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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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der Mörder nicht gerechnet. Er spähte verstört durch die auf und ab ziehenden Schwaden. Er horchte dem Echo dieses entsetzlichen Rufes nach. Er duckte sich tief in das Boot. Ganz in der Nähe gellte ein Nebelhorn auf. Vier, fünf Scheinwerfer glühten wie riesige Augen durch den Nebel. Sie kamen näher. Sie suchten die Wasserfläche ab. Zwischendurch schrillten Trillerpfiffe der Polizei. Das ganze Hafenviertel mußte abgeriegelt sein. Hohl klangen die Rufe der Cops durch die Nacht. Sie pflanzten sich fort. Sie waren überall. Auch auf dem Strom selbst wurde es lebendig. Das Tuckern zahlreicher Motorkutter wurde hörbar. Ein dumpfer Warnschuß fegte über die Wasserfläche. Der Mann, der sich Ernest Prince nannte, kniff verstört die Augen zusammen, als er diese Unruhe sah. Sekundenlang wagte er sich nicht von der Stelle zu rühren. Er war wie gelähmt. Seine Gedanken schossen blind durcheinander. Würgend hielt ihn die Angst in den Klauen. Diesmal ist es zu Ende, dachte er. Sie haben mich eingekreist. Es gibt kein Entrinnen mehr. Das ganze Hafenviertel ist abgesperrt. Sie warten nur darauf, daß ich aus meinem Versteck hervor komme. Noch reichten die Scheinwerfer nicht bis zu ihm her. Der Nebel war sein einziger Schutz. Das dichte Gebräu war undurchdringlich. Aber schon ganz in der Nähe trieben die schwarzen Boote der Strompolizei vorüber. Wenn er sich noch retten wollte, mußte er alles auf eine Karte setzen. Das tat er dann auch. In verzweifeltem Entschluß warf er den Motor an. Das Tuckern mußte ihn verraten. Aber er hatte jetzt keine andere Wahl mehr.
    „Halt, hierher!“ gellten die Rufe der Cops über das Wasser. „Wir haben ihn. Richtet die Scheinwerfer auf Planquadrat A 14!“
    In wilder Hast fuhr Ernest Prince auf ein dichtes Gebüsch am Ufer zu. Wie ein Wolfsrudel waren die Polizeikutter hinter ihm her. Die ersten Scheinwerfer erfaßten das Boot. Ein starker Motor brummte ganz in der Nähe.
    „Stoppen Sie sofort!“ hallte es laut über das Wasser. „Drehen Sie bei! Wir schießen sonst ohne weitere Warnung!“
    Ernest Prince spürte, wie ihm das Hemd am Körper klebte. Auch sein Gesicht war naß von Schweiß. Mit entsetzt aufgerissenen Augen stierte er zurück! Sie hatten ihn in ihren Fängen. Er war verloren. Zehn Meter trennten ihn noch vom Ufer, da surrte eine singende Kugel an ihm vorüber. Eine ganze Salve folgte. Klatschend wirbelten die Schüsse das Wasser auf. Drei, vier Kugeln durchschlugen das Boot. Es begann rasch zu sinken!
    „Nehmen Sie die Hände hoch! Ergeben Sie sich!“
    Ernest Prince biß knirschend die Zähne zusammen. Schauerliche Visionen fielen über ihn her. Der Baum, der kurz vor ihm über das Ufer ragte, erschien ihm wie ein Galgen. Die Zweige, die locker nach unten hingen, stellten den Henkerstrick dar. Er glaubte sogar eine Schlinge zu erkennen. Soweit war es schon. Seine Nerven hielten nicht mehr durch. Er war restlos fertig. Von den Polizeikuttern schossen sie Salve auf Salve herüber. Wenn auch nicht alle Schüsse trafen, so schlugen doch fünf oder sechs Kugeln in die Bordwand. Das Wasser strömte in armdicken Fontänen in den Innenraum. In spätestens einer Minute mußte das Boot unter die Wasserfläche tauchen. Aber gerade in diesem Moment, als schon alles verloren war, erfaßte Ernest Prince einen Ast, der über das Wasser hing. Keuchend und erschöpft zog er sich ans Ufer. Wie ein Tier kroch er in das Dickicht. Er gönnte sich keine Atempause. Er hetzte weiter. Er wußte genau, daß sie ihn verfolgen würden. Wild und stürmisch brach er durch die Gebüsche. Er spürte kaum, daß ihm die Zweige ins Gesicht schlugen. Er fühlte es auch nicht, als ihm dornige Ranken Gesicht und Hände blutig rissen. Die Todesangst war stärker als alles andere. Sie hetzte ihn rastlos vorwärts. Sie gönnte ihm keine ruhige Sekunde.
    „Achtung!“ gellte es über das Wasser. „Er hält auf den Wapping Tunnel zu. Alle Streifen sofort an diese Stelle!“
    Taumelnd wankte Ernest Prince weiter. Er konnte nicht mehr. Er war am Ende seiner Kräfte. Zum erstenmal gab ihm das Schicksal Gelegenheit, die entsetzlichen Qualen seiner Opfer nachzuempfinden. Jetzt war er in der gleichen Lage wie sie. Die Todesfurcht zermarterte sein Hirn. Sein Herz krampfte sich gequält zusammen.
    Hinter jedem Busch glaubte er eine Uniform zu erkennen. Wie ein flüchtiges Wild kroch er die Böschung hinauf. Blitzschnell spähte er die schmale Gasse hinunter. Er äugte verstört nach links und rechts. Drunten

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