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Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Titel: Kommissar Morry - Die Todesstrasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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gekümmert hatte. Außerdem war die Anwesenheit der beiden Männer in den darauf folgenden Sekunden für ihn günstig. Während er den Leblosen auf seine Schulter genommen hatte, wendeten die seitlich herankommenden Polizisten ihre ganze Aufmerksamkeit diesen flüchtenden Personen zu. So fand er selbst genügend Zeit, sich und sein Opfer in Sicherheit zu bringen. Diese Sicherheit gab ihm ein alter Schuppen, keine dreihundert Yards hinter dem Commercial-Dock, in Höhe des The Burning Grounds. Hier, auf der dem eigentlichen Tatort abgelegenen Seite des Docks, brauchte er nicht zu befürchten, von den suchenden Cops aufgestöbert zu werden.
    Seine Vermutung hatte sich bestätigt. Den in der Nähe des auf der Redriff-Road abgestellten Police-Flitzer beobachtend, sah er den Abzug der Cops.
    Sein nächster Weg führte ihn in ein düsteres Haus in der Silver Walk, dort fand er für seine kostbare Beute ein sicheres Versteck. Soweit hatte der brutale Mörder alles zu seinem Vorteil gewendet. Nun hieß es noch, die Spuren zu beseitigen, um eventuelle, bei Tageslicht durchgeführte Ermittlungen der Polizei ergebnislos verlaufen zu lassen. Da die Leiche der eindeutigste Beweis seines Mordes war, mußte diese fortgeschafft werden. Fortgeschafft an einen Ort, der sie nicht wieder hergab. Schon längst hatte der Mörder den Ort auserwählt, an dem seiner Meinung nach niemand sein Opfer je würde zu Gesicht bekommen können. Er brachte, weit nach Mitternacht in dieser verhängnisvollen Herbstnacht, seinen Wagen auf der Rotherhithe Street in Fahrt und strebte mit seiner grausigen Fracht in nördlicher Richtung davon. Kein Mensch hatte den Mörder gesehen, der mit einem schweren Bündel auf der Schulter
    an sein Fahrzeug herangetreten war und einen Toten in den Fond seines Wagens gelegt hatte. Nun saß der Mörder rauchend hinter dem Steuer des Fahrzeuges und strebte unbehindert weiter und weiter vom Ort des Geschehens fort. Nicht die geringsten Anzeichen der Erregung über die bevorstehende weitere skrupellose Tat spiegelten sich auf seinem Gesicht. Im Gegenteil, ausgeglichen, beinahe freundlich blickten die Augen des Mannes auf das breite Band der Fahrbahn. Mit sicherer Hand steuerte er das Fahrzeug in die düstere, menschenleere Silver-Walk hinein. Vorbei an dem Haus, das seinen durch den Mord erbeuteten Schatz barg, ging die Fahrt bis zum Ende der in einer Sackgasse auslaufenden Silver-Walk. Er war am Ziel. Noch einmal schleppte er die leblose Hülle Irving Jordays einen kurzen Weg. Heber zerfallene Häuserreste stieg der Mörder mit seiner Last. Dann kam ein kurzes Stück Weg auf
    einem Trampelpfad zwischen Sträuchern. Dann tauchte vor dem Mörder eine helleuchtende Grube auf. An der Längsseite des kalkhaltigen Sumpfloches befand sich eine brusthohe, verwitterte Mauer. Für Bruchteile von Sekunden lud der Mörder seine Last darauf ab. Dann folgte ein dumpfer Laut. Langsam verschlang der zähe Brei die Leiche. Minuten danach lag das Sumpfloch an der Silver-Walk wieder einsam und wie unberührt im Dunkel der Nacht. Ein Verbrechen schien vollkommen gelungen zu sein. Kein Mensch würde je die Leiche Irving Jordays hier in der Silver-Walk finden.
    Täuschte sich der ruchlose Mörder nicht? Wußte jemand von seiner Tat? Die Silver- Walk war zu einer Straße des Todes geworden. Doch es sollte nicht bei diesem ersten Mord bleiben. —

    *

    Es gibt viele Wege, die das Schicksal einen Menschen führt. Manche Pfade führen steil nach oben, doch diese können nur wenige Auserwählte gehen. Fast immer ist der Weg empor nur mühsam zu erklimmen; nur außergewöhnliche Menschen mit eiserner Energie erreichen das Ziel ihres Lebens, wie sie es sich gesteckt haben. Schneller und wenig mühsam geht es mit dem Menschen bergab, der durch irgendeinen Umstand aus der Bahn geworfen, nicht die innere Kraft aufbringt, sich rechtzeitig zu besinnen und den Sturz abzufangen. Ein Beispiel für einen derartigen Sturz aus beträchtlicher Höhe schien der Mann zu bieten, der im Londoner Hafengebiet unter dem Spitznamen „Der Philosoph" bekannt war.
    Ob es seine Richtigkeit mit dieser Bezeichnung hatte, ist fraglich geblieben. Sein ganzes Leben, ein Leben von fast siebzig Jahren, schien gewissermaßen ein großes Fragezeichen zu sein. Er trug in einer Art Brustbeutel, den er wie seinen Augapfel hütete, ein vergilbtes Papier. Ohne dieses Dokument hätte er schon längst, wie alles andere in seinem früheren Leben, auch seinen eigenen Namen vergessen.
    So

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