Komm zurück, mein dunkler Bruder
Gestalt fröhlich. »Wie geht es Ihnen, Harry? Wie
nett
von Ihnen, mal vorbeizuschauen.«
»Hallo, Carl«, antwortete Harry. Endlich drehte er sich zu mir um und sprach. »Das ist Carl, Dexter.«
»Was für ein hübscher Bursche du bist, Dexter«, sagte Carl. »Sehr erfreut, dich kennenzulernen.«
Carls Augen, die er auf mich richtete, waren strahlend und leer, doch im Hintergrund konnte ich einen riesigen dunklen Schatten erahnen, und etwas in mir zuckte und versuchte, vor dem größeren und wilderen Ding davonzuschleichen, das dort hinter den Gittern lebte. Er selbst war weder besonders groß, noch wirkte er wild – auf oberflächliche Weise machte er mit seinen gepflegten blonden Haaren und den regelmäßigen Zügen sogar einen angenehmen Eindruck –, aber etwas an ihm flößte mir Unbehagen ein.
»Carl wurde gestern hier eingeliefert«, erzählte Harry. »Er hat elf Menschen umgebracht.«
»Ach, na ja«, sagte Carl bescheiden. »In etwa.«
Über dem Gefängnis krachte der Donner, und Regen setzte ein. Ich musterte Carl mit echtem Interesse: Jetzt wusste ich, was meinen Dunklen Passagier beunruhigt hatte. Wir standen erst am Anfang, und hier war jemand, der dort gewesen und wieder zurückgekehrt war, elfmal, in etwa. Zum ersten Mal begriff ich, wie sich meine Klassenkameraden an der Ponce fühlen mochten, wenn sie einem leibhaftigen Quarterback der NFL begegneten.
»Carl genießt es, Menschen umzubringen«, erklärte Harry nüchtern. »Nicht wahr, Carl?«
»So bin ich beschäftigt«, sagte Carl zufrieden.
»Bis wir dich erwischt haben«, erwiderte Harry grob.
»Nun, ja, das, natürlich. Trotzdem …«, er zuckte die Achseln und lächelte Harry verschlagen an, »es hat Spaß gemacht, so lange es dauerte.«
»Du bist unvorsichtig geworden«, sagte Harry.
»Stimmt«, bestätigte Carl. »Woher hätte ich wissen sollen, dass die Polizei so gründlich ist?«
»Wie machen Sie das?«, platzte ich heraus.
»Es ist nicht besonders schwer«, antwortete Carl.
»Nein, ich meine – hm,
wie
genau?«
Carl blickte mich forschend an, und ich konnte beinahe ein Schnurren hören, das aus den Schatten direkt hinter seinen Augen drang. Einen Augenblick lang verschränkten sich unsere Blicke, und der schwarze Klang zweier Raubtiere, die über einer kleinen, hilflosen Beute aufeinanderprallten, erfüllte die Welt. »Schau an, schau an«, sagte Carl. »Ist es denn die Möglichkeit?« Gerade als ich begann, mich zu winden, drehte er sich zu Harry um. »Ich diene also als Anschauungsobjekt, nicht wahr, Sergeant? Wollen Sie Ihren Jungen auf den schmalen, geraden Pfad der Tugend scheuchen?«
Harry starrte zurück, zeigte nichts, sagte nichts.
»Nun, ich fürchte, ich muss Ihnen mitteilen, dass es unmöglich ist, diesen besonderen Pfad zu verlassen, armer lieber Harry. Hat man ihn einmal betreten, bleibt man sein Leben lang darauf und möglicherweise auch danach, und es gibt nichts, was Sie oder ich oder das liebe Kind hier dagegen tun könnten.«
»Doch, eine Sache gibt es«, sagte Harry.
»Tatsächlich«, meinte Carl, und nun schien ihn eine schwarze Wolke einzuhüllen, mit den Zähnen seines Lächelns zu verschmelzen, die Schwingen gegen Harry, gegen mich zu richten. »Und was sollte das wohl sein? Gebete?«
»Lass dich nicht erwischen«, sagte Harry.
Einen Augenblick lang erstarrte die schwarze Wolke, dann schrumpfte sie und verschwand. »O mein Gott«, sagte Carl. »Ich wünschte, ich wüsste, wie man lacht.« Langsam schüttelte er den Kopf. »Sie meinen es ernst, nicht wahr? O mein Gott. Was für ein wunderbarer Vater Sie sind, Sergeant Harry.« Und er lächelte uns so breit an, dass es beinahe echt wirkte.
Jetzt richtete Harry seinen vollen eisblauen Blick auf mich.
»Er wurde erwischt«, sagte Harry zu mir, »weil er nicht wusste, was er tat. Und jetzt landet er auf dem elektrischen Stuhl. Weil er nicht wusste, wie die Polizei vorgeht. Weil«, sagte Harry, ohne auch nur die Stimme zu heben oder zu zwinkern, »er nicht ausgebildet wurde.«
Ich sah zu Carl, der uns durch die dicken Gitterstäbe mit seinen zu strahlenden, toten, leeren Augen beobachtete. Erwischt. Ich sah wieder zu Harry. »Ich verstehe«, sagte ich.
Und das tat ich.
Dies war das Ende meiner jugendlichen Rebellion.
Und nun, so viele Jahre später – wunderbare Jahre, erfüllt von Schlitzen und Hacken und niemals Erwischtwerden – wusste ich wahrhaftig, was für ein bemerkenswertes Risiko Harry eingegangen war, als er mir Carl
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