Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
Diskussionen im Männerpissoir war sich die Mehrheit darüber einig, Fatma lieber zur Mitwisserin zu machen, als sie mit ihrem naiven Tatendrang womöglich weitere Ermittlungspannen offenlegen zu lassen.
Man gab ihr von da an das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein, einer Truppe, in der Loyalität und Kameradschaft, Disziplin und Solidarität absoluten Vorrang hatten.
In Wirklichkeit erwarteten die Herren Beamten von einer Frau jedoch nichts anderes, als dass sie nach Außen hin eine gute Figur machte.
Als Stoppelkopf wieder einmal unter einem Vorwand in Fatmas Büro kam, klingelte gerade ihr Handy. Ihr Bruder Mehmet redete sofort drauflos, total aufgeregt.
„ Ist privat.“
Sie nickte Stoppelkopf in Richtung Tür. Der ignorierte dickfellig ihren Wink. Fatma schwollen die Adern am Hals, während Mehmets Stimme, zum Glück auf Türkisch, laut aus dem Lautsprecher ihres Handys plärrte.
„ Ich brauch gerade mal fünf Minuten für mich, ja?“
Sie stand von ihrem Schreibtisch auf und schob Stoppelkopf mit vollem Körpereinsatz zur Tür hinaus. Draußen hörte sie schadenfrohes Gelächter. Die lieben Kollegen! Es hatte sich also doch nichts geändert. Man betrachtete sie als Sexobjekt. Und Stoppelkopf als ambitionierten Verehrer, dem sie zur Unterhaltung aller soeben einen Korb gegeben hatte. Super!
„ Mehmet, ruf mich verdammt noch mal nicht während der Arbeit an!“
Sie fauchte ihren Bruder wütend an.
„ Hörst Du? Niemals!“
Mehmets Stimme klang eingeschüchtert. Er schlug ihr noch schnell einen Treffpunkt vor.
Nach Dienstschluss nahm Fatma die U1 zum Kottbusser Tor. Sie waren dort in der Adalbertstraße in einem türkischen Restaurant verabredet.
Ihr Handy hatte sie noch auf der Fahrt vorsichtshalber ausgeschaltet. Zu Fuß machte sie einen Umweg, um zu prüfen, ob ihr jemand folgte.
Seit zwei Monaten hatte sie Mehmet nicht mehr getroffen und staunte nicht schlecht, als sie ihn im Untergeschoss des Restaurants an einem schlecht einsehbaren Platz entdeckte. Noch nie zuvor in seinem Leben war Mehmet so blond gewesen.
„ Schicke Haare!“
„ Gefällt Dir?“
„ Wie eine Tussi!“
Mehmet winkte cool ab.
„ Ich mache jetzt auf Popstar. Muss meinen Kunden was bieten!“
Fatma verschluckte sich an ihrem Lachreiz.
„ Die Kunden wollen bei einem Popstar einkaufen. Nicht bei Mehmet, verstehst Du?“
Fatma hustete und röchelte. Ihr Bruder kam ihr zu Hilfe, klopfte ihr auf den Rücken.
„ Ich bin selbstständig. Da musst du dir immer was Neues einfallen lassen. Sonst tragen meine Kunden ihre Barschaft woanders hin.“
Er trug ein goldenes Hemd mit lila Krawatte.
„ Mehmet, lass dir auch noch den Bart färben. Deine schwarzen Bartstoppeln passen nicht zum Blondie!“
Ihr Lachreiz fing wieder an.
„ Fatma, lass die Witze, die Lage ist ernst.“
Mehmets aufeinander gepresste Lippen zeigten ein ernstes Problem an. Ihrem Bruder kam sie natürlich immer zur Hilfe, wenn es erforderlich war.
„ Also, mein Lieber, was ist los?“
Mehmet holte weit aus.
„ Wenn jemand einfach mein Business kopiert, was mache ich dann?“
Fatma zuckte mit den Schultern. Ein Kellner servierte Tee.
„ Sag bloß, jemand kopiert dein Geschäft?“
„ Unser Geschäft!“
Fügte Mehmet eilig hinzu. Er war ein überzeugter Familienmensch, hatte ihr mit seinen Deals jahrelang die Ausbildung bei der Polizei finanziert.
„ Du musst sie auffliegen lassen! Meine Scheiß Konkurrenten. Ab in den Knast mit denen!“
„ Ich bin jetzt in einem anderen Dezernat, Mehmet.“
Mehmet schnappte nach Luft. Ihre heimliche Zusammenarbeit damals im Drogendezernat hatte Fatma als zeitlich begrenzt angesehen. Nur hatte sie sich darüber mit ihm noch nicht ausführlich verständigt.
„ Diese Gauner sabotieren mich mit Dumpingpreisen! Meine Kunden hauen ab. Unser Geschäft geht kaputt!“
„ Ich dachte, Du wolltest raus aus diesen Geschäften? Hattest Du mir das nicht versprochen?“
„ Wenn Du mir nicht hilfst, bringe ich die Kerle eigenhändig um! Oder schicke ihnen einen Killer!“
Gäste am Nachbartisch waren bei Mehmets letztem Wort zusammengezuckt, schauten neugierig herüber. Fatma versetzte ihrem Bruder diskret einen Fußtritt unter dem Tisch.
„ Lass sie doch gaffen!“
Mehmet war laut geworden und schnitt ihnen eine Grimasse. Die Gäste zogen schnell ihre Köpfe ein.
„ Zieh dich aus diesem Business endlich raus! Es geht nicht immer alles gut.“
Fatma machte sich schon lange Sorgen um ihren Bruder.
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