Komme, was Wolle
und die Milch ist im Kühlschrank, und mach dir keine Sorgen wegen der Tür, sie ist kaputt, wenn sie also rausfällt, häng sie einfach wieder ein.«
»Okey-dokey.« Sie geht summend nach oben.
»Du liebe Güte, sie ist ein bisschen arg fidel, was?«
»Sie ist nur jung, Ellen. Wir waren früher auch mal so.«
»Vielen Dank, das ist ja ungeheuer aufmunternd. Und warum hast du einen Kühlschrank mit einer abnehmbaren Tür?«
»Weil er immer noch funktioniert und nur die Milch für den Laden drin ist, so dass es sich nicht lohnt, einen neuen anzuschaffen.«
»Du wirst doch wohl nicht eine dieser verrückten Frauen, die jeden Wollfaden aufbewahrt, oder?«
»Definitiv.«
»Mann, was für eine fantastische Farbe.«
Sie pickt sich ein Knäuel von der neuen Winterwolle heraus, Salbei, schwarzgefleckt.
»Ja, gnädige Frau, und gestrickt sieht sie einfach toll aus. Du könntest dir in null Komma nix einen Schal oder ein Bolero stricken.«
»Nicht wenn ich es stricke, Darling, und außerdem bin ich der Meinung, dass Boleros eher etwas für Sechzehnjährige sind, die noch von alten Mistkerlen gefragt werden, was sie mit ihrem Leben vorhaben.«
»Wie wäre es dann mit einem Schal?«
»Eigentlich dachte ich an einen Pullover für Harry. Mir gefällt der Symbolgehalt. Ich sitze hier und stricke für meinen Mann. Sehr postfeministisch, findest du nicht? Obgleich die Chancen eher gering sind, dass wir immer noch zusammen sind, wenn ich fertig bin.«
»Gestern Abend wirktet ihr auf mich mächtig verliebt.«
»Oh ja, im Moment ist alles bestens. Er fährt nächstes Wochenende für einen zehntätigen Job nach Moskau, irgendein Beitrag über betrunkene russische Ölmafiosi, aber er hat sich schon für den Tag seiner Rückkehr mit mir zum Dinner verabredet. Vorausgesetzt, es endet nicht mit einem ›nur hin, nicht zurück‹-Ticket für die Transsibirische Eisenbahn.«
»Also, das hört sich ja echt nach Fortschritt an, lang vorher geplante Verabredungen.«
Sie nickt.
»Mann, jedes Mal, wenn ich meinen Kopf bewege, habe ich das Gefühl, dass er gleich abfällt. Glaubst du denn, dass ich es schaffen könnte, einen Pullover zu stricken?«
»Vielleicht wäre für den Anfang ein Schal besser, und du könntest ihm auch noch ein Paar Handschuhe stricken, oder besser Fäustlinge – die Finger bei Handschuhen sind ziemlich schwierig, aber Fäustlinge sind leicht, und sie sind bei der Kälte in Moskau auch praktisch.«
»Exzellent. Hilfst du mir mit dem Anfang?«
»Na klar.«
»Und wir können sie an einem Band befestigen, so wie früher. In meiner Schulzeit trug ich die Handschuhe an einer Schnur befestigt unterm Mantel.«
»Ich auch, aber Vin hat immer daran gezogen, so dass mir ein Handschuh immer unter der Achselhöhle hing.«
»Mistkerl.«
»Ich weiß. Er hat es fast jeden Morgen getan, während wir auf den Schulbus warteten.«
»Ein weiterer Vorteil, ein Einzelkind zu sein, Darling: Niemand zieht an deiner Handschuhschnur.«
Lulu kommt mit dem Kaffee nach unten, und wir blättern in den Musterbüchern, aber Ellen weigert sich, irgendetwas näher in Betracht zu ziehen, das von Models präsentiert wird, die zurückgeblieben aussehen oder komische Frisuren tragen, was auf so gut wie alle Abbildungen zutrifft. Letztendlich finden wir ein Muster von Aran mit einer Familie, die dabei ist, eine Bergtour zu machen, und die wirkt, als hätten sie sich gerade heftig gestritten. Wahrscheinlich darüber, dass die Kinder gezwungen wurden, Pullover mit Bommeln zu tragen.
»Ist das Flechtmuster schwierig?«
»Das Zopfmuster? Ja, es ist nicht ganz ohne – du brauchst dafür eine zusätzliche Nadel -, aber wir müssen es ja nicht gleich so kompliziert machen und nehmen ein Rippenmuster. Die Handschuhe sehen recht einfach aus.«
»Also, das mit den Handschuhen überlege ich mir lieber noch mal. Ich glaube, ein Schal ist fürs erste Mal Herausforderung genug.«
»Na gut, wenn du nur einen Schal stricken möchtest, brauchen wir kein Muster. Ich zeige dir den Anfang, und du machst einfach weiter, bis es dir langweilig wird.«
»Dann wird es ein verdammt kurzer Schal.«
Lulu sieht sich die Rowan-Musterbücher an.
»Einige sind wunderschön. Ich glaube, ich stricke mir dieses Tanktop.«
»Hast du schon mal Fair Isle gestrickt?«
»Ich glaube nicht. Meine Mum hat mir das Stricken beigebracht, aber ich habe jahrelang nichts gestrickt.«
Ellen seufzt. »Ich wünschte, meine Mutter hätte mir auch so etwas beigebracht, statt
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