Kommissar Morry - Der Tod war schneller
wirklich. Als der tödliche Schuß fiel, lag er wehrlos und schweißnaß vor Angst in den Kissen. Er spürte einen dumpfen Schlag an der linken Schläfe. Sein Hirn krampfte sich unter einem unerträglichen Schmerz zusammen. Der Herzschlag setzte aus.
Warum das alles, dachte er noch, während schon die schwarzen Schatten des Todes über ihn sanken. Warum muß ich sterben? Was habe ich diesem Mann getan? Er konnte seine Frage nicht mehr beantworten. Die Gedanken erlahmten und zerflatterten im Nichts.
13
Da man am nächsten Tag das fünfzigjährige Bestehen der Central Common Bank feierte, gab der erste Direktor Stephan Gordon aus diesem Anlaß ein kleines Fest in seinem Hause. Er hatte alle Abteilungsleiter und Angestellten eingeladen. Über hundert Leute standen in der Vorhalle, im Wintergarten, in den Salons und auf dem Tanzparkett herum. Auch Albert Korda, der jüngste Anfänger unter den Angestellten, war zu diesem Fest erschienen. Er lächelte freundlich seinen Kollegen zu. Elegant und selbstsicher stand er mit Mittelpunkt des Interesses. Viele neugierige Blicke huschten über ihn hin. Manche hämische Bemerkung wurde laut. Um das alles kümmerte sich Albert Korda nicht. Er ging ans kalte Büfett, aß zwei Sandwiches und ließ sich von einem Diener ein Glas Wein reichen. Später ging er in den großen Konferenzraum hinüber, den man geschickt in einen Tanzsaal verwandelt hatte. Ein kleines Orchester leierte die modernsten Songs herunter. Auf dem Parkett drehten sich die braven Leutchen, die sonst immer steif und korrekt an den Schreibtischen der Central Common Bank saßen. Albert Korda sah eine Weile teilnahmslos dem bunten Treiben zu. Straff und aufrecht wie eine Säule stand er neben der Tür. Vermutlich wäre er dort noch angewachsen, wenn er nicht plötzlich Lana Gordon entdeckt hätte. Sie trug ein wundervolles, weißes Tanzkleid und einen kostbaren Stirnreif, der silbern auf ihren dunklen Locken lag. Von den Schrecken des dramatischen Autounfalls war nichts mehr an ihr zu entdecken. Sie wirkte strahlend jung. Ein verführerischer Liebreiz ging von ihr aus. Der einzige Lichtblick der Central Common Bank, dachte Albert Korda. Sie wirkt wie eine Sommerblume unter diesen nüchternen Bürokraten. Möchte nur wissen, ob sie bei diesem Fest auf ihre Rechnung kommt. In meinem ganzen Leben habe ich noch keinen langweiligeren Abend erlebt. Er wartete ungeduldig, bis Lana Gordon in seine Nähe kam. Dann trat er rasch auf sie zu. Er begrüßte sie mit einer vollendeten Verbeugung.
„Ich muß Ihnen noch danken", sagte er mit einem bewundernden Blick in ihr hübsches Gesicht. „Ohne Sie wäre ich noch immer arbeitslos. Nur Ihrer Für= Sprache habe ich es zu verdanken, daß ich heute an diesem herrlichen Fest teilnehmen kann."
„Gefällt es Ihnen wirklich?" fragte Lana Gordon zweifelnd. Albert Korda wollte sie nicht kränken. Er verschwieg ihr seine wahre Meinung.
„Darf ich Sie um einen Tanz bitten?" fragte er galant.
Lana Gordon willigte errötend ein. Sie schmiegte sich weich und zärtlich in seinen Arm. „Wie seltsam, daß ich Sie früher nicht ausstehen konnte", sagte sie verwirrt. „Jetzt ist plötzlich alles ganz anders. Ich habe Sie schon seit langem gesucht. Ich fürchtete, ich würde Sie überhaupt nicht unter den Gästen finden."
Albert Korda führte sie behutsam durch das dichte Gedränge. Er war ein ausgezeichneter Tänzer. Schwerelos und gewandt drehte er sich nach den Klängen eines Wiener Walzers. Sein dunkles Gesicht war ganz nah vor dem ihren. Seine Blicke suchten immer wieder ihre Augen.
„Wie fühlen Sie sich an Ihrem neuen Arbeitsplatz?" fragte Lana Gordon harmlos, um ihre Verwirrung loszuwerden. „Gefällt es Ihnen in der Bank?"
„Wenn ich ehrlich sein soll", murmelte Albert Korda, „dann muß ich zugeben, daß es ein verdammt langweiliger Laden ist. Mir graut jetzt schon wieder vor dem morgigen Tag."
„Wirklich?" fragte Lana Gordon betroffen.
„Ja, es ist so! Ich möchte am liebsten auf der Steh le kündigen. Wie herrlich war doch dagegen mein bisheriges Leben. Ich konnte den ganzen Tag faulenzen und die Sommersonne genießen."
Lana Gordon blickte ihn befremdet an.
„Aber das sind doch keine Ansichten für einen jungen Mann", sagte sie ernst. „Wie wollen Sie denn jemals eine Familie ernähren, wenn Sie nie Lust zur Arbeit haben."
„Vielleicht finde ich eine reiche Frau", sagte Albert Korda lächelnd. „Eine hübsche Frau mit einer stattlichen Mitgift, damit ich
Weitere Kostenlose Bücher