Kommissar Pascha
Mord etwas zu tun hast. Erzähl mir einfach, was passiert ist.«
»Weißt du, dass du ein recht arrogantes Arschloch bist, Zeki?«, schnaubte Leipold zurück.
Demirbilek hatte sich angeeignet, auf Gefühlsausbrüche anderer besonnen zu reagieren, auch wenn ihm das nicht immer glücken wollte.
»Manchmal muss man ein Arschloch sein. Wenn es der Wahrheitsfindung dient, warum nicht?«, bemerkte Demirbilek, nun mit der Gewissheit, dass seine Vermutung richtig war.
Leipold wischte sich, so von ihm in die Enge getrieben, mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Er holte tief Luft, zerknüllte seinen Zigarillo in der Hand, bis die Tabakblätter zerbröselten.
»Mein Gott. Ist ja gut! Erwischt! Bravo, Herr Sonderdezernatsleiter, ja, ich war hier! Ganz genau in diesem Zimmer«, gestand Leipold. »Meine Frau ist mit den Kindern nach Oberammergau zu ihrer Mutter. Ich wollte auch ein bisschen Spaß haben. Ist doch nicht schlimm, oder? Das macht der Türke auch hin und wieder, oder? Aber was muss mir passieren? Da will der Leipold Pius sich ein wenig entspannen. Weil es gerade so stressig ist im Job. Was passiert? Ich finde nicht nur eine Leiche! Nein, sondern gleich zwei!«, haderte er mit seinem Schicksal. »Die Leyla und ich haben den Toten entdeckt. Mir war speiübel, und sie hat rumgeschrien wie eine Wahnsinnige. Ich wollte einfach mit der Sache nichts zu tun haben, verstehst du? Ich habe ihr gesagt, sie soll zehn Minuten warten, bevor sie die Polizei anruft. Auf dem Parkplatz habe ich dann die Tür von dem Golf offen stehen gesehen. Was glaubst du, wie ich geflucht habe, als da noch so einer lag. Ich habe dem alten Mann sogar den Puls gefühlt. Da war aber nichts mehr, was noch gepumpt hätte.«
»Und warum hast du diesmal selbst angerufen?«
»Warum wohl? Weil sonst niemand da war!«
»Gut, ich glaub dir das alles, Pius. Und jetzt sag mir, was wir machen sollen?«, fragte Demirbilek mit einem Hintergedanken.
»Ja, was schon? Du meldest das Vergehen. Was willst du denn sonst machen?«, erwiderte Leipold erstaunt.
»Was für ein Vergehen meinst du denn jetzt genau?«
Leipolds Kinnlade klappte nach unten. Er verzog das Gesicht, als wollte er seinem Kollegen die Leviten lesen.
In dem Moment platzte Vierkant atemlos in den Raum. Sie dramatisierte ihren Auftritt etwas, fand Demirbilek.
»Herr Demirbilek, ich glaube, es wäre ganz gut, wenn Sie mitkommen und sich das selbst ansehen.«
Demirbilek nickte ihr zu und blickte dann wieder zu Leipold. Seine Miene zeigte, wie ernst er das Angebot meinte, ihn aus der Mordermittlung herauszuhalten. »Danke, dass wir reden konnten, Pius.«
Leipold stand verblüfft auf und verließ ohne ein weiteres Wort die Suite.
Für Demirbilek war die Sache erledigt. Er sah keinen Nutzen darin, seinen Kollegen in die schmutzige und seine Ehe gefährdende Angelegenheit hineinzuziehen. Er wandte sich an Vierkant: »Schau mal nach, wo die Gäste ihre Wertsachen aufbewahren. Es muss einen Umkleideraum geben.«
Zurück auf dem Parkplatz, hielt Cengiz dem Kommissar einen Beweismittelbeutel entgegen. Demirbilek war nicht sonderlich erstaunt, dass eine Plastikschachtel mit Reißnägeln in den Hosentaschen des toten Mannes aufgetaucht war.
»Der Täter war nicht gerade ein Meister darin, Spuren zu vermeiden, oder?«, fragte Cengiz.
»Noch irgendwelche Schlussfolgerungen, Kollegin?«, fragte Demirbilek sachlich.
»Ich denke, dass unser Toter im Auto der Mörder des Typen im Puff ist.«
»Könnte sein … Was mich interessieren würde – wissen wir, wie der alte Mann auf den Parkplatz gekommen ist?«
»Ja«, sagte Cengiz und hielt einen weiteren Beutel mit einem Mercedesschlüssel hoch. »Das hatte er auch in der Hosentasche.«
Die Lichter der Mercedes-Limousine blinkten etwa fünfzig Meter von Stefan Tavuks VW Golf auf. Auf dem Weg zum Wagen blieb Demirbilek plötzlich stehen.
»Das mit Pius hat sich erübrigt. Er hat den Mord auf dem Parkplatz gemeldet, und damit ist er aus der Sache raus«, erklärte er Cengiz, deren Lippen sich zu bewegen begannen, um lauthals zu protestieren. Der resolute Blick des Kommissars sorgte dafür, dass ihr Mund geschlossen blieb.
»Geben Sie den Kollegen von der Spurensicherung Bescheid. Heute ist ja eine Menge zu tun«, forderte er sie auf, während sie ihren Weg fortsetzten.
»Und was machen Sie?«, fragte Cengiz frech nach. Sie brauchte nie lange, um ihre Fassung wiederzugewinnen.
Der Kommissar sah auf die Uhr.
»Ich gehe jetzt nach Hause
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