Kommissar Morry - Dunkle Maechte
wollte uns John durchaus auf seinen Vater scharf machen. Er behauptete unter anderem, daß der Alte immer eine große Geldsumme in seiner Wohnung habe. Ich habe bestimmt sehr. viel Sinn für Humor, Herr Kommissar, aber damals gab ich ihm dafür eine Backpfeife. Denn bei den eigenen Verwandten hört bei mir der Spaß auf. In meinen Augen ist John Withman ein regelrechter Gauner. Sperren Sie ihn ruhig mal einige Jahre ein, damit er zur Besinnung kommt. So, das wäre alles, Kommissar, nun können Sie mich wieder zurückbringen lassen.“
In Gegenwart des Beamten gab Morry dem Gefangenen eine große Schachtel Zigaretten. „Der Mann darf in seiner 'Zelle rauchen“, erklärte er und wandte sich ab.
Noch lange saß Morry grübelnd an seinem Schreibtisch. In seinem Innern wühlte es. Immer wieder schüttelte er den Kopf, das hatte er nicht erwartet. Morry war unsicher, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er hatte für John Withman gebürgt, hoffentlich mußte er nicht die Zeche bezahlen.
*
Inspektor Webb war schlechter Laune. Der junge Kriminalassistent hatte jetzt nichts zu lachen. Am Sonnabendmorgen fand Inspektor Webb einen Brief auf seinem Schreibtisch, dessen Schriftzüge er aufmerksam betrachtete. Daß die Handschrift verstellt war, hatte er sofort festgestellt. Behutsam öffnete er den Umschlag, faltete sorgfältig den Briefbogen auseinander und überprüfte ihn mit betonter Ruhe. Immer wieder las er ihn durch. Unwillkürlich warf er einen Blick zu Jim Rachow hinüber und sah ihn abwägend an. Erlaubte sich etwa der Schreiber einen Scherz mit ihm? Aber andererseits, es konnte möglich sein. Natürlich würde er sich hüten, mit Jim Rachow darüber zu sprechen. Der Schreiber warnte ihn vor Jim Rachow. James Webb war so aufgeregt, daß es ihn nicht auf seinem Platz hielt. Auch war ihm die Nähe Jim Rachows unangenehm. So begab er sich ins Nebenzimmer und verschloß hinter sich die Tür. Noch einmal nahm er sich das Schreiben vor. Der anonyme Schreiber teilte ihm folgendes mit: „Es wird Sie interessieren,, Herr Inspektor, daß der von Ihnen gesuchte Raubmörder sich bei seinem Onkel, dem Bürgermeister Jack Burke in Lindley, befindet. Hüten Sie sich aber vor dem Kriminalassistenten Jim Rachow. Dieser steckt mit John Withman unter einer Decke. Auch vor dem Kriminalreporter Harry Holger möchte ich Sie warnen. Ich habe die drei Männer belauscht und daher weiß ich von der Sache. Vorher befand sich John Withman bei Ihrem Mitarbeiter Rachow in dessen Haus. Sie sehen also, daß ich ausgezeichnet unterrichtet bin.
Nochmals: schweigen Sie und verraten Sie sich nicht. Lassen Sie sich nichts anmerken, sonst wird Ihr Mitarbeiter rechtzeitig gewarnt werden.“
Innerlich zitterte Inspektor Webb. Er wußte, daß John Withman früher mit Jim Rachow befreundet gewesen war. Jetzt galt es vorerst einmal, Jim Rachow zu beschäftigen. Er warf einen Blick zur Uhr. In einer Stunde war Dienstschluß. Dann blieben nur die Streifenbeamten und ein Wachthabender auf dem Revier zurück. An und für sich hatte James Webb heute Nachtdienst. Es war das beste, er befahl Jim Rachow, heute Dienst zu tun. Das war die beste Lösung. So ging er wieder in das Amtszimmer zurück, klopfte Jim Rachow auf die Schulter und sagte obenhin: „Ich möchte Sie bitten, heute für mich den Nachtdienst zu übernehmen. Meine Schwester hat Geburtstag und da möchte ich nicht fehlen. Dafür können Sie morgen den ganzen Tag zu Hause bleiben und brauchen erst am Montag Ihren Dienst wieder anzutreten. Na, mein Freund, ist das ein Angebot?“
Jim Rachow konnte schlecht ab lehnen und die Aussicht, für eine verlorene Nacht einen freien Tag und eine freie Nacht einzuhandeln, war so verlockend, daß er sofort zustimmte. Als Inspektor Webb das freie offene Gesicht seines Assistenten sah, wurde er unschlüssig. Das konnte doch nicht sein, daß ihn Jim Rachow hinterging. Er war immer mit ihm zufrieden gewesen, aber halt, da war ja dieser Kriminalreporter Holger. Der schien ja auf alle Menschen einen verheerenden Einfluß auszuüben. Und Jim Rachow himmelte diesen Mann förmlich an. Bei Anbruch der Dämmerung schwang James Webb sich auf sein Motorrad und fuhr im scharfen Tempo zu dem Dörfchen Lindley. Er hatte sich zwei scharf geladene Pistolen eingesteckt, um auf alle Fälle vorbereitet zu sein. Kurz vor acht Uhr stand er vor dem Hause des Bürgermeisters. Als ihm auf sein Klopfen der Bürgermeister persönlich öffnete, blickte dieser ihn überrascht an: „Nanu,
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