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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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die über sie hintasteten. Er kam langsam näher. Dabei duckte er sich wie ein Raubtier, das Gefahr wittert. Meter um Meter schlich er sie an. Dann endlich stand er vor ihr.
    „Was ist?" fragte er herrisch. „Warum wollten Sie mich sprechen? War das denn unbedingt nötig?"
    Weiter kam er nicht. Ein Scheinwerfer erfaßte ihn. Er griff grell nach seinem Gesicht.
    „Hallo, Mr. Lampard", gellte eine schneidende Stimme. „Sie sind umstellt. Nehmen Sie die Hände hoch!"
    Alban Lampard stand wie zur Salzsäule erstarrt. Er stierte in ohnmächtiger Wut in den grellen Scheinwerfer. Zwei, drei Sekunden war er unfähig, etwas zu tun.
    Aber dann handelte er. Er riß Esther Harras brutal zu sich heran und benützte sie als lebenden Kugelfang. Keiner der Konstabler wagte zu schießen. Die Dienstpistolen schwiegen. Keine Kugel peitschte durch die Luft. Alban Lampard zog Esther Harras langsam mit sich fort. Sie deckte seinen Körper. Er erreichte die Bahnhofsumzäunung. Da ließ er das Mädchen plötzlich los. Mit einem verzweifelten Sprung setzte er über den Zaun. Wie ein Irrer rannte er über die Gleise. Seine bullige Gestalt hastete auf den jenseitigen Wald zu. Noch ein paar Schritte, dann hatte er das schützende Unterholz erreicht. Jetzt bellten die Revolver los. Scheinwerfer griffen nach ihm. Ganze Salven peitschten surrend durch die Luft. Die Konstabler brachen aus ihrem Versteck hervor. Die ganze Meute stürzte sich auf den Fliehenden. Zehn, zwölf Uniformierte stürmten über die Schienen. Noch immer knallte es aus allen Rohren. Esther Harras aber stand allein auf dem Bahnhofsplatz. Auch der Kommissar und Jack Havard beteiligten sich an der aufregenden Jagd. Sie waren schon drüben im Wald. Man hörte ihre lauten Rufe herüberhallen. Ich wußte es ja, dachte Esther Harras entsetzt. Ich wußte genau, daß es schiefgehen würde. Sie werden ihn nie mehr einfangen. Er ist ihnen entkommen. Mich aber wird seine Rache treffen. Mich ganz allein. Sie war voller Verzweiflung. Müde und erschöpft wandte sie sich ab. Sie ging auf die Stadt zu und wanderte ziellos durch die Straßen. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie lief. Sie war wie ein lebloser Automat. Sie war in die Nähe des Bahndamms geraten und ging eine einsame Hecke entlang. Es war alles still ringsum.
    Und dann sah Esther Harras plötzlich ein verzerrtes Gesicht zwischen den Sträuchern. Zwei brennende, haßerfüllte Augen folgten ihr.
    „Das war Ihr Werk, wie?" zischte eine gehässige Stimme. „Ich werde mich dafür revanchieren, Miß Harras! Verlassen Sie sich darauf."
    Esther Harras floh, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. Sie lief, so rasch sie ihre Beine trugen. Sie erreichte keuchend das Haus John Luffmans. Sie wollte auf die Haustür zugehen. Sie sah die dunklen Fenster ihres Zimmers.
    Sie strebte zaudernd zurück. Wer sollte mich hier schützen, dachte sie. Was geschieht mit mir, wenn Alban Lampard sich in das Haus schleicht? Ich könnte mich nie gegen ihn wehren. Ich wäre ganz allein mit ihm zwischen diesen kalten Mauern. Sie kehrte wieder um. Erneut wanderte sie auf den Bahnhof zu. Dort war es wenigstens hell. Es gab eine Wartehalle, in der Licht brannte und in der vielleicht ein paar späte Fahrgäste saßen. Dort war sie immer noch sicherer als in diesem Haus. Es dauerte zehn Minuten, bis der kleinstädtische Bahnhof wieder vor ihr auftauchte. Sie schielte scheu zu der Grünfläche hinüber, wo sie vorhin mit Alban Lampard gestanden hatte. Wo waren die Polizisten jetzt? Wo hielt sich der Kommissar auf? Wo war Jack Havard? Sie sah keinen Menschen. Auch die Wartehalle war leer. Nur an der Sperre stand ein einzelner Mann. Er trug eine Uniform. Es war der Fahrdienstleiter vom Nachtdienst.
    „Na, wohin denn, Fräulein?" fragte er gutmütig. „Wollen Sie nach London? Dann müssen Sie sich aber beeilen. Der Zug wird jeden Moment einlaufen."
    Tatsächlich hörte man ein leises Rollen in der Ferne. Die Lichter einer Lokomotive tasteten durch die Nacht. Die Schienen begannen dumpf zu dröhnen. Eine erleuchtete Wagenschlange kam in Sicht.
    Es ist die Rettung, dachte Esther Harras mit einem tiefen Atemzug. Es ist die letzte Chance. Ich werde mich in den Zug setzen. Alle Gefahren bleiben hier zurück. In London wird mir nichts geschehen.
    „Ich habe keine Fahrkarte", sagte sie hastig zu dem biederen Mann an der Sperre. „Ich werde im Zug nachlösen. Lassen Sie mich bitte durch."
    „In Ordnung, Fräulein! Sie brauchen nicht so zu laufen. Sie bekommen

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