Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
Er schüttelte resigniert den Kopf.
„ Kann ich nicht. Bin noch nicht so weit.“
„ Wieso? Ein Geschäft ist so gut wie das andere. Egal, was Du verkaufst.“
„ Vergiss nicht, was ich für die Familie getan habe. Auch für dich!“
Er war richtig wütend.
„ Mehmet, ich habe einen Beruf, verdiene mein eigenes Geld. Du musst nicht mehr für mich sorgen. Du bist frei. Mach etwas anderes!“
Er zündete sich eine Zigarette an. Rauchend schaute er mit leerem Blick in eine unsichtbare Ferne.
Fatma meinte zu wissen, woran er in diesem Moment dachte. An seinen großen Traum.
Eine Bienenfarm in den Ausläufern des Taurus Gebirges. Er malte sich das schön. Sonne, eine grüne Hügellandschaft, türkisfarbene Flüsse. Und fast den ganzen Tag lang Nichtstun!
Die Bienen sammelten den Honig ein, während er selbst, im Schatten liegend, einen Tee genießen würde. Das perfekte Leben! Wozu Hühner oder Rinder füttern, wenn Bienen von Blüte zu Blüte fliegen, um selbstständig kostbaren Nektar zu sammeln? Am Ende streicht man den Honig ein, fertig.
„ Fast fertig!“
Mehmet nippte an seinem Glas.
„ Ich bin fast so weit.“
Was zu einer einträglichen Bienenfarm dann nur noch fehlte war Mehmets Geheimrezept! Seine Mischung, wie aus einem gewöhnlichen Honig eine Berliner Spezialität wurde. Wie er das anstellte, hatte er nie verraten. Trotzdem waren seine Konkurrenten darauf gekommen. Und kopierten es.
Fatma schluckte einen Bissen Köfte hinunter.
„ Ich kann recherchieren, wer deine Wettbewerber sind. Anhaltspunkte“
Mehmet schob ihr einen Zettel über den Tisch.
„ Eine Beschreibung.“
Missbilligende Blicke austeilend, erhob sich die Speisegesellschaft am Nachbartisch und spazierte nach draußen.
Endlich waren die Geschwister allein im Kellerraum des Restaurants.
„ Mehmet! Wir können uns kein Risiko mehr leisten. Irgendwann sitzen verdeckte Ermittler! Dann wanderst Du ins Gefängnis und ich bin ich meinen Job los.“
Mehmet mimte seinen treuen Hundeblick. Er wusste, wie er seine Schwester beeinflussen konnte.
„ Glücklich mit deinem Leben, Fatma?“
Fatma stützte ihren Kopf auf den Tisch.
„ Geht so.“
„ Siehst Du!“
Mehmet streichelte über ihren Arm.
Der Kellner kam das Dessert servieren, aber Fatma war der Appetit vergangen. Mehmets offensichtlicher Leichtsinn lag ihr schwer im Magen.
„ Wer neu an einem Arbeitsplatz ist, hat zunächst nichts zu sagen. Das geht auch mir so. Die nehmen mich nicht mal ernst.“
Mehmet begriff nun langsam. Seine Schwester nahm ihren Job ernst, sie war erwachsen geworden. Er wusste sehr gut, dass man sich Respekt mühsam erarbeiten musste.
„ Hab verstanden. Ich verstehe Dich, Fatma!“
Sie sah ihm zweifelnd in seine hübschen, dunklen Augen. In der Clubszene war die Meinung verbreitet, dass Mehmet riesiges Glück gehabt hatte, von der Fahndung unbehelligt geblieben zu sein. Andere Dealer saßen längst im Knast.
Wenn seine Konkurrenten etwas erfuhren, würden sie bald andere Gerüchte streuen.
Eine schwierige Zeit für ihn. Zwar mimte er jetzt den Popstar und ließ verbreiten, Popstars sei doch selbstverständlich alles erlaubt. Aber wie lange würde er sich damit noch über Wasser halten?
Mehmet schien ihre Gedanken zu erraten.
„ Gibt es in der Haftanstalt Tegel einen Popstar?“
„ Glaub nicht. Wieso?“
„ Siehst Du? Ich bin unantastbar.“
Fatma seufzte. Eine typische Mehmet Logik.
„ Ich liebe es, wenn Du zur Gitarre singst. Aber ein Popstar? Mehmet, denk dran, wenn Du auffliegst, bringst Du uns beide hinter Gitter.“
Mehmet setzte eine coole Sonnenbrille auf und vollführte mit seinem Oberkörper Tanzbewegungen.
„ Ich bin prominent. Prominenten passiert nichts. Schau mal im Fernsehen, die dürfen alles!“
Fatma amüsierte sich über seine Prominentenparodie.
„ Sehr witzig, aber das hilft dir nicht überall weiter. Mehmet, wach auf! Wir leben in einer Welt, in der echter Humor keinen Platz hat.“
Mehmet setzte sich wieder und schob unwillig sein Dessert beiseite.
„ Du bist so was von spießig geworden, Fatma.“
„ Mir egal! Wenn Du schon so weitermachen willst, versprich mir wenigstens, dass Du einen Plan B bereit hast. Einen perfekten Fluchtplan! Ich warne dich vor dem Tag, an dem die Realität an deine Tür klopft!“
Mehmet nickte.
„ Mir egal, ob Du dich dann über den Balkon abseilst, oder über die Dächer abhaust. Hauptsache sie kriegen dich nicht!“
„ Ja, kleine Schwester! Bin doch nicht
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