Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Su Turhan
Vom Netzwerk:
sich herausstellte. Die beiden erkannten jeweils in der anderen eine Polizistin, was zu allerlei Spekulationen über die menschliche Aura führte.
    Geschickt wechselte Cengiz das Thema, um mehr über Zeki Demirbilek, ihren neuen Chef, zu erfahren. Simone Reibe erzählte munter, dass der Türke im Präsidium verschrien sei als jemand, der lieber alleine arbeitete und auch gerne arbeiten ließ, modernes Teammanagement sei ihm suspekt. Seine Streitlust dagegen sei legendär, Respekt vor Amt und Würden sei ihm nicht mit in die Wiege gelegt worden. Er sehe gut aus, obwohl er bald vierzig werde, bekräftigte sie, sei zum zweiten Mal verheiratet, derzeit mit einer Deutschen. Seine erste Ehefrau sei Türkin, eine aus besseren Kreisen, Intellektuelle aus Istanbul, außerdem sei er Vater von erwachsenen Zwillingen aus erster Ehe. Tochter Özlem studiere in München Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität. Sohn Aydin dagegen sei mit der geschiedenen Frau in Istanbul, Musikstudent am Istanbuler Konservatorium. Berauscht von der prallen Fülle an Informationen, bezahlte Cengiz den grünen Tee der Kollegin und wollte zum Mittagessen mit Isabel am kommenden Montag hinzukommen.
    Kurze Zeit später kehrte sie ins Büro zurück, setzte sich auf den Schreibtisch und zog den Drehstuhl heran, um die Füße ablegen zu können. Sie kaute auf einem Ingwerbonbon herum und las konzentriert die wenigen Anmerkungen in der Vermisstenakte »Bülent Karaboncuk«, der erste Mordfall des Sonderdezernats Migra.
    Als es an der Tür klopfte, schwang sie ihre Füße vom Stuhl. Ein uniformierter Polizist führte eine in schwarzem Schleier verhüllte Frau herein und verabschiedete sich wieder. Da der Chef nicht erreichbar war, hatte Cengiz ohne Rücksprache die Witwe des Eisbachtoten zum Gespräch herbringen lassen. Sie war der Meinung, dass es hilfreich war, die Witwe aus dem Umfeld der Familie zu holen. Sie wusste nur zu gut, dass die Wohnung der türkischen Familie voll mit Trauergästen war. Es war laut. Geweine und Geheule waren nicht förderlich zur Aufdeckung der Wahrheit, befand sie.
    Was sie zu sehen bekam, war viel zu viel Stoff und viel zu wenig Frau, dachte Cengiz und schätzte sie auf Ende zwanzig ein, als ihr neuer Chef und Isabel Vierkant durch die Tür kamen.
    »Schön, dass Sie da sind, Herr Kommissar«, hieß sie Zeki Demirbilek wie eine Gastgeberin willkommen. »Ich bin Jale Cengiz, die aus Berlin. Ich sollte ja erst Montag anfangen, aber was soll’s, jetzt bin ich schon mal da …
Allaha şükür,
wir haben ja zu tun …
buyrun.
« Sie trat einen Schritt zur Seite, damit er an ihr vorbei an seinen Schreibtisch gehen konnte.
    »Wir sprechen Deutsch, außer unsere Arbeit erfordert etwas anderes«, ermahnte er die junge Frau, die glaubte, mit ihrem selbstbewussten Auftreten den Kommissar beeindrucken zu können. Er wandte sich der verschleierten Frau zu, die auf einem Holzstuhl mit gebeugtem Kopf Platz genommen hatte.
    »Was ist hier los? Wer ist die Frau?«
    »Die Ehefrau des Toten«, erklärte Cengiz zögerlich. Ihr dämmerte, dass der erste Eindruck, den ihr Chef von ihr hatte, alles andere als positiv war. »Ich habe sie herbestellt, weil zu Hause sicher die Trauernden zusammensitzen.«
    »Ach ja? Und wer hat Sie darum gebeten?«, fragte Demirbilek wütend und studierte die Reaktion der Neuen, die zunächst keine Miene verzog, dann allmählich lächelte in der Hoffnung, der Kommissar würde das, was er eben gesagt hatte, nicht ernst meinen. Doch da erkannte sie in seinen Augen, dass sie sich täuschte. Demirbilek meinte es ernst. Sein Blick blieb mürrisch. Kein Augenzwinkern, kein leises Lächeln. Er war aufgebracht, weil es ihm nicht passte, dass seine neue Mitarbeiterin die Befragung mit einer derart wichtigen Zeugin anberaumt hatte, ohne ihn vorher zu fragen. Er war altmodisch, was den Führungsstil betraf.
    »Wartet nebenan«, forderte er Vierkant und Cengiz auf. Die beiden Frauen schlossen die Verbindungstür zu dem größeren Raum hinter sich, während Demirbilek der verschleierten Frau gegenüber Platz nahm.
    »Başınız sağ olsun«,
kondolierte er auf Türkisch. Die verschleierte Frau nickte und putzte sich mit einem Taschentuch umständlich unter dem Gesichtsschleier die Nase.
    Demirbilek ertappte sich dabei, Stoff und Musterung des Tuches zu begutachten. Ein unansehnliches Exemplar aus einem Billigladen am Hauptbahnhof.
    »Können wir auf Deutsch reden?«
    Die verschleierte Frau nickte kurz.
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher