Kommissar Morry - Endstation Mord
Seine Lippen zuckte, als er nach ihr griff. Sie wollte schreien, aber sie
brachte keinen Laut über die Lippen. „Du betrügst mich mit einem anderen und hast die Stirn, von Ehrlichkeit zu sprechen!" keuchte er. „Du, eine gemeine Ehebrecherin, wagst es, mir Vorhaltungen zu machen?"
Er sah, wie ihre Augen hervortraten, er sah in ihnen den Ausdruck wilder, auswegloser Panik, und er spürte, wie er ein Opfer der eigenen Bitterkeit und Rachsucht wurde. Er ließ nicht locker, bis er bemerkte, daß ihr Blick gleichsam nach innen stürzte, in endlose Tiefen, aus denen es vielleicht keine Rückkehr mehr gab. Eine tiefe Bestürzung überfiel ihn. Er merkte plötzlich, daß er in Schweiß gebadet war.
„Carol!" rief er heiser und rüttelte an ihren Schultern. „Carol, Carol..."
Er ließ sie los und richtete sich schweratmend auf. Er wandte sich um und erstarrte.
Auf der Schwelle des Zimmers stand ein Mann.
*
Tone hatte sich rasch von seinem Schrecken erholt. „Wie kommen Sie hier herein?" stieß er hervor.
Der Eindringling beachtete ihn gar nicht. Mit weit aufgerissenen Augen ging er an Tone vorbei. Er trat an Carols Bett und starrte auf sie hinab. „Sie haben sie umgebracht!" murmelte er. „Sie haben sie getötet!"
Tone merkte, daß ihm der Pyjama am Leibe klebte. „Das ist nicht wahr!" verteidigte er sich. „Ich habe sie nur zur Räson bringen wollen!"
„Verlassen Sie das Zimmer!"
„Ich bin hier zu Hause!" begehrte Tone auf. „Wie können Sie es wagen, mir Weisungen zu erteilen? Wer, zum Teufel, sind Sie überhaupt?"
„Ich bin Arzt", erwiderte der Mann. „Warten Sie im Wohnzimmer auf mich!"
Tone wollte erneut widersprechen, aber als er den reglosen Körper seiner Frau sah, sackten plötzlich seine Schultern nach unten und er ging hinaus.
Der Mann griff nach dem bloßen, bis auf den Boden hängenden Arm der Frau, um den Puls zu prüfen. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er bemerkte, daß das Herz der Frau noch schlug. Er trat an den Toilettentisch und holte einen Flakon Parfüm, den er Carol geöffnet unter die Nase hielt. Nach wenigen Sekunden bewegte sie stöhnend den Köpf. Dann schlug sie die Augen auf.
„Joe!" flüsterte sie entsetzt und griff sich mit einer Reflexbewegung an den schmerzenden Hals.
Er legte einen Finger an die Lippen. „Pst!" machte er. „Nicht so laut. Dein Mann ist draußen."
Carol richtete sich auf. „Joe ... du mußt von Sinnen sein! Wie konntest du es wagen, hier einzudringen? Du machst alles kaputt! Das ist doch Wahnsinn!"
„Beruhige dich, mein Schatz. Wir brauchen Baker nicht mehr. Wir können darauf verzichten, Gewalt anzuwenden. Alles wird sich viel eleganter regeln lassen..."
„Ich verstehe nicht, wovon du sprichst!"
Er beugte sich zu ihr hinab. „Ich habe etwas Wichtiges in Erfahrung gebracht", sagte er leise. „Wir haben deinen Mann jetzt fest in der Hand. Er ist ein Gangster. Ich habe die Beweise. Damit können wir ihn weichkneten.“
„Erpressen, meinst du?"
„Nenne es meinetwegen so. Wir brauchen keine Skrupel zu haben. Carol... er hätte dich um ein Haar getötet! Es wird höchste Zeit, daß ich dich aus seinen Klauen befreie. Wir zwingen ihn dazu, in die Scheidung einzuwilligen."
„Was nützt uns das, Joe?" fragte Carol leise. „Wir haben kein Geld. Du weißt, wie gering dein Einkommen ist. Wovon sollten wir leben?"
„Wir werden uns das Geld von ihm beschaffen.“
Carol fuhr sich mit der rechten Hand über die Augen. „Nein, Joe... so geht es nicht."
„Hast du kein Vertrauen zu mir? Fürchtest du dich vor ihm? Ich gebe zu, daß dazu alle Ursache besteht. Gerade vorhin hat er das wieder bewiesen. Aber ich schwöre dir, daß er jetzt in unserem Netz zappelt."
Carol schüttelte heftig den Kopf. „Du machst es dir zu leicht", erklärte sie. „Du kennst Fred nicht. Er läßt sich nicht erpressen. Er würde Zurückschlagen. Laß dich warnen, Joe! Er ist einfach zu stark, um ..."
Sie unterbrach sich, weil die Tür aufgerissen wurde und ihr Mann herein kam. „Was hat dieses verdammte Geflüster zu bedeuten?" fragte Tone wütend. Er kam mit finsterem Gesicht näher und blieb mit zusammengekniffenen Augen vor Joe stehen.
Joe straffte sich. „Es ist gut, daß Sie gekommen sind", sagte er. „Ich habe mit Ihnen zu sprechen ... und Carol auch!"
„Ah ... die Herrschaften duzen sich?" Tone, der sich inzwischen einen rotseidenen Morgenmantel über den Pyjama gestreift hatte, fuhr fort: „Sie irren sich, mein Freund, wenn
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