferbreiähnlichen Schicht von Hormonen und Unsicherheit siedete, schäumte nichts anderes zur Oberfläche. Und obgleich ich überzeugt bin, dass Harry mir meine Entschuldigung nicht abnahm, nickte er wieder.
»Gehen wir«, sagte er.
»Einen Augenblick«, wandte der stellvertretende Schulleiter ein. »Es gibt noch einiges zu besprechen.«
»Sie meinen die Tatsache, dass ein bekannter Schulhofschläger meinen Jungen in diese Konfrontation getrieben hat, weil Sie Ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen? Wie oft wurde der andere Junge bestraft?«
»Darum geht es nicht …«, setzte der stellvertretende Schulleiter an.
»Oder reden wir darüber, dass Sie Skalpelle und andere gefährliche Gegenstände in einem unverschlossenen, nicht überwachten Klassenzimmer offen und für Schüler mühelos erreichbar herumliegen lassen?«
»Wirklich, Officer …«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Harry. »Ich verspreche, über diese traurigen Zustände hinwegzusehen, wenn Sie mir zusagen, dass Sie echte Anstrengungen unternehmen werden, die Situation zu verbessern.«
»Aber dieser Junge …«, versuchte er es erneut.
»Um diesen Jungen kümmere ich mich«, versicherte Harry. »Sie kümmern sich darum, die Situation hier zu verbessern, damit ich nicht gezwungen bin, die Schulaufsicht zu informieren.«
Und damit war selbstverständlich alles erledigt. Harry zu widersprechen war ausgeschlossen, ganz gleich, ob Mordverdächtiger, Präsident der Rotarier oder junges, vom Weg abgekommenes Ungeheuer. Der stellvertretende Schulleiter öffnete und schloss ein paarmal den Mund, brachte jedoch kein Wort heraus, nur eine Art mit Räuspern kombiniertes Zischen. Harry betrachtete ihn einen Moment, dann wandte er sich an mich. »Gehen wir«, wiederholte er.
Harry schwieg den ganzen Weg zum Auto, und es war kein kameradschaftliches Schweigen. Er sagte kein Wort, während wir die Schule hinter uns ließen und auf dem Dixie Highway nach Norden fuhren – statt um die Schule herum in die andere Richtung über die Granada und Hardee zu unserem kleinen Haus im Grove. Ich schaute ihn an, als er abbog, doch hatte er nach wie vor nichts zu sagen, und sein Gesichtsausdruck schien nicht gerade zu einem Gespräch einzuladen. Er starrte geradeaus auf die Straße und fuhr – schnell, aber nicht so schnell, dass er die Sirene einschalten musste.
Harry bog nach links auf die 17th Avenue ab, und nach kurzer Zeit überkam mich die irrationale Vorstellung, er würde mich zum Orange Bowl bringen. Aber wir passierten die Abfahrt zum Stadion und fuhren weiter, über den Miami River und dann auf den North River Drive, und jetzt wusste ich, wohin wir unterwegs waren, doch noch immer nicht warum. Harry hatte kein Wort gesprochen oder auch nur in meine Richtung geschaut, und ich spürte, wie sich eine gedrückte Stimmung in den Nachmittag schlich, die nichts mit den Sturmwolken zu tun hatte, die sich am Horizont zu ballen begannen.
Harry parkte den Streifenwagen, und endlich sagte er etwas. »Los«, kommandierte er. »Hinein.« Ich sah ihn an, doch er stieg bereits aus dem Auto, und so tat ich es ihm nach und folgte ihm kleinlaut in die Haftanstalt.
Harry war hier allgemein bekannt, wie er überall als guter Polizist bekannt war. »Harry!«- und »Hey, Sarge!«-Rufe folgten ihm auf dem ganzen Weg durch den Empfangsbereich und den Flur entlang zum Zellenblock. Ich trottete einfach hinter ihm her, während meine dunklen Vorahnungen immer schlimmer wurden. Warum hatte Harry mich zu diesem Gefängnis gefahren? Warum schimpfte er nicht mit mir, sagte mir, wie enttäuscht er war, während er eine harte, aber gerechte Strafe für mich ersann?
Nichts, was er sagte oder tat, gab mir irgendeinen Hinweis. So zockelte ich hinter ihm her. Schließlich hielt uns einer der Wärter auf. Harry nahm ihn zur Seite und redete leise; der Wärter sah zu mir herüber, nickte und führte uns zum Ende des Zellenblocks. »Hier ist er«, sagte der Wärter. »Viel Spaß.« Er nickte der Gestalt in der Zelle zu, streifte mich mit einem kurzen Blick und ließ Harry und mich dort stehen, damit wir unser unbehagliches Schweigen wieder aufnahmen.
Harry tat nichts, um das Schweigen zu brechen. Er drehte sich um und starrte in die Zelle, und die bleiche Gestalt darin regte sich, stand auf und trat an die Gitterstäbe. »Schau einer an, Sergeant Harry«, grüßte die
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