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Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Su Turhan
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provozierenden Bemerkung hoffte Demirbilek, die Frau aus der Reserve zu locken. Was ihm auch gelang. Die Tränen kamen nun doch. Scheinbar völlig ungewollt. Oder auch nicht, dachte er. Er wollte sich nicht beirren lassen, sondern sich am Ende des Verhörs von der Frau ein unvoreingenommenes Bild machen. Konnte sie mit dem Tod ihres verhassten Mannes etwas zu tun haben? Ja, fand er, warum nicht?
    Da löste die weinende Frau erst den Schleier vor den Augen, dann den Kopfschleier und schließlich das darunterliegende Kopftuch. Eine schöne Frau zeigte sich Zeki Demirbilek. Dunkle, tiefliegende Augen, umrahmt von prägnanten Wangenknochen und brünetten Haaren. Sie war geschminkt. Die Lippen dunkelrot, das hellrote Rouge auf den Wangen unterstrich das Kantige ihres Gesichtes. Der Kajal um ihre Augen war feucht von den Tränen. Sie wischte sich mit einem Tuch sauber, das sie aus dem Ärmel holte.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich und putzte sich die Nase. »Wir waren mal eine glückliche Familie. In einem Jahr wollten wir zurück nach Adana. Die Kinder sind dort schon in der Schule angemeldet. Wir haben zwar noch keine Wohnung gefunden, aber meine Eltern wollten uns helfen, damit wir in der Türkei etwas kaufen können. Vor drei Monaten oder so muss aber etwas passiert sein. Bülent hat sich verändert.«
    »Wie verändert?«
    »Man spürt, wenn die Liebe nicht mehr da ist.« Sie schneuzte sich noch einmal. »Meine Verwandten und die Kinder warten. Die Wohnung ist voll. Ich muss nach Hause.«
    »Eine letzte Frage noch. Haben Sie eine Idee, wo Ihr Mann die beiden letzten Tage vor seinem Auffinden gewesen sein könnte?«
    »Fragen Sie Ali. Er ist sein großer Bruder … Ich war nur seine Ehefrau.«
    Mit geübten Griffen verschleierte sich die Frau wieder ordentlich und stand auf.
    »Setzen Sie sich«, befahl Demirbilek und suchte in den Unterlagen nach einem Foto ihres Mannes, das den Brustkorb mit den Reißnägeln zeigte. Dann nahm er ein Blatt Papier, legte es darüber und zeichnete mit einem Bleistift schnell den Schriftzug nach, den die Reißnägel ergaben. Das Blatt zeigte er der Frau und sah ihr dabei ins Gesicht, um ihre Reaktion zu prüfen.
    »Wissen Sie, was das bedeutet?«
    Die Frau lüftete ihren Augenschleier und betrachtete die Zeichnung. Dann verneinte sie mit einem Kopfschütteln und fragte: »Kann ich jetzt gehen,
lütfen?
«
    »Tabii«,
erwiderte Zeki Demirbilek und erhob sich vom Stuhl. Warum sollte die türkischstämmige Münchnerin auch Arabisch beherrschen?, dachte er, als Cengiz und Vierkant das Büro betraten.
    »Cengiz, bitte sorgen Sie dafür, dass Frau Karaboncuk nach Hause gefahren wird. Und sehen Sie nach, ob Schneider von der Sitte da ist. Wenn ja, lassen Sie sich berichten, was das für ein Wellnessparadies ist.«
    Cengiz warf einen flehenden Blick zu Vierkant.
    »Durchwahl - 842 , Erdgeschoss«, half Isabel Vierkant schnell aus.
    Cengiz und die Witwe verließen den Raum. Als sie weg waren, schaute Demirbilek Vierkant fragend an.
    »Sie sollte doch erst am Montag anfangen?«
    »Ich ja auch«, antwortete Vierkant spontan und bemerkte nicht, dass sie sich verraten hatte.
    »Sie waren sich ziemlich sicher, dass ich Sie nehmen würde«, hakte Demirbilek streng nach.
    Um nicht weiter in Bedrängnis zu geraten, versuchte sie erst gar nicht, eine Antwort zu geben.
    »Jetzt hole ich Ihnen Ihren
kahve,
ja?«, fragte sie mit neckischem Lächeln.
    »
Az şekerli.
«
    »Ich weiß. Mit wenig Zucker«, überraschte sie ihn mit ihren Türkischkenntnissen.
    Demirbilek lächelte. Ihm gefiel, dass Vierkant ihre Kollegin in Schutz nahm.
    In diesem Augenblick läutete das Telefon auf seinem Schreibtisch.
    Demirbilek ging an den Apparat. Er hörte kurz zu und antwortete: »Bin schon unterwegs.« Dann drehte er sich zu Vierkant um. »Ich bin in zwei Stunden wieder zurück. Besorgen Sie alle Informationen über die Familie Karaboncuk und über den Bruder. Aber diesmal wird niemand vorgeladen, ohne dass ich vorher informiert werde.«

[home]
    13
    M it Daumen und Zeigefinger zerbrach Zeki Demirbilek den Zuckerwürfel, legte den einen Teil zurück in die Schale, den anderen warf er in sein
çay
-Glas. Er nippte. Der Tee war kräftig. Ihm gegenüber im Aufenthaltsraum der islamischen Gemeinde studierte der Imam die Skizze, die er bei dem Verhör der Witwe angefertigt hatte. Nachdenklich verzog der alte Mann das Gesicht. Nach seiner Mimik zu urteilen, hatte der geistliche Gelehrte keine Mühe, die Botschaft zu

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